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"Mit Überzeugung und Leidenschaft": Kandidat Thomi Jourdan*
Kampf der Partei-Christen: Thomi Jourdan fordert Lauber heraus
Überraschungs-Coup: Die Wahlverlierer bringen einen jungen, aber erfahrenen EVP-Politiker als Regierugnsrats-Kandidat
Von Peter Knechtli
Schon ging ein Gejammer durch die politischen Reihen: Am 9. Juni könnte CVP-Kandidat Anton Lauber als neuer Baselbieter Regierungsrat durchgewunken werden. Jetzt präsentiert sich die Lage plötzlich delikat: Mitte-Links lanciert in einem Überraschungs-Coup das EVP-Polit-Talent Thomi Jourdan.
Es herrschte gestern Sonntag sehr aufgeräumte Stimmung in den Baselbieter Parteien SVP, FDP und CVP: Eben hatte SVP-Kandidat Thomas Weber seinen sozialdemokratischen Gegenkandidaten Nationalrat Eric Nussbaumer, glanzvoll geschlagen. Und schon heute Montagnachmittag herrschte aufgeräumte Stimmung im Lager der gestrigen Verlierer um die Parteien SP, Grüne, Grünliberale und EVP: Sie holten zu einem veritablen Überraschungsschlag gegen die schon als nahezu gesicherte Wahl Laubers an: Sie zauberten, was schon vor Wochen eingefädelt worden war, den 38-jährigen EVP-Politiker Thomi Jourdan aus dem Hut. Sein Wahlplakat ist schon fixfertig entworfen.
Eine geheime Operation
Dass der verheiratete Vater von vier Kindern in der Ersatzwahl um die Nachfolge des im Amt verstorbenen Peter Zwick (CVP) den Kampf gegen den Allschwiler Gemeindepräsidenten aufnimmt, damit hatte niemand gerechnet. Doch jetzt erhält der am rechten Flügel der CVP politisierende Lauber ernsthafte Konkurrenz aus der christlichen Mitte: Der um eine halbe Generation jüngere Jourdan verfügt trotz seines jungen Alters über eine lange politische Erfahrung. Und eigentlich wunderten sich heute viele, weshalb das eloquente Politik-Talent nicht schon früher als Bewerber für ein kantonales Exekutivamt zur Diskussion stand.
Jourdan sass schon achte Jahre im Landrat. Derzeit ist er im Muttenzer Gemeinderat zuständig für Hochbau und Planung. Der gelernte Ökonom, der schon sieben Jahre als Streetworker gearbeitet hatte, ist heute Personalchef im Basler Felix Platter Spital.
Jourdan sprühte vor Begeisterung
Wie frisch aus dem Mental-Training gepellt, stand er heute Nachmittag vor den verdutzten Medien. Jourdan schilderte in unverkennbarer Begeisterung, wie vor einigen Wochen die drei Parteipräsidien der SP, der Grünen und der Grünliberalen bei ihm die Bewerbungs-Bereitschaft sondierten. Es habe dann schon einige Tage Überlegung gebraucht. Aber dann habe er festgestellt, dass "ich durchaus berufliche, politische, fachliche und auch persönliche Kompetenzen mitbringe, um mich für das Amt bestens zu qualifizieren".
Jourdan schätzte seine Kandidatur realistisch ein: "Was wir hier tun, ist, das Realistische zu wagen." Mit dem heutigen Tag starte "ein grosser Wettlauf mit einem zweiten Läufer". Sein Rückstand auf Lauber sei noch "signifikant". Aber er gebe "mit Überzeugung und Leidenschaft alles, um den Rückstand in den sieben verbleibenden Wochen aufzuholen".
Der "idealtypische Mitte-Politiker" und "leidenschaftliche Familienvater" (Jourdan über Jourdan) sagte, es werde schwer sein, ihn den kommenden Wochen "in ein bestimmtes politisches Schächtelchen zu legen". Spätestens seit gestern Sonntag sei klar, "dass das, was wir wirklich brauchen, eine echte Mitte-Politik ist". Dann folgte eine klare Spitze geben Lauber: "Es fehlt einen echten Mitte-Politiker, der sich nicht auf der Basis von Absprachen, Parteien-Päckli und Postenschacher aufstellen lässt."
