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"Wegweisung muss konsequenter angewendet werden"

Häusliche Gewalt ist schrecklich, sie kommt häufiger vor als allgemein angenommen. Ein Monitoring-Bericht erhebt jetzt erstmals die Forderung, dass die Strafverfolgung in Basel-Stadt Gewalttätige häufiger wegweisen soll als bisher. Uneinigkeit herrscht in der Frage, was häusliche Gewalt überhaupt ist.
Basel, 31. Oktober 2012

Es war Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP), der die "Interventionsstelle häusliche Gewalt" vor zwei Jahren mit einem "Monitoring" beauftragte. Ziel ist es, "Aufgaben und Vernetzungen der einbezogenen Akteure festzuhalten, Abläufe bei der Fallbearbeitung darzustellen, Entwicklungen zu analysieren und mögliches Optimierungspotenzial darzustellen". Das dreiköpfige Projektteam, bestehend aus Generalsekretär Thomas Frauchiger (Bild links) und den Co-Leiterinnen der Interventionsstelle Catherine Jobin (Mitte) und Isabel Miko Iso (links), legte heute Mittwochmorgen einen ersten 40-seitigen Bericht vor.

Forderung nach höherer Aufklärungsrate

Sein Fazit: Weil der Opferschutz für die "überwiegend weiblichen Gewaltbetroffenen" Priorität haben müsse, sei "eine konsequente Anwendung der im Polizeigesetz geregelten Wegweisung" von Gewaltausübenden erforderlich. Diese Formulierung lässt den Schluss zu, dass die Inverventionsstelle die bisherige Wegweisungs-Praxis für ungenügend hält. Seit 2007 kann die Polizei in Basel-Stadt Personen, von denen im häuslichen Umfeld eine unmittelbare Gefahr ausgeht, für die Dauer von zwölf Tagen aus der Familie wegweisen und ihnen die Rückkehr verbieten, um die akute Situation zu entschärfen.

Weitere Forderungen:

• Die Aufklärungsrate im Bereich der häuslichen Gewalt müsse erhöht werden, worfür den Strafverfolgungsbehörden "ausreichende Ressourcen" zur Verfügung gestellt werden müssten. Innert Jahresfrist habe die Zahl von Delikten der häuslichen Gewalt um 16 Prozent zugenommen, die Zahl der polizeilichen Interventionen dagegen um 10 Prozent abgenommen, stellte Catherine Jobin fest.

• Nur ungenügend geschützt seien zahlreiche Kinder und Jugendliche, die in Familien mit häuslicher Gewalt aufwachsen. Nötig seien ein niederschwelliger Zugang zu spezifischen Unterstützungs und Beratungsangeboten und zu "spezialisierten stationären Einrichtungen". Niederschwellige Beratungsangebote müssten aber auch für gewaltausübende Männer zur Verfügung stehen.

• Umfassendere Abbildung der häuslichen Gewalt im Kanton Basel-Stadt unter Einbezug des Netzwerks Kindesschutz, der Sozialhilfe und weiterer Beratungsstellen.

Häufig Männer gegen Frauen – aber nicht nur

Laut der vertieften Auswertung der Zeit zwischen September 2011 und August 2012 kam es zu 306 Polizeieinsätzen. In 77 Prozent lag häusliche Gewalt eines Mannes gegen eine Frau vor, in 9 Prozent übten Frauen gegen Männer Gewalt aus. Nur in 41 (davon eine Frau) von 306 Einsätzen verfügte der Dienstoffizier eine Wegweisung. Bei mehr als der Hälfte der Polizeieinsätze waren Kinder anwesend. 50 Prozent der Gewaltausübenden sind zwischen 33 und 47 Jahren alt. 59 Prozent stammen aus dem Ausland.

Das Projektteam hielt es nicht für angebracht, bei ausländischen Gewaltanwendenden die Nationalität zu nennen. Solche Angaben und Hinweise auf Rollenbilder könnten ohne gleichzeitige vertiefte Analyse zu falschen Schlüssen wie Pauschalurteilen führen, betonten die Co-Leiterinnen. Dies ist aus der Optik von OnlineReports bedauerlich, weil auf diese Weise auch die Ursache von häuslicher Gewalt – wie Sozialisierung in einem fremden Kulturkreis mit verändertem Status der Frau, Bildungsgrad oder finanzielle Verhältnisse – zumindest ansatzweise beschrieben werden könnte.

Als Schwierigkeiten erweisen sich bei Angaben jedoch datenschützerische Aspekte oder etwa der schwierige Landesvergleich in Bildungsfragen.

Kritik an vielen Verfahrens-Einstellungen

Kritisch erwähnt der Bericht, dass in 83 Prozent der Fälle von Gewalt im Migrationsbereich im untersuchten Zeitraum "weder Massnahmen betreffend die gewaltausübende noch die gewaltbetroffene Person eingeleitet wurden. So seien beispielweise keine Aufenthaltsbewilligungen entzogen worden.

Ihr Fett bekommt im Bericht auch die Staatsanwaltschaft ab: Von 230 im vergangenen Jahr erledigten Strafverfahren sei es nur in zehn Verfahren zu einer Anklage und in 27 Verfahren zu einem Strafbefehl gekommen. In 185 Fällen dagegen sei das Verfahren eingestellt worden – die Mehrheit von ihnen "ohne Erfassung der Einstellungsgründe".

Der Leitende Staatsanwalt und Chef des Kriminalkommissariats Beat Voser, der an der Medienkonferenz als Beobachter anwesend war, begründete gegenüber OnlineReports die hohe Zahl an Verfahrenseinstellungen damit, dass Übergriffe oft nicht bewiesen werden können oder Frauen – wie ein kürzlicher Fall gezeigt habe – ihre schlagenden Männer schon kurz nach der Anzeige "wieder zum Mittagessen einladen".

Zwei Definitionen – zwei Statistiken

Was eine ernsthafte Debatte über häusliche Gewalt erschwert, wenn nicht verunmöglicht, ist der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft eine "eigene Definition" von häuslicher Gewalt verwende – nämlich die "anstatt der allgemein anerkannten". So betrachte die Staatsanwaltschaft nur die Offizialdelikte bis spätestens einem Jahr nach der Trennung von Partnern als häusliche Gewalt. Die Definition der Polizeilichen Kriminal-Statistik (PKS) des Bundes und anderer Kantone sei "weiter gefasst", anerkenne auch psychische Gewalt und kenne keine Zeitlimiten auch für ehemalige Partnerschaften.

Folge davon: Die PKS weist im Kanton Basel-Stadt im vergangenen Jahr 860 angezeigte Straftaten aus, die Staatsanwaltschaft nennt 254 Neugänge. Es versteht sich von selbst, dass in der Debatte über den polizeilichen und strafrechtlichen Umgang mit häuslicher Gewalt kaum ernsthaft diskutiert und Fortschritte erzielt werden können, wenn nicht einmal Einigkeit über die Datenbasis besteht.

Thomas Frauchiger räumte ein, dass hier Klärungsbedarf bestehe mit dem Ziel, eine Verständigung auf eine gemeinsame Definition zu erreichen.



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