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"Nichts ist sicher": Kandidat Nussbaumer, Wahlplakat-Entwurf
"Die SVP wird keine Regierungs-Verantwortung übernehmen können"
SP-Nationalrat Eric Nussbaumer will den Sitz des Baselbieter Finanzdirektors Adrian Ballmer (FDP)
Von Peter Knechtli
Der Baselbieter SP-Nationalrat Eric Nussbaumer hat heute Donnerstag seinen Regierungswahlkampf eröffnet. Im Interview mit OnlineReports spricht er der SVP die Fähigkeit zur Regierungsverantwortung ab. An die Mitte-Parteien stellt er die Frage, ob sie einen rechtskonservativen Kurs unterstützen wollen.
OnlineReports: Weshalb sind Sie der bessere Kandidat als jener, den die SVP am 17. Januar nominieren wird?
Eric Nussbaumer: Es gibt zwei Gründe. Ich habe einen sehr breiten Rucksack bezüglich Führungserfahrung – sowohl in politischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Ich habe alle Stufen der Politik miterlebt – kommunal, kantonal und national. Der zweite Punkt: Die SVP wird nicht in der Lage sein, die Regierungsverantwortung zu übernehmen, weil sie sich noch im Dezember gegen die finanzpolitische Position der Regierung entschied. In den entscheidenden Fragen – mit welcher finanzpolitischen Planung gehen wir in die nächsten Jahre – haben sich die meisten potenziellen Kandidaten enthalten.
OnlineReports: Aber Thomas de Courten, der zu den potenziellen Kandidaten gehört, hat sich dazu nicht geäussert.
Nussbaumer: Ja, bis jetzt nicht. Ich bin gespannt, wie er die finanzpolitische Zukunft des Kantons meistern würde. Seine ehemalige Landrats-Fraktion stimmte weder Ja noch Nein.
"Seit ich 28-jährig bin, habe ich ausschliesslich Unternehmen aufgebaut und geleitet."
OnlineReports: Aber ist breite politische Erfahrung auf allen Stufen bereits eine Qualifikation für das Amt des Regierungsrates?
Nussbaumer: Das ist ein Teil der Qualifikation. Der andere Teil ist die berufliche Qualifikation. Seit ich 28-jährig bin, habe ich ausschliesslich Unternehmen aufgebaut und geleitet. Mein Leben bestand bisher nur aus Führungsverantwortung. Ich war immer einem sozialen und ökologischen Unternehmertum verpflichtet.
OnlineReports: Sie werden von Mitarbeitenden zuweilen auch als harscher Chef bezeichnet.
Nussbaumer: Diesen Eindruck kann ich nicht bestätigen. Ich habe andere Rückmeldungen.
OnlineReports: Trifft unser Eindruck zu, dass Sie siegessicher in diesen Wahlkampf ziehen?
Nussbaumer: In einem politischen Wahlkampf ist nichts sicher. Ich wurde schon 2007 von den Medien als "gewählt" hochgeschrieben. Aber es reichte dann doch nicht ganz. Es geht jetzt darum, meine Persönlichkeit und meine Konzeption deutlich zu machen. Ich will darum neben meiner persönlichen Darstellung auch einen inhaltlichen Wahlkampf führen. So stimmt es für mich am ehesten. Ich will Politik machen, nicht weil ich Macht ausüben, sondern weil ich Politik gestalten will.
"Nur gemeinsam bringt man diesen Kanton
wieder auf Kurs."
OnlineReports: Das Baselbiet ist aber immer noch mehrheitlich bürgerlich – wie wollen Sie die politische Mitte erreichen?
Nussbaumer: Meine Persönlichkeit bleibt, wie sie ist. Ich werde aber politische Antworten geben, bei denen die politische Mitte entscheiden kann, ob sie für das Baselbiet gut sind. So wird es im Finanz-Dossier darum gehen, das strukturelle Defizit weiterhin diszipliniert und konsequent zu beseitigen. Ich stehe nicht hin für Steuer-Abenteuer. Gleichzeitig versuche ich soziale und ökologische Fragen mit den finanzpolitischen Herausforderungen in Einklang zu bringen.
OnlineReports: Was aber soll die Mitte davon halten?
Nussbaumer: Die Mitte muss sich am Schluss entscheiden, ob sie sich an die rechtskonservative Kraft in diesem Land anlehnen will, oder ob sie sich einer ausgewogenen sozialdemokratischen Politik annähern will.
