"Concordia": Rüpel-Mahnung, CEO entschuldigt sich
Nicht alle Krankenkassen schaffen es, mit ihren Kunden auch dann anständig umzugehen, wenn es um den Prämienausstände geht. Beispiel "Concordia".
Luzern, 26. Juli 2013
Kundinnen und Kunden der Krankenkasse "Concordia" erhielten dieser Tage eingeschriebene Post, die sie erst als ein Werk von Betrügern betrachteten: In einem rüpelhaften Ton ohne Anrede wurden sie gemahnt, ausstehende Beträge ohne Angabe des Zeitraums "innert 14 Tagen seit Absendung dieses Mahnschreibens" zu überweisen.
In beinahe erpresserischem Ton ging es weiter im Text: "Bei einem weiteren Zahlungsverzug erlischt unsere Leistungspflicht nach Art. 20 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) nach Ablauf der genannten Frist und wir treten auf Ablauf dieser Frist ohne weitere Mitteilung vom Vertrag zurück und die Versicherungen enden auf diesen Zeitpunkt."
Eindruck von Telefongebühren-Betrug
Als sich eine "Concordia"-Kundin, die der Redaktion bekannt ist, über die angegebene Telefonnummer in Verbindung setzen und Auskunft über den ihr nicht bewussten Ausstand verlangen wollte, verkündete ein Tonband, der Anruf werde weitergeleitet, Das machte die Kundin misstrauisch, weil ihr diese Praxis auch aus Fällen von Telefongebühren-Betrug bekannt war.
Doch damit nicht genug: Drei Tage später erhielt die langjährige, treue "Concordia"-Kundin dieselbe Mahnung erneut per eingeschriebenem Brief zugestellt. Diesmal verweigerte sie die Annahme.
CEO kritisiert "Tonalität"
Ein paar Tage später erhielt die Kundin einen Brief von "Concordia"-CEO Nikolai Dittli, in dem er sich für die "Tonalität, die keineswegs unserem hohen Anspruch an eine
freundliche und verständliche Kommunikation entspricht", entschuldigt. Grund sei die Anpassung des Mahnprozesses gewesen. Diese Umstellung sei "nicht reibungslos verlaufen und wir waren nicht gut telefonisch erreichbar".
Gegenüber OnlineReports sprach "Concordia"-Direktionsmitglied Mark Glutz von einer "Umstellung des Inkassoprozesses" und einer "Verbesserung der Rechnungsstellung". Die Mahnungen seien in der Tat zu Recht erfolgt, doch sei die Tonlage "unpassend" gewesen. Etwas irritierend: Die unfreundliche Mahnung sein "keine Panne" gewesen.
Interne Kontrolle funktionierte nicht
Es ist zu hoffen, dass nun die "Concordia"-Chefs nicht nur bei den Kunden zum Rechten schauen, sondern auch bei den Verantwortlichen für das Mahnwesen zuverlässig dafür sorgen, dass sie im Umgang mit ihren Kundinnen und Kunden "unseren hohen Anspruch an eine freundliche und verständliche Kommunikation" auch verinnerlichen.
"Mir geschah Ähnliches bei Sympany"
Ich bin seit 32 Jahren bei der ÖKK, heute vivao sympany AG versichert. Kürzlich erhielt ich (trotz Dauerauftrags seit Urzeiten!) von sympany eine Mahnung, weil ich mit meinen Prämienzahlungen im Rückstand sei.
Die ruppige Mitarbeiterin am Telefon erläuterte mir auf meine konsternierte Nachfrage, dass sympany die Kulanz von ÖKK nicht übernommen habe. Aha.
Leider sei es ihr nicht möglich, mir aufzuzeigen, wann ich meine Prämie schuldig geblieben sei. Ich erhielt "netterweise" einen Auszug meiner bezahlten Prämien der letzten zwei Jahre …
Das half mir nicht im Geringsten weiter. Als Versicherte, die in den letzten dreissig Jahren einen einzigen ärztlichen Beistand brauchte, gehöre ich wegen meines hohen Alter von 52 nicht zu den "guten Risiken" – trotz ausbleibender Kosten und meiner alterbedingt nahezu unerschwinglich hohen Prämien.
Weil ich den Konflikt mit dieser Versicherungsfirma, die nun auch Fahrzeug-, Haushalt- und Reiseversicherungen anbietet scheute, habe ich mir das gefallen lassen und eine Nachforderung bezahlt, von der ich keine Ahnung habe, worauf sie sich bezogen hat …
Die Privatisierung der ÖKK empfinde ich als Zumutung und die Folgen dessen erst recht!
Auch die ehemalige ÖKK tummelt sich in einem Pseudomarkt von etwa 90 verschiedenen Krankenversicherern, die sich mehrheitlich auf etwa 2-3 Konzerne reduzieren lassen.
Ich warte sehnlich auf Annahme und Einführung der Einheitskrankenkasse, um endlich das zu bekommen, was ich wirklich brauche: eine echte Krankenkasse für Alle, der man vertrauen kann!
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"Entschuldigungsschreiben des CEO als Standardvorlage"
Dies scheint bei "Concordia" Programm zu sein. Ein ähnliches Schreiben mit gleicher Drohung habe ich als langjähriger Kunde ohne Prämienausstände erhalten. Der Grund: Ich hatte mir, ohne vorher Concordia zu fragen, erlaubt, zu meinem Hausarzt zu gehen. Als Antwort auf mein Reklamationsschreiben kam vom CEO Dittli die wortwörtlich gleiche Entschuldigung.
Da entsteht der Eindruck, dass solche ungehobelten Briefe von "Concordia" Strategie sind und das Entschuldigungsschreiben vom CEO als Standardvorlage abgelegt ist.
Markus Peter, Bern