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Hat Mühe mit Roche und Roche mit ihm: Finanz-Werber Martin Ebner
Die Rakete landete im Vorzimmer von Roche
Martin Ebners Machtanspruch hat in der Besitzerfamilie des Pharmakonzerns keine Chanche
Von Peter Knechtli
BZ-Banker Martin Ebner, grösster Einzelaktionär von Hoffmann-La Roche, plant mit seiner Forderung nach der Einheitsaktie den Putsch gegen die Nachfahren der Gründerfamilie. Doch gegen die Inhaber des erfolgreichen Basler Pharmakonzerns hat Investor Ebner einen schweren Stand: Nach jetzigem Stand landet Ebners Rakete bloss im Vorzimmer des Roche-Verwaltungsrates.
Der Zeitpunkt war geschickt gewählt, die Forderung überraschend, als BZ-Banker und Roche-Grossaktionär Martin Ebner Anfang Februar die Bombe zündete: Im Basler Pharmakonzern Hoffmann-La Roche müsse die Einheitsaktie eingeführt und er selbst in den Verwaltungsrat gewählt werden.
Heute scheint es, als habe Ebners Geschoss vom Zürichsee am Rheinknie geräuschlos eingeschlagen. Roche-Präsident Fritz Gerber ist kein Kommentar zu entlocken und der Pressedienst enthält sich "wie immer bei solchen Fragen" einer Stellungnahme. Ein Sprecher verwies einzig auf die nächste Verwaltungsratssitzung vom 30. März und die Generalversammlung vom 9. Mai - aber auch nach diesen Terminen sei keineswegs sicher, ob sich Roche zu den Entscheiden auf Ebners Anträge öffentlich verlauten lasse.
Ebner spricht von "anonymem Besitzer-Pool"
Hinter der gediegenen Zurückhaltung macht sich nach Informationen der SonntagsZeitung aber eine Stimmung breit, die Martin Ebner nicht zur Freude gereicht. "Das war eine reine Provokation", heisst es aus dem Umfeld der Familien Hoffmann und Oeri, die mit einem Kapitalanteil von knapp 20 Prozent knapp über 50 Prozent der Inhaberaktien halten und so seit Jahrzehnten den Weltkonzern kontrollieren. Die Inhaber der Genuss-Scheine profitieren zwar von der Kursentwicklung, verfügen aber über kein Stimmrecht.
Diese Ungleichheit von Besitz und Stimmrecht läuft Ebner in fremden Firmen schon längere Zeit gegen den Strich. Neuerdings verbreitet er über die Medien seine Auffassung, wonach der Roche-Verwaltungsrat nach dem Tod des charismatischen Paul Sacher durch einen "anonymer Besitzer-Pool" dirigiert werde, "der für den Markt nur bedingt berechenbar ist" (so Ebner zur "Weltwoche").
André Hoffmann mit Ebner-Zögling Müller Möhl
Im speziellen wettert Ebner, nach eigenen Angaben mit einem Engagement von 7,2 Milliarden Franken grösster Roche-Einzelaktionär, auch ganz konkret gegen einzelne Mitglieder der Gründer-Nachfahren. Zunächst dürfte ihn gewurmt haben, dass der junge Roche-Verwaltungsrat André Hoffmann kürzlich eine Beteiligung am Imperium des Ebner-Zöglings Ernst Müller Möhl nahm. Ueberdies stört sich Mister Shareholder value laut "Basler Zeitung" vor allem, dass jetzt der 79jährige Arzt Jakob Oeri, Ehemann von Vera Oeri-Hoffmann, den "den Schlüssel des Familien-Pools in den Händen" habe und an Kapitalmärkten wenig Interesse zeige.
Dieses Argument stösst in Basel auf Widerspruch: "Paul Sacher hat sich für den Familien-Pool durchaus verdient gemacht, aber um Kapitalmärkte hat auch er sich nicht gekümmert", meinte ein langjähriger Ciba-Kadermann.
