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Presserat: BaZ muss tatsächliche Geldgeber offen legen
Die "Basler Zeitung" (BaZ) müsste ihre wahren Besitzverhältnisse offen deklarieren: Der Schweizer Presserat hiess eine Beschwerde gegen verdeckte Darlehen ohne Wenn und Aber gut. Doch die BaZ will nicht.
Basel, 6. September 2011
Erst wurde die Öffentlichkeit im Glauben gelassen, die Familie Hagemann habe ihr mit über 100 Millionen Franken verschuldetes Unternehmen für 70 Millionen Franken an Tito Tettamanti und an den früheren BaZ-Medienanwalt Martin Wagner verkauft. In Tat und Wahrheit hatten die beiden angeblichen Käufer nur das eilends errichtete Konstrukt der "BaZ-Holding" mit einem Aktienkapital von einer Million Franken gekauft. Die Finanzierung wurde über einen oder mehrere Darlehensgeber abgewickelt, die im Hintergrund blieben.
Als Tettmanti und Wagner letzten November ihr Engagement wieder abstiessen, wiederholte sich der Vorgang: Der Flugunternehmer Moritz Suter (Bild) trat neu als Eigentümer des Konzerns in Erscheinung. Doch auch er hatte nur die Holding-Hülle gekauft. Der wahre Geldgeber blieb weiterhin unbekannt.
Anspruch auf Transparenz bestätigt
Jetzt soll für Klarheit gesorgt werden: Der Schweizer Presserat – das berufsethische Beschwerdegremium der Medienbranche – hiess vollumfänglich eine Beschwerde gut, die Transparenz um die BaZ-Besitzverhältnisse verlangt. Der Arbus Schweiz, die BaZ-kritische Aktion mit "Rettet Basel" mit 1'126 Mitunterzeichnenden, die Gewerkschaft Syndicom sowie ein ehemaliger BaZ-Redaktor hatten diese Offenlegung des oder der wahren Geldgeber verlangt. Sie stützten sich dabei auf die "Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten". Laut dieser Erklärung haben die Medienschaffenden "Anspruch auf Transparenz über die Besitzverhältnisse ihres Arbeitgebers".
Die "Basler Zeitung Medien" stellte den Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten oder sie abzulehnen, da die Beschwerdeführer nicht legitimiert seien. Ausserdem habe das Unternehmen am 24. November "umgehend öffentlich mitgeteilt, dass Moritz Suter alleiniger Besitzer und Verleger des Medienunternehmens sei". Als Alleinaktionär der "BaZ Holding AG" halte er sämtliche Aktien der "National Zeitung und Basler Nachrichten AG", wie das operative Geschäft offiziell heisst. Weitergehende Transparenz von Unternehmensinterna wie Refinanzierung und Kreditverträge würden von der Offenlegungspflicht des Journalistenkodex nicht erfasst.
"Wesentliche Zweifel" an offiziellen Angaben
Der Presserat konnte dieser Auffassung nicht folgen. Die "anhaltende öffentliche Diskussion" deute für ihn darauf hin, "dass wesentliche Zweifel daran bestehen, ob die formal-rechtliche Eigentümerstellung von Moritz Suter auch den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht. Die "Basler Zeitung" müsse "zumindest in den wesentlichen Zügen" transparent machen, "ob Suter selber, eine Dritter oder mehrere Dritte das Unternehmen wirtschaftlich beherrschen".
Im weiteren verweist der Presserat auf das Radio- und Fernsehgesetz, das von allen Programmveranstaltern die Offenlegung der Kapital- und Stimmrechtsverhältnisse gegenüber den Behörden verlangt. Dass im Falle der "Basler Zeitung" die Medien- und Wirtschaftsfreiheit unverhältnismässig eingeschränkt werde, sei "nicht einsichtig". Der BaZ-Redaktion und der Öffentlichkeit wäre bereits gedient, wenn Suter "unzweideutig" erklärte, ob oder welche Dritte den Kauf der "Basler Zeitung Medien finanziert und welche Rechte sie sich dafür ausbedungen hätten.
Denn, so schliesst der Presserat: "Medien, deren Aufgabe es ist, Transparenz über gesellschaftliche Akteure und wichtige gesellschaftliche Vorgänge herzustellen, dürfen bei sich selber keinen andern Massstab anlegen als bei andern wichtigen gesellschaftlichen Akteuren."
