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Kantonsgericht: Freispruch für Polizist auf Verfolgungs-Jagd

Freispruch für einen Basler Kantonspolizisten vor dem Baselbieter Kantonsgericht heute Dienstagnachmittag: Zu seiner spektakulären Verfolgungsjagd über das Bruderholz sei er berechtigt gewesen, entschied das Gericht. Der neue Raser-Tatbestand könne gegen ihn nicht angewendet werden.
Liestal, 13. Dezember 2016

Es war 15 Uhr, am Nachmittag des 7. August 2014. Der heute 54-jährige Wachtmeister bei der Basler Kantonspolizei sass am Steuer eines zivilen Polizei-Mercedes auf der Autobahn A2 durch den Schwarzwald-Tunnel Richtung Schänzli-Tunnel, als ihm ein Motorradfahrer durch seine regelwidrige Fahrweise auffiel. Abklärungen ergaben, dass das Fahrzeug-Schild ausgeschrieben war. Auf das optische Signal "Halt Polizei" reagierte der Lenker nicht.

 

97 km/h in der "Tempo 30"-Zone

Es folgte nun eine filmreife zehnminütige Verfolgungsjagd über die A18 und das Bruderholz nach Bottmingen, Reinach und Aesch. Mit Blaulicht und Martinshorn trieb das Polizeifahrzeug den Motorradlenker vor sich her – mit Geschwindigkeiten, die weit, teils um das Dreifache, über dem Erlaubten liegen.

In einem Fall belegt die Videoaufzeichnung im Polizeifahrzeug eine Geschwindigkeit von 97 Stundenkilometern in einer "Tempo 30"-Zone. In einem andern Fall fuhr das Polizeifahrzeug bei einer Geschwindigkeit von 105 km/h bis auf weniger als fünf Meter auf den flüchtenden Motorfahrzeug-Lenker auf.

Schliesslich blieb die gefährliche polizeiliche Raserei erfolglos: Eine Fussgängerbrücke über die Birs in Dornach war für den Streifenwagen zu schmal. Der Töfffahrer konnte abhauen, aber rasch identifiziert und schon tags darauf problemlos befragt werden.

Verfolgter war kein Verbrecher

Der rasende Polizist, der noch ein Jahr vor der umstrittenen Fahrt Verfolgungs-Trainings absolviert hatte, hatte sich zudem geirrt: Der flüchtende Motorradfahrer war kein Verbrecher. Vielmehr war er bloss ohne Fahrberechtigung mit dem Motorrad seiner Lebenspartnerin unterwegs gewesen – und blinkte auf der Flucht sogar noch bei jedem Abzweigen. Dafür und vor allem für seine Raserei wurde er inzwischen zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Das Strafgericht als erste Instanz hatte den Polizisten letzten April wegen mehrfacher qualifizierter grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Geldstrafe von 180 Tagen zu 90 Franken bedingt auf zwei Jahre und einer Busse von 200 Franken verurteilt. Sowohl der Polizist wie Staatsanwalt Roland Hochuli, der dem Beschuldigten 15 Verkehrsregeln-Verletzungen vorwarf, appellierten gegen das Urteil.

Polizist beruft sich auf "Generalauftrag"

Stefan Suter, der Anwalt des Beschuldigten, forderte Freispruch, der Staatsanwalt sah eine auf zwei Jahre bedingte Strafe von 300 Tagessätzen zu 90 Franken und eine Busse von 200 Franken als angemessen. An diesen Anträgen hielten sie heute Dienstag vor dem Kantonsgericht in Liestal fest. Der Staatsanwalt warf dem Polizisten vor, auf seiner dringlichen Dienstfahrt die Verhältnismässigkeit nicht beachtet und daduch "Gefährdungs-Situationen" (so die Anklageschrift) in Kauf genommen zu haben.