Ebner unterschätzt die Gesetze des Basler "Daigs"
"Bei den Besitzer-Familien", kommentiert ein intimer Kenner, "kommt Ebeners Stil schlecht an". Zwar sei seine Forderung nach effizienteren Kontroll-Mechanismen nachvollziebar. Dass sich aber Top-Manager des Vitamin-Geschäfts zu illegalen Preisabsprachen hinreissen liessen, die Roche jetzt gegen zwei Milliarden Franken kosten, hätte auch ein Verwaltungsrat nach Ebners Gusto nicht verhindern können. Und dass das neue Bluthochdruck-Mittel Posicor, das einen Jahresumsatz von gegen einer halben Milliarde versprach, im Sommer 1998 wegen Interaktions-Problemen mit andern Medikamenten nach Markteinführung aufgegeben werden musste, hätte auch der Zürcher Banker nicht zu vereiteln gewusst.
Vor allem scheint Ebner die Gepflogenheiten des Basler "Daig" - die Verwobenheit der alteingesessenen Familien, die trotz immensem Reichtum in Nicht-Erscheinung treten - zu unterschätzen: "Die sitzen nie mit einem Neureichen an einen Tisch", sagt der Umfeld-Vertraute. Schon gar nicht mit einem neureichen Financier, der eine Familien-Gemeinschaft mit über 60 Jahren Mehrheitserfahrung per Einheitsaktie zur Zehn-Prozent-Eignerin machen möchte.
Verhandlungen sollen bereits im Gange sein
Vereiteln dürften dies die beiden Jung-Kräfte im Verwaltungsrat, die vor vier Jahren ihre Väter ablösten: Der Orthopäde Andreas Oeri (51), Sohn von Jakob und Vera Oeri-Hoffmann, und der in London tätige Financier und Unternehmer André Hoffmann (42), Sohn von Lukas Hoffmann, vertreten im zehnköpfigen Verwaltungsrat die Mehrheit. Sie dürften nicht als jene Verantwortungsträger in die Firmengeschichte eingehen wollen, die ihrer eigenen Entmachtung zugestimmt und damit die Familieninteressen verraten haben. Zu einer solchen Machtumschichtung dürfte für sie auch kein objektiver Grund vorliegen, zumal sich selbst Martin Ebner über die Rendite seines Roche-Engagements kaum beklagen wird.
Zuverlässige Quellen gehen heute davon aus, "dass Ebners Ansinnen gar nicht in bis in den Verwaltungsrat vordringt, sondern vorher entschieden wird". Ein Milieu-Kenner: "Die verhandeln bereits." Der Trend dürfte dahin gehen, dass Ebner weder mit seiner Einheitsaktie durchdringt noch den Einzug in den Roche-Verwaltungsrat schafft. Denkbar wäre im Gegenzug, dass Roche den streitbaren Grossaktionär mit einem schönen Banken-Geschäft zufrieden stellt.
Trennt sich Ebner vom Roche-Investment?
Auf einen langjährigen Grabenkrieg wie seinerzeit mit der SBG scheint sich weder Roche noch Ebner einzurichten - zuviele Management-Kapazitäten würden darin zum Schaden der Aktionäre und des Unternehmens gebunden. "Eher wird sich Ebner von seinem Investment trennen, wenn er nicht zum Ziel kommt", glaubt die Quelle. An hochgradigen Interessenten wie dem amerikanischen Viagra-Konzern Pfizer fehlt es nicht.
Angesichts der Vorgeschichte könnten Kritiker dem Mann mit Fliege oder Schirmmütze einen Deal mit der ausländischen Konkurrenz nicht einmal zum Vorwurf machen. Ebner könnte leicht mit dem Argument kontern, er habe erfolglos versucht, das Basler Familien Unternehmen in die richtigen Bahnen zu lenken.
27. Februar 2000