Reform im Baselbiet: Rütteln am Tabu Gemeinde-Feuerwehr
Liestal, 25. Mai 2000
Das Baselbieter Feuerwehrwesen soll einschneidend reorganisiert werden. So sieht es ein Konzept vor, das in den vergangenen zwei Jahren im Auftrag des Regierungsrates von der Projektgruppe "Unità" unter Federführung der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung (BGV) erarbeitet wurde. Danach sollen die Gemeinde-Feuerwehren zu 22 Feuerwehr-Verbünden zusammengefasst werden. Das Grobkonzept sieht im Kern eine dreistufige Gliederung des Feuerwehrwesens im Baselbiet vor: Verbundfeuerwehren, Verbundfeuerwehren mit Stützpunktfunktionen und Spezialisten. Laut BGV-Direktor Bernhard Fröhlich kann damit "bei gleichzeitiger Steigerung der Leistungsfähigkeit langfristig eine deutliche Kostensenkung erreicht werden." Die Projektgruppe kam zum Schluss, dass eine grosse Zahl von Feuerwehrleuten nicht automatisch ein hohes Mass an Sicherheit bedeutet. Im Gegenteil: Entscheidend für die Leistungsfähigkeit ist unter anderem die praktische Erfahrung, die sich nur in realen Einsätzen gewinnen lässt. Laut Fröhlich soll das Konzept den Gemeinden nicht aufgezwungen, sondern mit ihnen zusammen im Detail umgesetzt werden.
"Auch Kanton hat Handlungsbedarf"
Insgesamt unterstütze ich die Vorschläge, stehe aber aus verschiedenen Gründen der Verbundslösung Birsfelden-Muttenz-Pratteln kritisch gegenüber. Die Detailausarbeitung wird darüber Klarheit verschaffen. Positiv finde ich weiter, dass das Projekt Unità gleichzeitig analoge Vorschläge für Zivilschutzverbünde beinhaltet.
Ob in den Gemeinden oder im Kanton: Die Reform im Feuerwehr- und Zivilschutzwesen ist reif für die Frage und auch reif für die Antwort. Sie darf aber nicht nur einseitig in den Gemeinden erfolgen. Auch der Kanton Baselland hat aus meiner Optik konkreten Handlungsbedarf.
Dafür sprechen insbesondere zwei Gründe. Immer noch beschäftigen sich verschiedene Direktionen und Ämter sowie eine Versicherungsanstalt mit dem Feuerwehr- und Zivilschutzwesen. Eine einzige und kompetente Anlaufstelle für alle Teile der Bevölkerung, der Wirtschaft und der Dienstleistenden existiert nicht. So zum Beispiel ist der Zivilschutz der Justiz-, Polizei und Militärdirektion unterstellt und organisiert sich im Amt für Bevölkerungsschutz, welches auch für die Autobahnfeuerwehren zuständig ist, zumindest was die Auszahlung der Bundesgelder angeht. Die Feuerwehr ist innerhalb der Finanz- und Kirchendirektion integriert und organisiert sich ausgehend von der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung, und das Sicherheitsinspektorat und die Schadenwehren gehören der Bau- und Umweltschutzdirektion an.
Mit den Vorgaben des Bundes im Rahmen der Armee- und Zivilschutzreform und dem Projekt Unità sind wir auf einem guten Weg in die richtige Richtung. Die Gemeinden sind überaus gefordert und werden in Zukunft im Interesse aller Beteiligten gegenseitig entlastet, aber auch gefördert. Einzelne Gemeinden haben bereits gehandelt und in der jüngsten Vergangenheit Kompetenzzentren für die Öffentliche Sicherheit geschaffen.
Auch die Gemeinde Pratteln hat die Polizei, Feuerwehr, Militär, Zivilschutz und den Gemeindeführungsstab innerhalb einer Abteilung zusammengefasst, auch als kompetenter Ansprechpartner für die Bevölkerung und Wirtschaft nach innen und aussen. Nächstes Ziel ist, den Gemeindeführungsstab als das Sicherheitsorgan der Gemeinde einzusetzen, welches alle Bereiche der Öffentlichen Sicherheit strategisch, finanziell, personell und politisch behandelt und für die Entscheidfindung des Gemeinderates und Einwohnerrates vorbereitet. Zudem hat eine Arbeitsgruppe ein Konzept für eine enge Zusammenarbeit bis zu einem Zusammenschluss zwischen der Ortsfeuerwehr und den Betriebsfeuerwehren erarbeitet, welches im Rahmen der Vernehmlassung auf ein positives Echo gestossen ist.
Ich denke speziell vor dem Hintergrund der Reformen, welche mitunter mit einem nicht unerheblichen Personalabbau in der Feuerwehr und im Zivilschutz verbunden sind, ist es von grosser Wichtigkeit, dass die Kompetenzen noch deutlicher koordiniert und zusammengefasst, auf die Kernaufgaben fokusiert und noch effizienter professionalisiert werden. Auf dem bisher erfolgreichen Wirken lässt sich dies gut aufbauen. Es wäre jetzt schön und wünschenswert, wenn auch der Kanton die einzelnen Sicherheitsbereiche im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft und nicht zuletzt der Dienstleistenden, innerhalb einer Direktion zusammenfasstund zum Beispiel im Amt für Bevölkerungsschutz als Kompetenzzentrum für Katastrophenvorsorge- und Hilfe sowie Feuer- und Schadenwehren organisiert. Dies würde den Reformen nochmals einen zusätzlichen, motivierenden und dynamischen Impuls verleihen.
Rolf Wehrli, Gemeinderat, Pratteln