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"Zunehmende Akademisierung": Baselbieter FDP-Liste
Baselland: FDP will die "Partei der Lebens-Chancen" sein
Die Baselbieter Nationalrats-Kandidierenden setzen auf Selbstverantwortung statt Diktat
Von Peter Knechtli
Die FDP Baselland wittert die Chance auf Macht-Zuwachs: mit Nationalrätin Daniela Schneeberger als Ständerätin und einem neuen Gesicht in der Grossen Kammer. Heute Mittwochmorgen stellten sich die sieben Kandidierenden auf dem "Dreispitz" vor.
Das Transformations-Areal "Dreispitz" wählen die Freisinnigen für ihre Präsentation aus, weil es "sinnbildlich" dafür sei, "wie aus Chancen Entwicklung und Fortschritt werden kann", wie Wahlkampfleiter Ferdinand Pulver ausführte. Die "Oslo-Studios" seien der geeignete Ort, wo die Kandidierenden "Lösungsansätze zu aktuellen Herausforderungen" der Bundespolitik vorstellen.
Wie bei solchen thematisch breit gefächerten Wahlveranstaltungen üblich, ist es kaum möglich, die Lösungen der dringendsten Probleme auf den Punkt zu bringen. Vieles bleibt dann eben doch im Allgemeinen oder Deklamatorischen.
Wie halten Sie's mit der Ölheizung?
OnlineReports versuchte in der Fragerunde, den Kandidierenden bezüglich der Senkung der CO2-Grenzwerte ab 2023 auf den Zahn zu fühlen, wie es die Umweltkommission des Ständerats anstrebt, was für zahlreiche Besitzer von Ölheizungen das Ende ihres traditionellen Heizsystems bedeutete. Die Antworten zeigten klar, dass dieser kurze Zeitraum knapp sei. Angemessener sein ein Zeitraum von zehn Jahren, wobei der Konsens darin bestand, dass das Ende des Lebenszyklus einer fossil befeuerten Heizung vernünftig wäre.
Nationalrätin Daniela Schneeberger, die auch für den Ständerat kandidiert, bekannte sich zu einer fortschrittlichen und vernünftig regulierten Klimapolitik und pries die kantonale Umweltpolitik unter freisinniger Führung, die ihren Leistungen "ohne Diktat" erreicht habe. Die Thürner Politikerin pries sodann die FDP als "einzige Partei der Schweiz, die eine positive und konstruktive Zukunftsvision hat und nicht auf die Angst und Entmündigung des Bürgers setzt".
Ganz im Sinne des "Forderungskatalogs Mobilität", den lokale Gewerbevereine am Morgen an die Regierung eingereicht hatten, setzte sich die Allschwiler Gemeindepräsidentin Nicole Nüssli dafür ein, "die Mobilität zu erhalten und nicht zu behindern". Die FDP setze sich deshalb für das "Hochleistungs-Strassennetz NWCH2040+" ein, um den Strassenverkehr zu verflüssigen. Gleichzeitig sei aber auch klar, dass der motorisierte Verkehr "ein grosser Mitverursacher der CO2-Immissionen" sei. Deshalb müssten neue Technologien eine "CO2-arme Mobilität" ermöglichen.
Ein Hoch auf Gebäudesanierungen
Auch Landrat Marc Schinzel befasste sich mit der Umwelt insofern, als er die Energie-Effizienz im Wohnbereich steigern will. So setzten die Gebäudesanierungs-Programme "einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Nationalen Klimaziele". Die Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe müsse laufend den Zielvorgaben entsprechend angepasst werden. Dadurch würden Anreiz geschaffen, um auf nicht-fossile Wärmeerzeugung umzustellen. Die wettbewerbsfähigen Technologien seien vorhanden.
Die Bedeutung der von vielen Staaten als Vorbild gelobten dualen Berufsbildung in der Schweiz – gewerblich und universitäre Ausbildung – strich Christoph Buser, der Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, hervor. Die demografische Entwicklung und die "zunehmende Akademisierung" führe jedoch dazu, dass viele Unternehmen nicht mehr genügend Lernende finden. Buser plädierte für eine weitere Stärkung der dualen Berufslehre und eine "adäquate Berücksichtigung der Berufsbildung in der Bundesfinanzierung".
Keine Grundversicherung für Bagatellkrankheiten
Die Sicherung der Altersvorsorge thematisierte Landrat Balz Stückelberger. Da das jährliche Umlagedefizit der AHV von heute einer Milliarde auf 7,5 Milliarden Franken im Jahr 2030 steigt, müsse in der kommenden Legislatur der Reform-Stau beseitigt werden. Diese Reform dürfe jedoch "den Generationenvertrag nicht weiter strapazieren". Es dürfe "nicht einfach mehr Geld ins System pumpen". Vielmehr liege die Lösung in der Flexibilisierung und Individualisierung des Rentenalters und in neuen Arbeitszeit-Modellen.
Der Reinacher Gemeindepräsident Melchior Buchs erkennt "falsch gesetzte Anreize auf der Angebotsseite". So sei es falsch, Bagatellkrankheiten wie beispielsweise den Arztbesuch wegen einer Grippe durch die Grundversicherung zu finanzieren, so seine brisante Forderung. Diese müssten allenfalls in die Zusatzversicherung übertragen werden. Bezug nehmend auf das heute bekannt gewordene Bewerbungsverfahren für die angestrebten gleichlautenden Spitallisten in beiden Basel forderte Buchs, der Kanton müsse sich auf die Regulierung beschränken und die Leistungen den Privaten überlassen.
Für 16 Wochen Elternurlaub
Einer "Chancen-Gesellschaft, die ermöglicht statt verbietet", und einer modernen Arbeitswelt sprach Landrätin Saskia Schenker das Wort. Die FDP-Kantonalpräsidentin nannte es eines ihrer zentralen Ziele, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. In diesem Zusammenhang erachtet sie den Vaterschaftsurlaub als Lösung, die "traditionelle Rollenbilder zementiert". Die Mutterpartei fordert deshalb in einer Motion, den bestehenden Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen durch einen flexiblen Elternurlaub von 16 Wochen zu ersetzen, in den sich Mutter und Vater nach individueller Präferenz teilen können.
Bild von links: Melchior Buchs, Nicole Nüssli, Balz Stückelberger, Daniela Schneeberger, Saskia Schenker, Christoph Buser, Mark Schinzel
4. September 2019