Wellen bis in den Nationalrat
Die Debatte um den oder die versteckten Darlehensgeber hinter den Holding-Besitzern Tettamanti, Wagner und Suter hatte über Wochen, wenn nicht Monate landesweit Wellen geworfen und auch die politische Bühne in Bern erreicht. Der Basler SP-Nationalrat Beat Jans verlangte in einer Motion vom Bundesrat, die marktmächtigen Medienunternehmen gesetzlich zur Offenlegung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse zu verpflichten.
Jans zu OnlineReports: "Ich erwarte jetzt, das Suter sagt, wer hinter der Zeitung steckt. Es ist absolut unverständlich, dass er das nicht längstens schon gemacht hat." Denn, so Jans, "Gerüchte sind schlimmer als Wahrheit, weil man dem Medium nicht vertrauen kann".
BaZ will Geldgeber nicht outen
Es stellt sich nun die Frage, wie die "Basler Zeitung" mit diesen Entscheid, der nicht anfechtbar ist, umgeht. Auf Anfrage von OnlineReports verwies BaZ-Verleger Moritz Suter an CEO Roland Steffen, der uns folgende schriftliche Stellungnahme zukommen liess: "Die 'Basler Zeitung' nimmt von der Stellungnahme des Schweizer Presserates Kenntnis. Bereits mit der Übernahme der 'Basler Zeitung' durch Moritz Suter am 24. November 2010 hat das Unternehmen bekanntgegeben, dass Moritz Suter Alleinaktionär der BaZ Holding AG ist. Diese hält sämtliche Aktien der 'National Zeitung und Basler Nachrichten AG. Unter ihrem Dach sind unter der Geschäftsbezeichnung 'Basler Zeitung Medien' die 'Basler Zeitung' und alle weiteren Unternehmen zusammengefasst.
Mit diesen Angaben hat die 'Basler Zeitung' ihre Besitzverhältnisse im Rahmen dessen offengelegt, was auch andere Schweizer Medienunternehmen bekanntgeben. Eine Bekanntgabe von Finanzierungsverträgen wird von keinem anderen Medienhaus verlangt. Eine solche Forderung würde massiv in die Medien- und Wirtschaftsfreiheit der Schweiz eingreifen."
Zusatz: "Es werden keine weitergehende Auskünfte erteilt." Das heisst: Die BaZ will es bei der bisherigen Information bewenden lassen und der Aufforderung des Presserats keine Folge leisten.
Weiterführende Links:
- Der Mann hinter der "Basler Zeitung": Christoph Blocher
- Rätselraten um BaZ-Besitzer geht weiter: Marcel Ospel?
- Wem gehört die BaZ? Moritz Suter plant Transparenz
- Moritz Suter zur BaZ: "Ich bin alleiniger Besitzer"
- BaZ: Wessels würde Besitz-Transparenz begrüssen
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- Flugunternehmer Moritz Suter übernimmt die BaZ
Reaktionen
Medien-Gewerkschaft Syndicom: "Bisher haben sich die Verantwortlichen der BaZ beharrlich gegen die Offenlegung gewehrt. Damit hat die BaZ als regionale Monopolzeitung bei weiten Kreisen an Glaubwürdigkeit verloren, umso mehr als der Verdacht bestand (und noch besteht), dass die Zeitung in Wirklichkeit finanzstarken Exponenten der SVP gehört. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch, zu wissen, wer die Besitzer und mächtigen Einflüsterer ihrer Medien sind. Die Medienschaffenden als Berufsgruppe haben ein Interesse daran, dass ihre Unabhängigkeit nicht weiter von verdeckten Interessen in Frage gestellt wird."
Arbus Schweiz: "Der Arbus ist erfreut, ob der klaren Äusserung des Presserates und erwartet nun von den Besitzern der Basler Zeitung Medien die vom Presserat geforderte Offenlegung der Besitzesverhältnisse vorzunehmen und die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Besitzesverhältnisse umgehend zu informieren."
Journalisten-Verband "Impressum": "Impressum begrüsst ausdrücklich, dass der Presserat nun wieder jene Verpflichtungen umsetzt, die sich für die Unternehmen aus den Rechten der Journalistinnen und Journalisten ergeben, und zwar ungeachtet davon, ob sich die Beschwerde auf eine konkrete journalistische Fehlleistung hinsichtlich der 'Erklärung der Pflichten' abstützt. (...)
Die Intransparenz um das Unternehmen der 'Basler Zeitung' beginnt übrigens schon beim Namen: Wer im Handelsregister nach jenem Namen des Unternehmens sucht, der im Impressum von 'www.baslerzeitungmedien.ch' angegeben ist, nämlich 'Basler Zeitung Medien', wird nicht fündig. Offiziell heisst das Unternehmen 'National Zeitung und Basler Nachrichten AG'."