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Beat Leuthardt: Der Tramführer und Aufseher der BVB
Basel, 4. Juli 2019
Der Basler "Basta"-Grossrat Beat Leuthardt (Bild) ist ein Politiker, der als Spitzenfunktionär des Basler Mieterinnen- und Mieterverbands mit dessen vom Volk angenommenen Wohninitiativen einen grossen Erfolg eingefahren hat und nicht zögert, gegen Immobilienhaie vor Gericht zu ziehen. Mit seinen politischen Gegnern ist er erbarmungslos; Gerichte und Departemente bewertet er aber schmeichelnd, wenn sie in seinem Sinn entscheiden.
Nun ist Leuthardt nicht nur gelernter Jurist, sondern zeitweise auch Tramführer der Basler Verkehrsbetriebe (BVB). Als Mitglied der Geschäftsprüfungskommission sitzt er in der Subkommission, die unter anderem für Verkehr zuständig ist und damit auch für die BVB, denen die parlamentarischen Geschäftsprüfer vor wenigen Tagen ein weiteres Mal ein miserables Zeugnis ausgestellt haben.
Da liegt doch die Frage journalistisch nahe, wie er mit seiner Doppelfunktion als BVB-Angestellter und parlamentarischer Kontrolleur und Kritiker umgeht. Als OnlineReports dem ehemaligen Journalistenkollegen sechs sachliche Fragen unterbreitete, zeigte sich Leuthardt in gleichem Mass schmallippig und wortkarg wie er seine Verlautbarungen wortreich mit Prädikaten ausschmückt.
Hier die OnlineReports-Fragen:
- Du bist Teilzeit-Angestellter der BVB. Findest Du es nicht fragwürdig, als Parlamentarier Deinen "eigenen" Betrieb zu begutachten?
- Gab es Themen, in denen Du in den Ausstand getreten bist?
- Inwiefern ist Deine Mitarbeit in der GPK im Zusammenhang mit den BVB mit der vom Grossen Rat immer wieder eingeforderten Corporate Governance vereinbar?
- Wie frei bist Du in Deiner parlamentarischen Kritik an Deinem Arbeitgeber?
- Teilst Du die Analyse der GPK vollumfänglich?
- Gab es seitens der BVB je Druck auf Dich oder Kritik (beispielsweise im Zusammenhang mit Vorschlägen zur Linienführung)?
Und hier die Leuthardt-Antworten:
Fragwürdig, befangen, compliance? Nein, in keiner Weise, gegenteils ist es ein Musterbeispiel parlamentarischer Arbeit und Oberaufsicht.
Versuch mal folgendes nachzuvollziehen: Lies die rechtlichen Grundlagen zu Befangenheit, sie zielen auf Einflussnahme und Korruption - hier geht es um das Gegenteil, um parlamentarische Unabhängigkeit bzw. niedrige Charge (Teilzeitwagenführer) ohne jeden Einfluss auf betriebliche und operative Entscheidungen.
Externe Einflussnahmen? Es kam ausser in einem vereinzelten Fall eines einzelnen FDP-Politikers zu keinerlei Versuchen der Einflussnahme.
"Ämter-Kumulation sogar gut"
Ich gehe ohnehin davon aus, dass die Ideologie von Leuthardt im Kern seine "Befangenheit" ausmacht. Aber – das ist ja eigentlich für jeden Politiker "normal", selbst wenn eine lernfähige, veränderbare, kompromissbereite Meinung durch eine unverrückbare Ideologie dominiert werden sollte. Ich gehe davon aus, dass Leuthardt finanziell nicht von seinem Job als Tramführer abhängig ist; insofern finde ich seine Ämter-Kumulation sogar gut.
Das "Chaos" bei der BVB liegt vermutlich eher bei "Vision" und Strategie (VR > Geschäftsleitung), operative Planung (GL > VR) und letztlich (Bankenplatz) auch dispositive Planung (GL). Vermutlich stimmt auch die Kommunikation nicht; und das Sprichwort "zu viele Köche verderben den Brei" trifft auch noch zu (besonders in Basel-Stadt, wenn der Staat mitbestimmt). Aber das ist auch nur eine persönliche, lediglich durch Medienberichte gespiesene Meinung.
