Landrat gibt Fraktionen mehr Geld – Referendum!
Liestal, 22. September 2005
Mit dem politischen Feingespür eines Panzernashorns hat sich der Landrat heute Donnerstag massiv höhere Entschädigungen zugesprochen: Die Fraktionsentschädigungen wurden von 2'000 auf 20'000 Franken verzehnfacht, die Entschädigungen pro Fraktionsmitglied von 300 auf 500 Franken erhöht. Und dies ausgerechnet wenige Tage, bevor dem Volk fünf Spar-Abstimmungen unterbreitet werden. Doch kaum entschieden, kündigen die Schweizer Demokraten (SD) schon das Referendum an. Dies gehe nicht, "in einer Zeit, wo überall Sparen angesagt ist, wo beispielsweise den Staatsangestellten nicht die volle Teuerung gewährt wird, wo Landwirtschaftsbeiträge gekürzt werden, wo im Bildungsbereich gestrichen wird was nur möglich ist, wo es weniger Geld für Kultur und Breitensport gibt, wo Infrastrukturprojekte redimensioniert werden und die Gemeinden vom Kanton weniger Geld erhalten", schreibt SD-Präsident Rudolf Keller und legt bereits einen fixfertig vorbereiteten Referndumsbogen vor. Die Schweizer Demokraten erzielen nicht Fraktionsstärke und profitieren von der Erhöhung nicht.
Eines muss jedoch verdeutlicht werden: Erhöht werden sollen nur die Gelder an die Fraktionen, die damit Aufwände für Seminarien, Administratives und Unkosten finanzieren. Die - relativ bescheidenen - Sitzungsgelder, die tatsächlich in die Taschen der Damen und Herren Landräte fliessen, werden nicht erhöht und bleiben unverändert.
"Zu viel Einfluss der Bürokraten aus der Verwaltung"
Ohne dass ich die Details der Vorlage kenne, möchte ich etwas Grundsätzliches zur Diskussion beitragen. Ohne eine Stärkung der professionellen Arbeit im Rücken der Parlamentarierinnen und Parlamentarier, gerät das Milizsystem heute immer mehr an den Anschlag. Wenn nämlich die Parteien und Parlamentarier nicht auf professionell geführte Sekretariate zurückgreifen können, werden sich gute Persönlichkeiten wegen der gewandelten Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stellen und die Qualität und Unabhängigkeit der politischen Entscheide wird leiden, weil Regierung und Verwaltung durch ihre hohe Professionalisierung zu viel Einfluss auf die Entscheidungsfindung haben. Ich glaube, dass uns professionelle Arbeit im Parlament viel mehr bringt, als uns das heutige System mit seinen Unzulänglichkeiten kostet (zu viel Einfluss der Bürokraten aus der Verwaltung!).
Der Entscheid ist heikel und muss viel grundsätzlicher geführt werden, als über ein paar Tausend Franken zu streiten. Wenn wir die Qualität der Arbeit und die Qualität der Parlamentarier dank einer Professionalisierung steigern könnten, würde dies dank besserer Entscheidungen unserem Staatswesen sehr gut tun. Auf keinen Fall dürfte es jedoch zu einem Aktionismus im Parlament kommen. Die Anreize richtig zu setzen, wird die Schwierigkeit einer Gesetzgebung in diesem Bereich sein.
Siro Imber, Allschwil
"Auf Volksvertreter mit dieser materiellen Gesinnung könnten wir verzichten"
Das Volk sollte sich damit abfinden, dass im Staatshaushalt massiv gespart wird. Wir sollten dazu am kommenden Wochenende auch noch unsere Zustimmung geben - aber die Landratsmitglieder greifen in den Topf der Staatskasse und bedienen sich grosszügig. Ich verstehe ja, dass diese Politiker auch gerne mehr verdienen würden - aber die vielen Kommunalpolitiker, Präsidenten, Vorstandsmitglieder und sonstige Helfer, z.B. bei Wahlen, arbeiten alle ehrenamtlich. Die Mitglieder dieser Gremien bezahlen sogar die Getränke an den Polit-Sitzungen aus der eigenen Tasche!
Geldmittel für Strassen, Bildung, im Gesundheitswesen etc. werden gekürzt. Das Volk versucht dies zu verstehen und richtet sich darauf ein - aber dass sich die Landratsmitglieder in einer Zeit wie dieser selber eine Lohnerhöhung aussprechen - das versteht das Volk nicht.
Ist es eine Erhöhung für grosse und gute Leistungen? Oder weil die Politiker mehr Geld brauchen, da die Lebenshaltunskosten ständig steigen? Für das einfache Volk steigen die Lebenshaltungskosten auch, aber für die Bevölkerung gibt es keine Erhöhung bei den Löhnen oder Renten. Welche Funktion hat ein Landratsmitglied? Ich war immer der Meinung - sie vertreten das Volk! Sie setzen sich mit ihrer ganzen Kraft dafür ein! Tja, auf Volksvertreter mit dieser materiellen Gesinnung (natürlich zu ihren Gunsten) könnten wir auch ganz gut verzichten.
Liselotte Groeflin, Füllinsdorf