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"Fusion verzerrt Wettbewerb": Basler Universitätsspital
Baselbieter Freisinnige lehnen Spital-Fusion mit Basel-Stadt ab
Es entstünden Nachteile für private Anbieter und Überstimmungs-Risiken für das Baselbiet
Von Peter Knechtli
Die geplante Fusion der öffentlichen Spitäler in beiden Basel stösst auf Widerstand: Die Baselbieter Freisinnigen sagen dazu Nein, befürworten aber eine gemeinsame oder gar erweiterte Gesundheitsplanung.
Eine gemeinsame Spitalgruppe – wie sie die beiden Gesundheitsdirektoren Thomas Weber (SVP, Baselland) und Lukas Engelberger (CVP, Basel-Stadt) derzeit sondieren – betrachtet die FDP "nicht als notwendige Bedingung" zur Erreichung der drei angestrebten regierungsrätlichen Ziele, nämlich der Optimierung der Gesundheitsversorgung, der Dämpfung des Kostenwachstums und der Erhalt der Hochschulmedizin. Vielmehr seien "die Risiken und Nachteile einer Fusion" des Kantonsspitals Baselland mit dem Universitätsspital Basel höher als deren Nutzen.
Ihre Absage an eine Fusion begründen die Baselbieter Freisinnigen damit, dass die staatliche Spitalgruppe "mit einer Marktmacht von etwa 70 Prozent Patientenanteil" den Wettbewerb unter den Anbietern deutlich verzerrte. Private Anbieter, deren Leistungsangebot vergleichbar und zum Teil günstiger sei, würden "an den Rand gedrängt". Aus der "ungenügenden Rollenteilung der Kantone" als Eigner, Regulator, Besteller von Leistungen und Aufsichtsstelle ergäben sich unvermeidlich Zielkonflikte.
"Gefahr der Überstimmung"
Ausserdem macht die FDP "staatspolitische Gründe" für ein Fusions-Nein geltend. Das geplante Eigentumsverhältnis an der Spital-Aktiengesellschaft – 70 Prozent Basel-Stadt, 30 Prozent Baselland – bedeute eine "mögliche Überstimmung" des Baselbiets in allen relevanten Fragen, da die statutarisch geplante Sperrminorität von Baselland "nur für wenige wichtige Entscheide" gelte.
Dadurch werde die Mitbestimmung des Landkantons in Fragen von Investitionen, Nachschusspflichten und diversen Standortentscheiden erheblich eingeschränkt. Ein paritätischer Einkauf in die Aktiengesellschaft käme jedoch auf 170 Millionen Franken zu stehen, was für das Baselbiet ebenso wenig tragbar sei wie das Millionen-Loch nach der zwingenden Angleichung der Pensionskassen-Lösung zwischen den beiden Spitälern.
Nach Meinung der Freisinnigen führt ausserdem der geplante Ausbau der Orthopädie auf dem Bruderholz "nicht zu einer Kostendämpfung, sondern zu teuren Überkapazitäten".
Ja zu gemeinsamer Gesundheitsplanung
Statt einer Fusion bevorzugt die FDP eine gemeinsame Gesundheitsplanung der beiden Basel. Die engere Zusammenarbeit, gemeinsame Ziele und effizientere Strukturen im Gesundheitsbereich seien aus Kostengründen ein Gebot der Stunde. Wünschenswert sei zudem, die übrigen Kantone in der Gesundheitsregion Nordwestschweiz – Aargau, Solothurn, allenfalls Jura – raschmöglichst in diese Kooperation einzubinden.
Auch ohne Spitalgruppe, so sind die Freisinnigen überzeugt, behalte das Universitätsspital seinen fokussierten Status als forschungsorientiertes Spital für die hiesige Life Science-Industrie. Die angestrebte Konzentration der Fallzahlen in der hochspezialisierten Medizin sei durch die gemeinsame Gesundheitsplanung unter Einbezug der Privaten und klarer Definition des Leistungsangebots pro Standort ohne Spitalgruppe realisierbar.
Langfristig: einkaufen statt betreiben
Langfristiges Ziel für die FDP Baselland ist es, dass der Kanton "letztlich Gesundheits-Dienstleistungen einkauft statt selber Institutionen betreibt", da das Leistungsangebot in der Nordwestschweiz "mehr als genügend" sei und keine Engpässe in der Gesundheitsversorgung vorhanden seien.
