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Maya Grafs Kampf um die Linke und die Mitte
Die grüne Baselbieter Ständerats-Kandidatin Maya Graf sucht vor dem zweiten Wahlgang die Unterstützung aus der Mitte – und von links.
Liestal, 29. Oktober 2019
An einem PR-artigen Medienanlass heute Dienstagnachmittag sagte es Maya Graf klar: Eine Politik der Nachhaltigkeit ist mehr als nur Klimaschutz und Recycling, Umweltpolitik bedinge auch eine soziale Politik – und umgekehrt. Es wird ihr also nicht möglich sein, bürgerliche Herzen scharenweise zu erobern. Teilweise wird es ihr gelingen. Die gegenüber dem ersten Wahlgang zusätzlichen Stimmen aber muss sie vor allem bei den Sozialdemokraten und in der Mitte holen.
"Schön, dass Du da bist"
Diesem Zweck diente die heutige Veranstaltung. Mit Kantonalpräsident Adil Koller sass als einziger Landrat der Repräsentant der begehrten traditionellen SP-Wählerschaft neben der Kandidatin. Maya Graf zu Koller: "Schön, dass Du da bist." Er machte als einer, der für seine Partei nichts mehr zu verlieren hat, nicht den Eindruck eines Kämpfers, der mit wehenden Fahnen in den Abstimmungskampf zieht.
Aber er zeigte tapfer Format: Maya Graf "hat meine volle persönliche Unterstützung", zeigte er sich loyal gegenüber der Grünen, auch wenn aus dem Zitat sofort spürbar wird, dass er nicht im Namen seiner Partei, sondern ausschliesslich in seinem eigenen sprach. Formell hat die SP "einstimmig" die Graf-Parole ausgegeben.
So sagte Koller denn auch, es sei wichtig, dass das Baselbiet durch eine "offene progressive soziale Kraft im Ständerat vertreten" sei und nicht durch eine "ziemlich rechte Vertreterin", die vor allem Strassenbau- und Hauseigentümer-Interessen vertrete.
In der Mitte noch Luft nach oben
Mit der angekündigten "überparteilichen Unterstützung" in der Mitte war es dann allerdings nicht so weit her. Für die 1,3 Prozent-Partei BDP setzten der Tenniker Gemeindepräsident Marcel Zimmermann und Nationalrats-Kandidatin Denise Buser ihre lobenden Worte ab, ohne für die Gesamtpartei zu sprechen. Als Mitglied der CVP und Vorstand der CVP-Frauen Schweiz übernahm Giovanna Lanza diese Aufgabe, obschon ihre Mutterpartei bei wenigen Gegenstimmen die Graf-Gegenkandidatin Daniela Schneeberger zur Wahl empfiehlt.
Die Legitimation, im Namen ihrer Partei für die grüne Kandidatin zu empfehlen, hatte Elisabeth Augstburger, die im ersten Wahlgang für die EVP (2,9 Prozent) kandidierte und unterging. Die Grünliberalen fassen ihre Beschlüsse erst kommenden Samstag.
Professoraler Support
Weniger von seinen Ausführungen her als von seiner Funktion als Universitäts-Professor für Nachhaltigkeitsforschung an der Universität Basel bemerkenswert war der Auftritt von Paul Burger.
Nach anfänglichem Zögern habe er sich entschlossen, für Maya Graf Partei zu ergreifen, weil sie wie er der Meinung sei, dass "der Klimawandel mit einer Vorwärtsstrategie angegangen", die Rahmenbedingungen angepasst, und die Landwirtschaft "in Richtung Ökologisierung" gesteuert werden müsse. Burger nahm die Gelegenheit wahr, ein Plädoyer für den gefährdeten Anschluss an europäische Bildungs- und Forschungsprogramme abzugeben.
Von der Enthaltung zum Ja
In ihrem Schlusswort beschwor Graf die Renaissance der Region als "Pionierregion", die den Kampf gegen Atomkraftwerke eröffnet, den biologischen Landbau gefördert und erste Solarunternehmen angesiedelt habe, die jetzt von China verdrängt wurden, "weil wir sie nicht gefördert haben".
Maya Graf gab sich in ihrer Selbsteinschätzung selbstbewusst. "Mein Einfluss ist im Nationalrat sicher gestiegen", meinte sie und: "Meine liberale weltoffene Art kommt bis in bürgerliche Kreise an." Dass sie für die AHV/Steuervorlage Ja gestimmt habe, "ist ja bekannt". Weniger bekannt ist jedoch, dass sie sich bei der Abstimmung im Nationalrat vor gut einem Jahr in dieser Frage noch enthalten hatte.
Kleine Spitze gegen Schneeberger
Sodann erlaubte sich die Sissacherin eine kleine Spitze gegen ihre Thürner Konkurrentin: Schneeberger sei "rechtsbürgerlich" und für eine Kürzung der Beiträge an Bildung, Forschung und Innovation (BFI) eingetreten. Deshalb stelle sich jetzt der Entscheid, ob es mit ihr, Graf, vorwärts gehen oder ob "wie bisher gebremst" werden soll.
Bild von links: Marcel Zimmermann, Denise Buser, Elisabeth Augstburger Adil Koller, Maya Graf, Giovanna Lanza und Paul Burger
Weiterführende Links:
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