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"Keine Verkaufsbelege beigebracht": Kontrahenten Pegoraro, Weibel
Dunkle Vorgänge im Fahrzeughandel der Direktion Pegoraro
Landrätliche Geschäftsprüfungs-Kommission weiss vermutlich mehr, als sie in ihrem brisanten Bericht schreibt
Von Peter Knechtli
Was diese Frau einstecken muss – und jetzt kommt der neue Hammer: In der staatlichen Garage-Abteilung der Baselbieter Baudirektorin Sabine Pegoraro sollen beim Handel mit ausgemusterten Fahrzeugen krumme Dinge gelaufen sein. Die Geschäftsprüfungs-Kommission (GPK) des Landrates schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Eine heisse Debatte steht bevor.
Der neunseitige GPK-Bericht ist kein Stoff, der unmittelbar Klarheit schafft. Er gleicht eher einer Wundertüte, die Fetzen von Anschuldigungen, Andeutungen, harten Vorwürfen und sorgfältig abgezirkelten Formulierungen enthält. Nur soviel: Dass die 15-köpfige Kommission den Bericht einstimmig verabschiedete und dabei zur Auffassung kam, dass die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden muss, ist im ganzen Text nicht erklärt. Einzig das allerletzte Wort des Berichts lässt aufhorchen: "z.K. Staatsanwaltschaft".
Gemauschel beim Fahrzeug-Verkauf
Und darum geht es. Der Kanton Baselland und insbesondere die von Regierungsrätin Sabine Pegoraro geführte Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) betreibt und bewirtschaftet einen Fahrzeugpark. Leiter des Fachbereichs "Fahrzeugwesen" und damit der kantonalen Garage ist Christian Oberhausser, der im GPK-Bericht nicht namentlich erwähnt wird und für den die Unschuldsvermutung gilt. Er war früher Leiter der Abteilung Technik der Kantonspolizei Baselland.
Die Geschäftsprüfungs-Kommission unter dem Vorsitz von Landrat Hanspeter Weibel (SVP) hatte im Juni letzten Jahres von einer BUD-Quelle den Hinweis erhalten, ausgemusterte Fahrzeuge seien "auf nicht nachvollziehbare Weise an Mitarbeitende des Kantons verkauft" worden. Bei Buchung und Verkauf seien "geltende Richtlinien verletzt" worden. Dabei soll es sich nach OnlineReports-Informationen um Nutzfahrzeuge, aber teilweise auch um ausgediente Polizeifahrzeuge "mit über 140'000 Fahrkilometern" gehandelt haben, die kaum noch einen Marktwert gehabt hätten.
In 14 Fällen keine Verkaufsbelege
36 Fahrzeugverkäufe, die in einem Ordner "teildokumentiert sind, aber nicht im üblichen Rahmen abgewickelt wurden" (so der Bericht) wurden durch die Finanzkontrolle untersucht. Diese stellte "in allen geprüften Sachverhalten signifikante Mängel" fest. Die praktizierte Situation erleichtere "dolose Handlungen" (damit sind strafbare gemeint) und erschwere deren Aufdecken.
Als die GPK weiter in die Tiefe drang, erkannte sie, dass bei 14 der 36 untersuchten Fahrzeugen "keine Verkaufsbelege beigebracht" werden konnten. Mehr noch: Aus Dokumenten der Motorfahrzeugkontrolle ging ausserdem hervor, dass sieben der 14 nicht dokumentierten Fahrzeugverkäufe "an eine Person der BUD, deren Familienangehörige und eine Garage" erfolgten, die "regelmässig Reparaturaufträge für die Kantonsfahrzeuge ausführt". Um welche "Person" es sich dabei handelte, dokumentiert der Bericht nicht. Kommissionspräsident Weibel machte dafür gegenüber OnlineReports persönlichkeitsrechtliche Gründe geltend.
Noch rasch auf Staatskosten repariert
Problematisch und gegen eine interne Weisung aus dem Jahr 2010 verstossend ist insbesondere der Verkauf an Familienangehörige. Denn in dieser Weisung heisst es, ausgemusterte Fahrzeug sollten "primär an Mitarbeitende der kantonalen Verwaltung" verkauft werden, und zwar "ab Platz" – also im Zustand, in dem sie sich zu diesem Zeitpunkt befinden. Zu welchem Preis die Autos die Hand wechselten, konnten die Geschäftsprüfer nicht ermitteln, weil keine Belege vorhanden waren.
Ob an solchen Fahrzeugen kurz vor dem Verkauf noch Reparaturen auf Kosten des Staates ausgeführt wurden, geht aus dem GPK-Report nicht hervor, lässt sich aber zwischen den Zeilen herauslesen. Hingegen steht fest, dass Direktionsvorsteherin Pegoraro diese Weisungen nicht bekannt waren, wie sie heute Donnerstag auch gegenüber OnlineReports einräumte.