Auf Anfrage von OnlineReports antwortete FDP-Präsident und Landrat Paul Hofer vorsichtig auf die Frage, ob die Spitalversorgung im Baselbiet somit vollprivatisiert werden soll. Es gehe der Partei einzig darum, dass der Kanton "längerfristig kein eigenes Spital mehr betreibt". Anbieter könnte eine Aktiengesellschaft, eine Genossenschaft, ein Einzelner oder gar ein Gemeinde-Ambulatorium sein, die ihre Leistungen dem Kanton gegen vereinbarte Kosten verkauft.
Basler FDP geht eigenen Weg
Der baselstädtische FDP-Präsident Luca Urgese sagte gegenüber OnlineReports, seine Partei habe sich mit der Schwesterpartei "ausgetauscht", verfolge aber eine eigene Stossrichtung. Die Basler FDP stehe einer Spitalfusion "grundsätzlich positiv" gegenüber, habe aber noch einige offene Fragen zu Nutzen eines Zusammenschlusses.
Der Landrat debattiert derzeit die Spitalfusion in einer Grundsatzdebatte über die Spital-Privatisierung.
11. Januar 2018
Weiterführende Links:
"Die Profilsucht der FDP"
FDP-Baselland? Nur Effekthascherei, im Wissen dass andere Parteien letztendlich doch für die Politik der Regierung stimmen. Gerade diese, insbesondere wenn sie gar nicht darin vertreten sind, sollten sich mal weniger "brav" verhalten und somit die FDP mit den Konsequenzen ihrer Profilsucht konfrontieren. Im anderen Fall wird gerade diese Partei noch belohnt, denn mit Bravheit lassen sich heutzutage Wahlen kaum gewinnen.
Peter Toebak, Liestal
"Was soll daran freisinnig sein?"
Was ist los mit dem Baselbieter Freisinn? Was daran, bitteschön, soll überhaupt freisinnig sein?
Noch ist das Jahr erst gut zehn Tage alt, und schon ist wieder gewissermassen alles beim Alten. Verdienstvollerweise hat Joël Thüring (politisch gehe ich mit ihm ansonsten überhaupt nicht einig...) gemahnt, nicht immer wieder "Giftpfeile gen Liestal" zu versenden. Aber was wir nun in den vergangenen Tagen von der FDP BL hörten, macht es einem weiss Gott schwer, nicht verärgert zu sein, und das Gift, das allfälligen Pfeilen beigemischt würde, stammt - unschwer zu erkennen - aus dem Landkanton, insbesondere von jener Partei, die von sich behauptet, freisinnig und liberal zu sein.
Hallo? Keine Volluniversität in Basel mehr, dafür Zusammenarbeit mit anderen Schwiezer Unis, etwa im Sinne einer "Uni Schweiz"? Gegen Zusammenarbeit ist gewiss nichts einzuwenden, aber die findet schon längst statt, zum Beispiel auf dem Gebiet der Life Sciences zwischen Universität Basel, ETH Zürich und dem Unispital Basel.
Monica Gschwind scheint dem Vorschlag ihrer Partei Gefallen abgewinnen zu können (wen wundert‘s?) – aber dass Conradin Cramer zu Recht skeptisch ist und darauf hinweist, dass die Vorstellung, die Uni Basel könne in der Zusammenarbeit mit anderen Unis der Schweiz die ihr genehmen Rosinen aus dem Kuchen picken (und dass das von den anderen Unis respektiert werde), völlig naiv sei, wird wohl beim Baselbieter Freisinn kaum zur Kenntnis genommen werden.
Und nun noch die Meldung, die FDP BL lehne eine Spitalfusion der öffentlichen Spitäler BL und BS ab. Eine gemeinsame Spital- und Gesundheitsplanung wird "grosszügig" unterstützt, aber nur ohne Fusion. Das ist genauso naiv wie die obige Haltung in Sachen Volluniversität Basel. Wie soll eine effektive gemeinsame Planung, die dann auch wirklich etwas bringen soll (weniger unnötige Spitalbetten, weniger rasche Kostensteigerung), umgesetzt werden, wenn doch wieder jedes der öffentlichen Spitäler für sich schaut und das eigene Gärtlein bewirtschaftet? "Sancta simplicitas"!
Vielleicht täte der Baselbieter Freisinn gut daran, im stillen Kämmerlein darüber nachzudenken, was die Begriff "Freisinn" und "Liberalismus" wirklich meinen ...
Florian Suter, Basel
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