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"Offener Gesamtcharakter": FCB-Trainingswiese, Sichtschutz
Nylon-Sichtschutz um Trainings-Platz der FCB-Profis soll fallen
Der Gemeinderat von Münchenstein macht für seine Forderung zonenrechtliche Gründe geltend – Investitionsfolgen für Landbesitzer Basel-Stadt
Von Peter Knechtli
Wenn die Star-Kicker des FC Basel in der Brüglinger Ebene trainieren, bleibt das Auge der Öffentlichkeit und der Medien draussen. Dafür sorgt ein grüner Sichtschutz rund um die beiden Trainingsfelder. Jetzt verlangt die Standortgemeinde Münchenstein die Entfernung dieser Nylonwand – weil sie nicht den Zonenvorschriften entspricht.
Die erste Mannschaft des FC Basel trainierte während Jahren im südlichen Teil der Brüglinger Ebene – so zum Beispiel in der Zeit von Christian Gross. Die Trainingsfelder der Stars befanden sich auf öffentlichem Grund im südlichen Teil der Birs-Ebene – und sie liessen Volksnähe zu: Passanten konnten aus Distanz mitverfolgen, wie sich die Stars fit hielten und wie sie neue Finten einstudierten.
Sousa Vorhang vor dem Clubhaus
Als der FCB-Campus mit seinen fünf Spielplätzen entstand, mussten die Trainingsfelder 10 und 11 der Stamm-Mannschaft weichen. Seit rund drei Jahren gehören die Felder 19 und 20 entlang der "Grossen Allee" südlich des Gartenbads St. Jakob exklusiv den Top-Spielern und ihren Trainern, wie auch ein Schild "Rasenfläche gesperrt, Sportamt Basel-Stadt verrät.
Seit rund drei Jahren ist der Zaun rund um die beiden Spielfelder mit einem rund zweieinhalb Meter hohen grünen Nylon-Sichtschutz versehen. Trainer Paulo Sousa – allenfalls schon Vorgängern ab Heiko Vogel – war es ein Anliegen, die "heiligen Plätze" (so ein Nutzer der Nachbarschaft) optisch komplett abzuschirmen. Selbst vor dem direkt angrenzenden Clubhaus des FC Polizei (FCP) liess Sousa einen Vorhang spannen und die Türen auf den Rasen verriegeln.
Im Widerspruch zu Zonenvorschriften
Dies weniger aus Angst davor, dass sportive Spione die Mannschaft beim Einstudieren neuer Winkel und Spielzüge beobachten. Vielmehr, so ist aus dem FCB-Umfeld zu erfahren, gehe es darum "ungestört und in Ruhe" trainieren zu können oder sich ohne Einfluss von aussen einen Probespieler anschauen. Der Grad der erlaubten Volksnähe, sei sehr vom einzelnen Trainer abhängig.
Doch was bisher geduldet wurde, gilt nicht mehr: Die Gemeinde Münchenstein, auf deren Bann die dem Kanton Basel-Stadt gehörenden Trainingsplätze liegen, gab den Tarif durch. In einem eingeschriebenen Brief an Immobilien Basel-Stadt (IBS) vom 11. Juni 2014 verlangte die kommunale Bauverwaltung, der Sichtschutz müsse innerhalb von drei Wochen entfernt werden. Die Zeit zog ins Land und Sousa zum FCB. Ende März hakte der Münchensteiner Bauausschuss nach: Die grüne Nylonwand widerspreche den Zonenschutz-Spezialvorschriften in der Brüglinger Ebene und müsse weg. So soll der "offene Gesamtcharakter der vorhandenen Landschaft für alle Nutzer erlebbar bleiben" – also keine Trainings-Privilegien für die Fussball-Profis.
Basel-Stadt muss Verfügung umsetzen
Bis heute ist der Sichtschutz-Hader nicht gelöst. Peter Howald, der Leiter des Basler Sportamts, als staatlicher Kontaktmann zum Platz-Mieter FC Basel zwischen Hammer und Amboss, setzte alle Hebel in Bewegung, um einerseits die Fussball-Ikonen nicht madig zu machen und anderseits auch den Ansprüchen der Standortgemeinde gerecht zu werden. Denn, so Howald zu OnlineReports: "Wir sind verpflichtet, die Entfernungs-Verfügung der Gemeinde Münchenstein durchzusetzen." Am besten, dachte er, wäre es, wenn Club-Chef Bernhard Heusler direkt das Gespräch mit Münchenstein suchte, um für das Sichtschutz-Anliegen des Trainers zu werben. Doch ein solches Gespräch, erfuhr OnlineReports aus sicherer Quelle, "hat bisher nicht stattgefunden".
Das Thema ist nicht ohne Delikatesse, auch wenn alle Beteiligten auf eine "allseits gütliche Lösung" hoffen. Vom FC Basel wollte niemand zitierbar zur Entwicklung oder möglichen Lösungsansätzen Stellung nehmen. So lässt sich nur spekulieren, dass es möglicherweise auch ums Geld geht.
Beträchtliche Investitionen absehbar
Denn Münchenstein steht laut Stefan Friedli, dem Geschäftsleiter der Gemeindeverwaltung Münchenstein, in "konstruktiven Gesprächen" mit Immobilien Basel-Stadt. Falls die staatliche Liegenschaftsverwaltung, wie angedacht, der Baselbieter Nachbargemeinde ein plausibles Konzept für einen natürlichen Sichtschutz vorlegt, wäre Münchenstein bereit, die derzeitige Nylonschutz-Lösung noch drei weitere Jahre zu tolerieren. Friedli kann sich eine Einsäumung der Trainigsfelder mit Pflanzen und eine "leichte Verschiebung" der Plätze Richung Birs vorstellen.
Christian Mehlisch, im Portfolio-Management von Immobilien Basel Leiter des Verwaltungsvermögens, ist "zuversichtlich" und "nicht interessiert, auf Konfrontationskurs zu gehen". Zu OnlineReports sagte er: "Wir werden noch dieses Jahr mit Studien beginnen, auf welche Weise ein Sichtschutz legal möglich ist." Für Mehlisch aber ist heute schon klar, dass die von Münchenstein gewünschte Lösung "grössere bauliche Veränderungen" mit entsprechenden Kosten erfordert.
Als Bauherr würde der Kanton Basel-Stadt auftreten. Vermutlich müsste der Grosse Rat den Kredit-Beschluss fällen. Offen ist die Frage, wie weit und ob überhaupt sich Basel-Stadt an allfälligen Folgekosten beteiligen müsste, da die Herstellung von Sichtschutz für einen privaten Sport-Club keine staatliche Aufgabe ist.
Vielleicht sind auch die absehbaren Kosten ein Grund dafür, dass sich derzeit keine der beteiligten Parteien frühzeitig als freudiger "Investor" zu erkennen geben will.
16. Juni 2015