Der nicht vorbestrafte Polizist, der während zwanzig Jahren bei der Verkehrspolizei im Einsatz war, berief sich auf seinen "Generalauftrag". Sowohl er als Fahrer wie die beiden Beifahrenden seien davon ausgegangen, "dass ein schweres Verbrechen hinter der Flucht sein muss". In seiner langen Tätigkeit habe er "noch nie erlebt", dass ein Fahrzeug der Halte-Aufforderung nicht nachgekommen sei.

Kritik am Strafgericht ...

Das Dreier-Kantonsgericht unter dem Vorsitz von Dieter Eglin (SVP) folgte den Anträgen des Verteidigers in vollem Umfang und sprach den Polizisten von Schuld und Strafe frei. Die Voraussetzungen für die Verfolgung seien klar gegeben gewesen: Die Dringlichkeit der Dienstfahrt, die abgegebenen optischen und akustischen Warnsignale, und die Beachtung von Sorgfalt und Verhältnismässigkeit. "Man darf nicht hinterher im klimatisierten Gerichtssaal besserwisserisch daherkommen. Vielmer soll der Polizist einen eigenen Ermessens-Spielraum haben, sonst ist die Polizei nicht mehr handlungsfähig", sagte Eglin.

Entgegen der Meinung des Staatsanwalts attestierte das Gericht dem Polizisten einen "begründeten Anlass zur Annahme, dass der Töfffahrer eine schwerwiegende Straftat begangen hat", nachdem er vor den Augen der Ordnungshüter rechts überholt und eine Sperrfläche überfahren hatte. Wer sich ausserdem "so lange derart systematisch dem Zugriff entzieht und sich gefährdet wie James Bond, muss etwas Fundamentales auf dem Kerbholz haben". Schliesslich sei es auch der Motorradfahrer gewesen, der "zuerst delinquiert" habe.

Kritik übte Dieter Eglin in seiner Urteilsbegründung am Strafgericht, das persönliche Aspekte – wie die lange Erfahrung des Polizisten, seine absolvierten Verfolgungs-Trainings und seine hervorragenden geografischen Kenntnisse im Verfolgungsraum – nicht berücksichtigt habe. Zu einer überdeutlichen Kritik ("das war weiss Gott keine Sternstunde des Gesetzgebers") holte der Gerichtspräsident zum Raser-Tatbestand aus, der hier nicht zur Anwendung kommen könne.

... und am Raser-Tatbestand

Wenn Polizei oder andere Rettungskräfte bei Geschwindikgeits-Übertretungen gemäss dem neuen Artikel im Strassenverkehrsgesetz schuldig gesprochen werden – so Eglin –, "dann verfolgt die Polizei niemanden mehr". Eglin steigerte sich in ein eigentliches rechtspolitisches Plädoyer hinein: "Das wäre eine Kapitulation des Rechtsstaates. Dann ist sich jeder selbst am nächsten. Wollen wir einen solchen Staat? Wollen wir, dass Notfall-Fahrzeuge derart geschwächt sind? Hier ist jedes Gericht gehalten, über den Tellerrand hinauszuschauen."

Zwei in der Tat heikle Situationen habe es auf der Verfolgungs-Jagd gegeben: Als der Polizei-Lenker im Münchensteiner Tunnel "Lange Heide" bei einem Überhol-Manöver knapp einer Kollision mit einem Lastwagen entging und als er nach links in einen Kreisel einfuhr, weil diese Spur frei war. Das Gericht ging in seinen Erwägungen auch auf die persönlichen Folgen für den Polizisten, der von seiner Frau getrennt lebt und Unterhaltsbeiträge zahlt, im Falle eines Schuldspruchs ein: unter anderem eine mögliche Kündigung seiner Stelle bei der Basler Kantonspolizei und ein zweijähriger Fahrzeugausweis-Entzug.

Vom Damoklesschwert des Stellenverlusts zumindest ist der Polizist vorläufig befreit. Der Staatsanwalt wollte sich nach der Verhandlung heute Nachmittag nicht dazu äussern, ob er das Kantonsgerichts-Urteil vor Bundesgericht anfechten will.



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