Peter Waldner, Basel
"Gut, wenn nicht nur Theoretiker diskutieren"
Ich bin nun wirklich nicht als spezieller Freund von B. Leuthardt bekannt und teile praktisch keines seiner politischen Anliegen. Aber hier muss ich ihn verteidigen, denn der Artikel ist so falsch (um es mit Herrn Köppel zu sagen), dass nicht einmal das Gegenteil richtig wäre. Dass sich L. durch sein Nebenengagement als Tramführer ein Bild von den tatsächlichen oder vermeintlichen Missständen machen kann, dürfte für die Tätigkeit der GPK nur von Vorteil sein. Ist doch gut, wenn am Tisch nicht nur Theoretiker diskutieren.
Zugegeben, mich nervt L. des öfteren, wenn er aus seiner Teilzeittätigkeit bei den BVB den Schluss zieht, nun über jede Weiche des Basler Tramnetzes Bescheid zu wissen und dieses "Wissen" dann auch noch in seitenlange Vorstösse giesst. Gerade diese bissigen Vorstösse zeigen aber, dass man ihm sicher nicht vorzuwerfen kann, er würde seinen (Mini-)Brötchengeber schonen, um sich sein Zubrot zu erhalten.
Wie wäre es im übrigen, mal die Lehrer (und sonstigen Staatsangestellten) zu thematisieren, die im Grossen Rat fröhlich über ihre Löhne und Ruhestandsbedingungen mitstimmen. Hier Befangenheit anzunehmen, ist wohl nicht vermessen.
André Auderset, Grossrat LDP, Basel
"Diese Interpretation ist schon interessant"
Es ist schon interessant, wie Mitglieder des Grossen Rates das Gesetz über die Organisation des Grosses Rates interpretieren – dort steht nämlich folgendes:
§ 8 Ausstand
1 Die Mitglieder des Grossen Rates begeben sich bei Geschäften, die sie unmittelbar persönlich betreffen, in den Ausstand.
2 Die Ausstandspflicht gilt für die Vorbereitung, Beratung und die Beschlussfassung im Plenum und in den Kommissionen.
Patrick Huber, CVP-Einwohnerrat, Riehen
"Nur wegen Teilzeit-Job nicht befangen"
Ich schätze Ihre Stimme in der Medienlandschaft von Basel, denn Sie beweisen oft eine gewisse Unabhängigkeit, können quer und gut denken und auch entsprechend schreiben.
Ihr dünnes Textlein über ihre Fragen an Beat Leuthardt zu seiner Unabhängigkeit und über seine Antworten darauf, hat mich nun aber sehr enttäuscht.
Was soll diese künstliche Aufregung? Ist das schon die Angst vor dem Sommerloch?
Ein Mitglied der GPK ist doch in Sachen BVB-Aufsicht nicht befangen, nur weil er neben seinem Hauptjob noch als Teilzeit-Wagenführer arbeitet!
Befangen ist ein Politiker/eine Politikerin, wenn er oder sie von der Behandlung eines Geschäfts einen direkten Vorteil erzielen könnte.
Was hat Herr Leuthardt denn für einen Vorteil, wenn er seiner Pflicht als Mitglied der Geschäftsprüfungskommission nachkommt? Keinen einzigen – im Gegenteil: Es gehört eine gehörige Portion Mut dazu, als einfacher Angestellter eines Unternehmens seine Arbeit als Parlamentarier zu erfüllen und den Finger auf wunde Punkte zu legen.
Für diese gradlinige Art zu politisieren – die wir übrigens von BastA!-PolitikerInnen gewohnt sind und auch weiterhin erwarten können – verdient Beat Leuthardt Respekt anstatt ein tendenziöses Berichtlein ohne sachliche Grundlage.
Heidi Mück, Co-Präsidentin "Basta", Basel
"Null. Basta!"
Antworten ohne Substanz = Null. Basta!
Christian B. Schäffler, Basel