OnlineReports: Würde man Sie bei einer Wahl sehr rasch als Politiker mit einem eigenen Profil wahrnehmen?
Nussbaumer: Das eigene Profil ist wichtig. Aber entscheidend ist, dass die Gesamtregierung ein eigenes Profil hat. Nur gemeinsam bringt man diesen Kanton wieder auf Kurs.
OnlineReports: Holen Sie auch CVP-Stimmen?
Nussbaumer: Das hoffe ich schwer.
OnlineReports: Erwarten Sie sogar, dass Sie auch beim Freisinn punkten?
Nussbaumer: Auch das würde mich freuen, wenn meine bisherige politische Leistung honoriert würde.
"Der Nussbaumer wird nicht gleich Steuererhöhungen beantragen."
OnlineReports: Im Mitte-Rechts-Lager werden aber im Fall einer rot-grünen Regierungs-Mehrheit heute schon Steuererhöhungen vorausgesagt.
Nussbaumer: Ich halte nichts von solchen Etiketten. Und übrigens werden Steuererhöhungen durch den Landrat beschlossen und nicht durch die Regierung. Auch der Nussbaumer wird nicht gleich als ersten Schritt in einer verantwortlichen Finanzpolitik eine Steuererhöhung beantragen.
OnlineReports: Wann haben Sie sich für eine Kandidatur definitiv entschieden?
Nussbaumer: Kurz vor Weihnachten.
OnlineReports: Das Wahlkampf-Foto wurde bereits am 28. Dezember aufgenommen. Da schien die Parteileitung schon ziemlich sicher, dass Sie zustimmen werden.
Nussbaumer: Ich habe nach meinem Entscheid sofort den Kantonalpräsidenten und den Sekretär informiert. Mich freut an meiner Partei, dass es dann möglich war, die Kampagne schnell aufzugleisen.
OnlineReports: Wer ist Ihr Wahlkampf-Manager?
Nussbaumer: Ich habe ein eingespieltes Team, das schon mehrere Wahlkämpfe mit mir durchgezogen hat. Darunter sind Parteifreunde und Mitglieder meiner Familie.
OnlineReports: Ihr Sohn ist Grafiker.
Nussbaumer: Ja ein guter Grafiker;-)
OnlineReports: Sie haben als Unternehmer die Solidarität mit den Arbeitnehmenden betont. Ist das nicht ein Widerspruch?
Nussbaumer: Unternehmerischer Erfolg ist nicht nur vom Kapital abhängig. Und darum ist mir die Leistungsfähigkeit und die Honorierung des Personals viel wichtiger als die Gewinnmaximierung. Wer sich nur der Gewinnmaximierung verpflichtet fühlt, hat nicht verstanden, was soziales und verantwortliches Unternehmertum in der heutigen Zeit bedeutet.
OnlineReports: Am Wahltag stehen auch weitere Urnengänge wie die Abstimmung über die Abzockerinitiative an. Nützt Ihnen eine hohe Stimmbeteiligung?
Nussbaumer: Die thematischen Abstimmungen werden nicht besondere Wählersegemente stärker an die Urne locken. Es wird eine höhere Wahlbeteiligung als bei einer üblichen Ersatzwahl geben. Ob mir das nützt, kann ich nicht einschätzen.
3. Januar 2013
Weiterführende Links:
"PR-Auftritt macht noch lange keinen guten Regierungsrat"
Es zeugt doch von einer Arroganz und Überheblichkeit, wenn Eric Nussbaumer davon spricht, dass die Regierungsratskandidaten der SVP keine Regierungsverantwortung übernehmen können. Es gibt da doch einige Kandidaten, welche ebenso, wenn nicht einen grösseren Rucksack mitbringen. Einen guten PR-Auftritt macht noch lange keinen guten Regierungsrat, da braucht es viel mehr dazu Herr Nussbaumer!
Beatrix Jud, Opfikon
"Nicht auf den Mund gefallen"
Eric Nussbaumer war schon als Landrat "nicht auf den Mund gefallen" und wenn er nun meint, nur Linke könnten Regierungs-Verantwortung tragen, zeigt das seine Denkweise und "Teamfähigkeit" auf!
Fredy Gerber, Binningen (derzeit Lima/Peru)