Ideologiefreie Agenda
Was Jourdan als ehemaliges Mitglied der landrätlichen Finanzpolitik über seinen Bildungs-Hintergrund – im Studium Schwerpunkt Gesundheitsökonomie und Unternehmensfinanzierung – und seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen ausbreite, hörte sich wie eine Referenz an die beiden zu besetzenden Departement Gesundheit/Wirtschaft und Finanzen an. Als Muttenzer Exekutiv-Politiker vertrete er heute schon zentrale Dossiers zum Thema Raumplanung, Standortentwicklung und Wirtschaftsförderung. Als Kadermitglied eines Spitals kenne er die Herausforderungen der Finanzierung und der Verselbständigung von Spitälern oder der "Ökonomisierung der Medizin" aus erster Hand.
Vor allem wirtschaftliche Schwerpunkte will Jourdan im Wahlkampf setzen: Verbesserung der Kantonsfinanzen, Wirtschafts- und Standortpolitik, Gesundheitspolitik sowie Familien- und Bildungspolitik. Die Umweltpolitik kam in seiner ideologiefreien Agenda-Schilderung so gut wie nicht zur Sprache.
Nomination zu später Nachtstunde
Zwar wurde Jourdan letzten Freitag "zu später Nachtstunde" durch den Vorstand seiner Partei als Kandidat offiziell nominiert. Auch hat er den Support der Präsidien von SP, Grünen und GLP. Deren Basis wird aber Nomination noch abzusegnen haben.
EVP-Präsident Urs von Bidder präsentierte Jourdan an einer Medienkonferenz in Liestal als "idealen Kandidaten aus der politischen Mitte". Mit seiner "Gegenkandidatur" soll dem Volk eine "wirkliche und demokratische Wahl ohne Absprachen und Päckli" ermöglicht werden.
Brisanter Hintergrund
Die Jourdan-Kandidatur ist nicht nur bemerkenswert, weil zwei Partei-Christen gegeneinander antreten. Brisante Züge nimmt sie an, weil damit zwei Kandidaten von Parteien in den Wahlkampf ziehen, die im Landrat in eine gemeinsame Mitte-Fraktion bilden. Seit sich die Acht-Prozent-Partei CVP Anfang Jahr ohne Absprache mit den drei Mitte-Partner-Parteien in eine Allianz mit SVP und FDP einbinden liess, knistert es im Gebälk der sogenannten "Starken Mitte", insbesondere bei Grünliberalen und der EVP.
Die traditionell schüchtern auftretende EVP ist heute bereit, zu zeigen, das "wir nicht mehr der Juniorpartner der CVP sind", wie sich von Bidder pointiert ausdrückte, und punkto Nicht-Absprache Gegenrecht zu beanspruchen. Von Bidder rechnet sogar damit, dass die Kandidatur Jourdan zu einer "Belastungsprobe in der Mitte-Fraktion" führen werde: "Die CVP wird ganz sicher mit uns diskutieren." Dies wäre auch nachvollziehbar: Es könnten der Baselbieter CVP, die sich laut SP-Präsident Martin Rüegg "aus der Mitte davon geschlichen hat", Zeiten bevorstehen, in denen sie auf die allein gelassenen Mitte-Partner dringend angewiesen ist.
Geplant ist ein Wahlkampf mit einem Budget von 30'000 bis 50'000 Franken, woran sich alle vier Parteien nach Massgabe ihrer Finanzkraft beteiligen. Es hätten sich, so Jourdan, auch schon Unternehmen bereit erklärt, in den Wahlkampf zu investieren.
* mit Vorsitzenden Urs von Bidder (EVP) und Florence Brenzikofer (Grüne)
22. April 2013
Weiterführende Links:
"So einer tut der Baselbieter Regierung nur gut"
Alleine schon wegen seinem Optimismus und seiner Courage gehört Thomi Jourdan gewählt. Politische Erfahrung auf der BL-Bühne hat er ja, weiss also was auf ihn zukommt. So einer tut der Baselbieter Regierung sicher nur gut. Kommt noch dazu, dass er mit seiner ehrlichen Einstellung wählbar ist von Links bis Rechts, also kein sturer Parteisoldat ist. Also noch ein gutes Argument dass er gewählt gehört.
Bruno Heuberger, Oberwil
"Basel-Landschaft tickt halt doch anders"
Bilden im Baselbiet die "politische Mitte" neben der EVP und GLP nun die SP mit den Grünen? Basel-Landschaft tickt halt doch anders als Basel-Stadt.
Heiner Vischer, Riehen