Die Einschaltung der Staatsanwaltschaft
"Diese Weisung entstand vor meiner Zeit", sagte die Politikerin. Der Bereich Fahrzeugwesen sei tatsächlich "nicht sauber abgewickelt" worden. Aber es sei "Stand heute zu keinen rechtswidrigen Handlungen" und zu "keinen finanziellen Nachteilen für den Kanton" gekommen. Dennoch stimme die Regierung den diesbezüglichen GPK-Empfehlungen zu: Nachvollziehbare Dokumentation, keine nicht betriebsnotwendigen Reparaturen vor einem absehbaren Verkauf und die Hinterfragung des Betriebs einer kantonseigenen Garage. Seit kürzerer Zeit erfolgt der Verkauf staatlicher Occasions-Fahrzeuge über den Verwertungsdienst der Sicherheitsdirektion.
Die Frage von Disziplinarmassnahmen wirft der Bericht nicht auf. "Dies liegt nicht an uns", sagte Weibel unter Hinweis auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft. Allein die Tatsache, dass die Kommission die Strafverfolgung einschaltet, lässt den Schluss zu, dass die landrätliche Oberaufsicht einen starken Verdacht hat.
Plenums-Debatte am 8. Februar
Ein anderer Zweig des Berichts betrifft personelle Verwerfungen. So nannte die von der GPK involvierte Finanzkontrolle in ihrem Entwurf eines Berichts an die Spitze der Baudirektion die Namen von direktionsinternen GPK-Informanten und lieferte sie so gewissermassen ans "Messer" ihrer Vorgesetzten. Dubios und im Bericht nicht plausibel dokumentiert ist ausserdem die scheinbar überraschende Entlassung einer über 25 Jahre bei der BUD arbeitende "Person", die 2016 mit der Überprüfung von Sparpotenzial in der Staats-Garage beauftragt wurden war, und der im selben Jahr ein "positives Zwischenzeugnis" ausgestellt worden war.
Der GPK-Bericht wird bereits in der kommenden Landratssitzung vom 8. Februar debattiert werden. Es dürfte eine harte Auseinandersetzung geben – auch um die Geschäftsprüfer. So war aus Kreisen des Freisinns, dem Pegoraro angehört, heute zu erfahren, dass sich der für sein scharfes Auftreten bekannte GKP-Präsident Weibel gegenüber dem Staatspersonal als "Anhörer für Whistleblower" anbiete, was nicht statthaft sei.
Teflon-Frau Pegoraro: Kein Rücktritt
Kaum war gestern Mittwoch der GPK-Bericht veröffentlicht, publizierte die Regierung eine kritische, ja teilweise distanzierende "erste Stellungnahme". Darin schien es ihr angezeigt, "präzisierende Regelungen" zur Oberaufsicht des Landrates zu erlassen. Dies gelte "insbesondere für die Befragung von Mitarbeitenden, für die Information und den Einbezug der Direktionsvorstehenden bei laufenden Untersuchungen, für die Einsichtnahme in Personaldossiers sowie für die Wahrung der gesetzlich verankerten Unabhängigkeit der Finanzkontrolle".
Personell im Fokus wird Regierungsrätin Pergoraro stehen. Auf die OnlineReports-Frage, ob sie sich aufgrund der mittlerweile unbestrittenen Mauscheleien in der Staats-Garage mit dem Rücktritts-Gedanken trage, sagte Pegoraro, an der landrätliche Kritik wie an einer dicken Teflonplatte abzuprallen scheint: "Ich habe im Moment keinen Anlass dazu. Wir warten jetzt darauf, was die Staatsanwaltschaft herausfindet."
25. Januar 2018
Weiterführende Links:
"Wird aus Teflon auf Pegorarit?"
Als Chemiker kann ich bestätigen, dass Teflon ein sehr edler, chemikalienresistenter und biopolitisch nicht abbaubarer Kunststoff ist. Bei Dow-DuPont hat man sich kürzlich überlegt, Teflon auf Pegorarit umzubenennen!
Raffaello Masciadri, Münchenstein
"Generell grobfahrlässig"
Wer Fahrzeuge ohne Beleg mit genauen Angaben des Fahrzeugs kauft oder verkauft, handelt generell grobfahrlässig. Wenn das dann noch durch einen Staatsbetrieb geschieht, ist das ganze Geschäft schon sehr undurchsichtig. Bei eventuellem Diebstahl oder Weiterverkauf kann der Käufer nicht belegen, dass das Fahrzeug überhaupt ihm gehört oder ob es eventuell auch schon gestohlen wurde usw. Man kann nur hoffen, dass die ganze Angelegenheit "korrekt" abgeklärt wird.
Hanspeter Berger, Basel