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© Foto J. Paul Getty Trust. The Getty Research Institute, Los Angeles


Plakat als urbanes Kunstobjekt – Stadt als Ausstellungsort

Das Museum Tinguely in Basel stellt fünf Affichisten aus – als Beitrag zu einer Poesie der Grossstadt. Aus Abfällen, von den Plakatwänden herunergerissen, machten sie Kunst.
Basel, 21. Oktober 2014

So einfallsreich und passend eingerichtet wie die Ausstellung über Affichagen im Museum Tinguely war schon lange keine mehr. Der Besucher muss viel laufen und kann sich dabei vorkommen wie ein Flaneur, der durch die Grossstadt streicht, durch Strassen und Räume, zwar ziellos, aber doch aufmerksam. Nichts entgeht seiner Wahrnehmung, das Unscheinbare, Beiläufige erregt sein Interesse. Wenn frei nach Walter Benjamin die Strasse das Wohnzimmer des Flaneurs ist, dann müssen die Plakatwände seine Kunstsammlung sein.
 
Die Ausstellung "Die Affichisten" geht auf die zum Kreis der "Nouveaux Réalistes" gehörenden Künstler François Dufrêne, Raymond Hains, Jacques Villeglé, Mimmo Rotella und Wolf Vostell ein, die zwischen 1950 und 1968 tätig waren. Sie rissen Plakate in Fetzen von den Wänden, zogen sie auf Leinwand, Holz oder anderen Unterlagen neu auf, überarbeiteten sie manchmal und erklärten die Ergebnisse zu neuen Kunstwerken.

Experimentell und spielerisch

Was auf diese Weise entstanden ist, geht über das Experimentieren mit Formen, Möglichkeiten, Konzepten hinaus und behält trotzdem seine spielerische Leichtigkeit. Es ist Kunst, die aus dem öffentlichen Raum kommt, aber ihn privatisiert hat. Es ist Kunst, die in einen anonymen Rahmen gestellt wird und den Künstler zum Moderatoren macht, zum Arrangeur oder zum "metteur en scène", wie der an der Eröffnung anwesende Jacques Villeglé sagte. Es ist Kunst, die die Realität transformiert im Sinn des "Nouveau Réalisme": Das Vorhandene, Daseiende als "réalité collective" (Villeglé) wird aufgelöst und in etwas Neues verwandelt.

Beim Gang durch die Ausstellungsräume bleibt unklar, ob ich an Plakaten vorbeigehe oder an Kunstwerken. Zuletzt ist es das Erlebnis des Gehens, das sich durchsetzt. Die Aufmerksamkeit für das Formale wird zur Hauptsache und das Alltägliche, Gewöhnliche zum Besonderen. Mehr kann man gar nicht erwarten.

Etwas zum Sehen

Was ist Kunst? Ach, die alte Frage schon wieder. Als erweiterter Begriff ist Kunst das, was ich sehe. Es kann eine Haus- oder eine Plakatwand sein, eine Landschaft in Natura, es können auch die Buchstaben sein, die auf dem Bildschirm erscheinen, während ich diesen Artikel schreibe. Ich muss nicht ins Museum gehen, kann aber. Augen auf, das genügt. Denn wenn Benjamin den Strassenraum zum Interieur erhebt, wird dieser, konsequent weitergedacht, auch zum Ausstellungsraum, und wir sind wieder da, von wo wir ausgegangen sind.

Die Abrisse, deren sich die Affichisten bemächtigten (die Aufnahme oben zeigt Villeglé in Aktion), müssen eigentlich als Decollagen angesehen werden, sie zerlegen das ursprüngliche Plakat in disparate Teile, und beschreiten also den umgekehrten Weg wie die Collage, die verschiedene disparate Teile zu einer überraschenden Neuform zusammenfügt.
 
Was bei der Decollage, beim Abriss, bleibt, ist eine sichtbare Oberfläche, aber auch eine dekonstruierte Oberfläche. Da die Dekonstruktion nicht nach dem Was fragt (nach dem, was ich präzis sehe), sondern die Tatsache meint, dass es etwas zum Sehen gibt (dass etwas überhaupt sichtbar ist), liegt bei den Affichagen und den Decollagen alles daran, was der Besucher damit anfängt. In jedem Fall ist es ein inspiriertes Spiel, begonnen beim Gang durch die Ausstellung und bei der durch den künstlerischen Prozess sich ergebenden Vielfalt neuer Formen, Farben, Anordnungen bis zum Umgang mit dem Angebot der Ausstellung, die jede Art von Freiheit nicht erlaubt, sondern voraussetzt.

Lautpoesie nach Methode der Affichisten

Auch die sonoren Wirkungen gehören dazu. In einzelnen Affichagen bleiben Buchstaben oder Worte erhalten und leiten direkt zu lautmalerischen Aktionen in der Ausstellung über. Wie sich aus den Bild- und Buchstabenfragmenten kein Sinn ergibt, hat auch die atomisierte Lautpoesie keine kommunikatische Funktion. Sie ist Stimme, Melodie, Hörbarkeit geworden – und fehlt leider als CD im Museumsshop. In der Ausstellung kann man sich in einen dunklen Raum zurückziehen und in Stereophonie anhören, wie François Dufrêne sie orchestral rezitiert.

Zum Schluss noch ein Hinweis, dass die Methode der Affichisten auch in einigen Filmbeispielen angewendet und zugänglich gemacht wird. Es ist das erste Mal, dass die Affichisten in der Schweiz so ausführlich gezeigt und im Katalog zur Ausstellung so gründlich dokumentiert werden.

Museum Tinguely Basel: Poesie der Grossstadt. Die Affichisten. Bis 11. Januar 2015. Katalog Fr. 42.-- Begleitprogramm unter www.tinguely.ch.



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