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"Einvernehmlicher Sex mit Mädchen": BaZ-Verbrecher-Schlagzeile

Den jagenden "Sexverbrecher", der Frauen missbrauchte, gibt es nicht

Wie die "Basler Zeitung" mit Hilfe der Fachkommission gegen die Baselbieter Staatsanwaltschaft Stimmung machte


Von Peter Knechtli


Ein Redaktor der "Basler Zeitung", der gern auf die Pauke haut, half der damaligen Aufsichtskommission, gegen die Baselbieter Staatsanwaltschaft Stimmung zu machen. Dabei griff er selbst zu handwerklichen Tricks, die mit der Realität nichts zu tun haben. Das zeigt ein Fall, den OnlineReports näher untersuchte.


Keine Behörde stand in den vergangenen Jahren in der Öffentlichkeit so stark im Fokus der Kritik wie die Baselbieter Staatsanwaltschaft. Gewinner gab es keine: Die frustrierte Aufsichts-Fachkommission, der die beiden Gerichtspräsidenten Enrico Rosa und Beat Lanz sowie der Jurist und frühere Zuger Regierungsrat Hanspeter Uster angehörten, trat geschlossen zurück, die Erste Staatsanwältin Angela Weirich schaffte die Wiederwahl durch den Landrat nur knapp.

Treibendes Sprachrohr der Mängelrügen war die "Basler Zeitung". Kampagneartig bekam die Strafverfolgungsbehörde Saueres – wie beispielsweise zu lange Ermittlungen, schludrige Fallführung oder fehlende Präsenz der Ersten Staatsanwältin im Gerichtssaal.

Eine Zeitung als Stimmungsverstärker

OnlineReports hat einen Fall genauer angeschaut, der belegt, wie sich die "Basler Zeitung" an der Kritik der Fachkommission hochschaukelte und die Anti-Staatsanwaltschafts-Stimmung verstärkte. Es geht um den Fall eines heute 34-jährigen Mannes, dessen Taten in absehbarer Zeit vor dem Strafgericht in Muttenz zur Beurteilung kommen. Die Anklageschrift wurde Ende Juli von der Ermittlungsbehörde an das Strafgericht überwiesen.

Die "Basler Zeitung" berichtete über den Fall am 15. November letzten Jahres. Allein die Schlagzeile ("Freipass für Sexverbrecher") hält den Fakten nicht stand, indem er einen offensichtlich geständigen Angeklagten zum "Verbrecher" stempelte, obschon für ihn bis zum rechtsgültigen Urteil die Unschuldsvermutung gilt und die Ermittler ("Freipass") in den Ruch der Mittäterschaft rückte. Redaktor D. W. stützte sich laut seiner Quellenangabe auf den 81-seitigen Jahresbericht 2016 der mit der Staatsanwaltschaft im Streit liegenden damaligen "Fachkommission Aufsicht über Staatsanwaltschaft und Jugendanwaltschaft Basel-Landschaft" (wie sie offiziell heisst).

Mächtig beflügelte Interpretations-Fantasie

Dabei gab er seinem Text eine mächtig beflügelte Prise Interpretations-Fantasie bei, die beim Publikum in der Tat Schaudern auslösen könnte. Um die emotionale Flughöhe dramatisch anzuheben, zog der Autor einen Vergleich zum Mord, den ein Verurteilter in einer Haft-Pause an der 34-jährigen Sozialarbeiterin Adeline in Genf beging.

Und dann geht’s los: "Im Jahr 2012 muss sich der Täter gleich mehrfach an seinen Opfern vergangen haben. Waren es Kinder, waren es Frauen?", flunkert der Autor, um weiterzufahren: Bis 2014 soll es zu weiteren "schweren Straftaten" gekommen sein. Dann habe sich die Staatsanwaltschaft "bequemt", ein Gutachten in Auftrag zu geben, das dem Täter "Rückfallgefahr" bescheinigt habe. W. sprach wiederholt vom "Opfern", um schliesslich zu kulminieren: "Auf freiem Fuss durfte sich der Täter auch in den Jahren 2015, 2016 an seinen Opfern vergehen."

Die Plural-Schilderung suggeriert, hier handle es sich um einen gemeingefährlichen "Sexverbrecher", der serienmässig Frauen vergewaltige – und  dies dank gütiger Mithilfe der Staatsanwaltschaft auch weiter tun durfte.

Anklageschrift zeigt ganz anderes Bild

Die Anklageschrift, in die OnlineReports Einsicht nehmen konnte, zeigt ein völlig anderes Bild. Beim Beschuldigten handelt es sich um einen pädophil veranlagten, heute 34-jährigen Mann, der mit einem Mädchen Sex hatte, das bei den ersten intimen Begegnungen 12-jährig und bei den letzten wohl gegen 16 Jahre alt war. Es handelte sich laut Staatsanwaltschaft nie um gewalttätig errungenen, sondern "einvernehmlichen" Sex, der möglicherweise auch vom Mädchen angestrebt wurde.

Und vor allem: Die angeklagten illegalen sexuellen Handlungen betreffen nicht mehrere Frauen, sondern immer nur dieses eine Mädchen. Mit ihm pflegte der Angeklagte eine mehrjährige, teilweise unterbrochene Liebesbeziehung.

