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Unternehmenssteuer-Reform III: Ein seltener Schulterschluss
Ein seltener bikantonaler Schulterschluss bürgerlicher Exponenten aus beiden Basel warb heute Montagmorgen für ein Ja zur Unternehmenssteuer-Reform, die am 12. Februar landesweit zur Abstimmung kommt.
Basel/Liestal, 2. Januar 2017
Selten treffen sich Verbandsführende und Politiker aus beiden Basel, um öffentlich für oder gegen eine eidgenössische Abstimmungsvorlage zu kämpfen. Heute Montag an der ersten Medienkonferenz des neuen Jahres war es aber so: Thomas Staehelin als Präsident und Franz Saladin als Direktor der Handelskammer beider Basel, Gabriel Barell (Direktor Gewerbeverband Basel-Stadt) und Christoph Buser (Direktor Wirtschaftskammer Baselland) sowie die beiden FDP-Exponenten Daniela Schneeberger (Nationalrätin BL) und Luca Urgese (Präsident Basler Kantonalpartei und Grossrat) präsentierten sich als Kämpfer eines überparteilichen Komitees für ein Ja zur Unternehmenssteuer-Reform III, gegen die Links-Kreise um die SP das Referendum ergriffen hatten. "Wichtigste Vorlage der Dekade" Bei dieser Vorlage handle es sich "um eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Vorlage der Dekade", schilderte Saladin die Bedeutung des Urnengangs. Betroffen sind in der Region fast tausend sonderbesteuerte Unternehmen, die 40'000 Arbeitsplätze anbieten. Zusammen mit den Zulieferfirmen seien gegen 100'000 Arbeitsplätze von den betroffenen Statusgesellschaften abhängig. Es gelte, diese Unternehmen in der Region zu behalten, Planungssicherheit zu gewährleisten und die Schweiz insgesamt als "interessanten Standort für Forschung und Entwicklung" zu erhalten. Bei einem Nein büsste die Schweiz an Wettbewerbsfähigkeit ein, Aufträge und Kunden von KMU verschwänden und Steuereinnahmen von fünf Milliarden Franken seien bedroht. Es gehe jetzt allein um eine Bundeslösung, die Umsetzung sei erst später Sache der Kantone. Ihnen würden dazu "ein Werkzeugkasten" oder "Steuerschrauben" wie die Patentbox in die Hand gegeben, um föderalistisch angepasste Lösungen wie die Entlastungsbegrenzung zu realisieren. Die Steuerreform, die aufgrund des internationalen Drucks unumgänglich ist, dürfte jetzt nicht von den Bedenken vor allem kritisch gestimmter Gemeindevertreter überschattet werden, hiess es. Die Vorlage bringe "Vorteile für alle Staatsebenen". "Keine Geschenke für grosse Player" "Wir wollen nicht Steuergeschenke für die grossen Player", führten die Reform-Befürworter aus. Vielmehr biete sich jetzt für die Schweiz "die Chance, ein verpöntes Steuersystem abzuschaffen und zu ersetzen durch eine Lösung, die im Ausland schon praktiziert wird". Von vitaler Bedeutung sei die Reform insbesondere für die innovativen forschenden Unternehmen in der Region Basel, aber, was oft unterschätzt werde, auch für kleine und mittlere Betriebe, die künftig als Folge sinkender kantonaler Gewinn- und Kapitalsteuersätze weniger Steuern zahlen müssten. Stärker belastet würden etwa tausend Firmen, insbesondere solche, die keine Forschung betreiben, also etwa Handelsgesellschaften. Dem überparteilichen Komitee gehört unter anderem die Baselbieter Regierung in corpore an. Von der Basler Regierung ist SP-Finanzdirektorin Eva Herzog, die massgeblich an der Ausarbeitung der vorliegenden Reform beteiligt war, im Komitee vertreten. Ihre Regierung sprach sich an einer Medienkonferenz für das Projekt aus. Bild von links: Luca Urgese, Gabriel Barell, Christoph Buser, Thomas Staehelin, Daniela Schneeberger und Franz Saladin.
"Steuerzahler werden zur Kasse gebeten"
Solche Worte und Argumente haben wir doch schon mal gehört und zwar bei der unseligen Unternehmenssteuer-Reform II von diesem Zauberer Herrn Bundesrat Merz. Und was war das Ergebnis? Millionen Schulden für die Gemeinden und die Steuerzahler. Das Ganze kostete 10-mal mehr als uns damals vorgegaukelt wurde. Und die Grossfirmen lachten sich damals ins Fäustchen. Warum sollten wir nun plötzlich diesen Staats-Exponenten mehr vertrauen?
Kommt noch dazu, dass viele Gemeinden schon signalisiert haben, dass sie grosse Löcher in ihren Steuerhaushalten befürchten, sehr wahrscheinlich ist ihr Misstrauen nicht umsonst. Es ist dann logisch, dass wir Steuerzahler und die KMU’s schlussendlich zur Kasse gebeten werden müssen und die Löcher stopfen dürfen.
Gewinner sind wieder die grossen und die reichen Firmen, die jetzt schon steuerbegünstigt sind. Sonst wären sie schon längst aus der Schweiz verschwunden. Realität ist, dass immer mehr Firmen in das Steuerparadies Schweiz kommen, eben weil es attraktiv ist für sie. Ich hoffe es gibt ein grosses "Nein" zur Abstimmung.
Brun Heuberger, Oberwil
"Nicht schon wieder Bschiss"
"Keine Geschenke für grosse Player" - dass ich nicht lache! Bereits die Unternehmenssteuerreform II von Bundesrat Hans-Rudolf Merz vor neun Jahren war ein gewaltiges Täuschungsmanöver. Sogar das Bundesgericht hat später eindeutig festgehalten, dass die Bevölkerung im sogenannten "Bundesbüchlein" brutal hintergangen wurde. Schon damals wurde nicht korrekt ausgewiesen, wie teuer die Reform würde.
Auf Druck aus dem Ausland gibt die Schweiz mit der UST III umstrittene Steuerprivilegien auf kantonaler Ebene auf. Aber statt die bestehenden Steuerschlupflöcher einfach abzuschaffen, werden neue, noch unappetitlichere eingeführt. Hatte Bundesrätin Evelyne Widmer-Schlumpf noch eine für Arbeitnehmende und Kapitalgeber ausgewogene Lösung in die Vernehmlassung geschickt, hat nunmehr die international tätige Firma "pwc" (Price Waterhouse Cooper) irrsinnige neue Steuerschlupflöcher vorgeschlagen und leider die staatskritischen SVP-, FDP- und GLP-ParlamentarierInnen zugunsten der Steueroptimierer und "beweglicheren" Arbeitgeber-Präsidenten beeinflusst.
Das bringt für den Mittelstand höhere Steuern auf unseren Löhne und Renten, für untere Einkommen weniger Verbilligungen bei der Krankenkassen, grössere Klassen auf allen Schulstufen, zusätzliche Abfall- und Parkplatzgebühren, weniger bezahlbare Krippenplätze und im Baselbiet höhere Preise für Badi, Zoo und Museen.
Darum sagen wir Rentner und Arbeitnehmer am 12. Februar Nein zu undurchsichtigen Steuertricks für grosse Unternehmen wie EMS, Novartis, Roche und ausländische Aktionäre aus den arabischen Emiraten, noch schlimmer zu unberechenbaren Milliarden-Ausfällen für den Kanton Basel-Landschaft, unsere Gemeinde- und Kirchgemeindekassen. Nicht schon wieder "Bschiss" an der mündigen Stimmbevölkerung!
Werner Strüby, Reinach
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