Dieses Delikt allerdings belegt weniger als die Hälfte der 37-seitigen Anklageschrift. Der Rest beschäftigt sich ausführlichst mit seinen pädophilen Neigungen, die sich in exzessivem Konsum von Zehntausenden kinderpornografischen und teilweise Gewalt darstellenden Fotos und Videos äusserten. Darüber schrieb die "Basler Zeitung" kein einziges Wort. Wusste Redaktor W. somit verbindlich, dass sich die im Gutachten erwähnte Rückfallgefahr auf "Vergehen" an den "Opfern" bezog und nicht vor allem auf den illegalen Porno-Konsum?

Dramatisierende Fachkommission

Der naheliegendste Grund dürfte sein, dass sich BaZ-Autor W. in seiner Skandal-Story auf eine Passage des Jahresberichts der Fachkommission für das Jahr 2016 bezog. Darin gehen die auf die Staatsanwaltschaft "gesottenen" Aufseher auf Seite 31 auf den Fall ein – allerdings unsorgfältiger als es von Gerichtspräsidenten erwartet werden dürfte. Die drei Juristen, die über volle Aktenkenntnisse verfügten, formulierten die einzelnen einvernehmlichen sexuellen Begegnungen des Angeklagten mit dem Mädchen auf eine dramatisierende Weise, die als gewalttätige Übergriffe auf mehrere weibliche Opfer interpretiert werden kann, indem sie auflistet:

- 2011-2012: Straftaten gegen die sexuelle Integrität
- 2012: schwere Straftaten gegen die sexuelle Integrität
- 2012: Straftat gegen die sexuelle Integrität
- 2012-2014: schwere Straftaten gegen die sexuelle Integrität
- 2013-2014: Straftat gegen die sexuelle Integrität
- 2015: Straftat gegen die sexuelle Integrität
- 2016-2017: Straftat gegen die sexuelle Integrität


Diese sich wiederholende Aufzählung ist doppeldeutig interpretierbar: Wer es unterlässt, sie recherchierend zu hinterfragen, und bei den Autoren zu verifizieren – was journalistisch-handwerklich fahrlässig ist –, könnte tatsächlich auf die Idee kommen, hier sei ein Serientäter am Werk, der wahllos Frauen schändete oder vergewaltigte.

Berechtigte Kritik an Verfahrensdauer

Genau dies trifft aber nicht zu. Und somit trägt auch die damalige Fachkommission ihren Anteil dazu bei, dass aus einem Mann, der einvernehmlich, aber illegalen Sex mit einer Minderjährigen hatte, in der "Basler Zeitung" als multipler sexueller Gewalttäter dargestellt und vorverurteilt wurde.

Was Fachkommission und "Basler Zeitung" völlig zu Recht kritisierten, war die unglaublich lange Dauer des Ermittlungsverfahrens, die dazu führte, dass der Angeklagte seine intime Beziehung zu seiner Freundin fortsetzte. Diese krasse Verletzung des Beschleunigungsgebots war von der Ersten Staatsanwältin Angela Weirich letzten November im Interview mit OnlineReports auch bestätigt worden: "Es stimmt (...), dass dieser Fall zu lange in der Staatsanwaltschaft hängig ist."

Erfundener "Adeline"-Vergleich

Was hingegen die Vorwürfe gegen den Angeklagten betrifft, zeichnete die "Basler Zeitung" ein krass verfälschtes Bild, wie sich aufgrund der Anklageschrift belegen lässt. Der Fall des angeblichen "Sexverbrechers" hat nicht im Entferntesten "das Potenzial skandalträchtiger Schlagzeilen in ähnlicher Dimension des landesweit bekannten Justizfalls Adeline in Genf", wie Redaktor W. sich ausmalte.

Die Anklagedelikte lauten: "Mehrfache sexuelle Handlungen mit einem Kind, mehrfache Gewaltdarstellungen, mehrfache Pornografie." Nicht mehr und nicht weniger.

13. August 2018

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"Nicht existierende Kontrolle"

Es ist (leider) in der Tat so, dass der betreffende BaZ-Mitarbeiter fast keine Gelegenheit ausgelassen hat gegen die Baselbieter Staatsanwaltschaft und die Erste Staatsanwältin "anzuschreiben" bzw. tendenziös, vorverurteilend und immer wieder haarscharf an der Wahrheit vorbei. Einmal mehr muss ich meinem Erstaunen Ausdruck geben, dass derartige "Schreiberlinge" überhaupt noch publizieren dürfen, spricht für die nicht existierende Kontrolle von Chefredakteur Somm der Wahl einfach so "Auslauf" gewähren liess.

Peter Knechtli ist es zugute zu halten, dass er sich mit der "Berichterstattung" von D. W. ausführlich und grundsätzlich an einem guten Beispiel  auseinandersetzt und dabei auch noch den "gesottenen" Aufseher der alten Aufsichtskommission "den Marsch" bläst. Bei dieser Gelegenheit sei erinnert, dass unlängst Frau Christine Baltzer, Abteilungspräsidentin im Kantonsgericht Basel-Landschaft, sich mit einer geharnischten Replik in der BaZ zur Wort meldete. Grundlage war, wen wunderts, wiederum ein Artikel von D. W. über eine Justizposse am Kantonsgericht, die natürlich keine war.


Albert Augustin, Gelterkinden



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