© Fotoy by Peter Knechtli, OnlineReports.ch
"Hoher Output": Neue Sicherheitsdirektorin Schweizer, Generalsekretär Mathis
"Wir treten dann in Aktion, wenn es schwierig wird im Leben"
Seit 110 Tagen Baselbieter SP-Regierungsrätin: Kathrin Schweizer, Sicherheitsdirektorin
Von Peter Knechtli
Die neue Baselbieter Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer hat für die SP den SP-Sitz in der Regierung zurück erobert: Jetzt sitzt sie seit 110 Tagen auf dem obersten Sessel der Polizei- und Justizverwaltung. Dort scheint es ihr sichtlich zu behagen, wie ihre Bilanz am ersten Medien-Autritt als Regierungsrätin heute Freitagmorgen zeigte.
Seit dem 1. Juli werden im Baselbiet zwei staatliche Direktionen von neuen Regierenden geführt: Der bisherige grüne Sicherheitsdirektor Isaac Reber löste die freisinnige Sabine Pegoraro an der Spitze der Bau- und Umweltschutzdirektion ab, während die neu gewählte Kathrin Schweizer Rebers Nachfolge als Sicherheitsdirektorin antrat und damit die vierjährige Oppositionsrolle der SP beendete.
Ein Früh-Stück für Medienschaffende
Die beiden 100 Tage-Bilanzen von Reber und Schweizer hätten unterschiedlicher nicht sein können: Während Raumplaner Reber mit seiner achtjährigen Regierungserfahrung lustvoll dozierte, wie er die Herausforderungen der regionalen Raumplanung besser meistern möchte, liess es die Muttenzer Biologin Schweizer bei einigen flott vorgetragenen Ausführungen und Antworten anlässlich eines Früh-Stücks zu für Medienschaffende ungewohnter Morgendstund' bewenden. Schauplatz war der edle Bau des Baselbieter Staatsarchivs.
Es war nicht die Zeit der schlagzeilenträchtigen Ankündigungen. Es war vielmehr der Versuch, die Erfahrungen beim Betreten von Neuland zu schildern, ohne dabei schon Erwartungen zu wecken in einem nicht einfachen Teil staatlichen Handelns: "Wir treten dann in Aktion, wenn es schwierig wird im Leben."
"Gut geölte Maschinerie übernommen"
Während in Rebers Bau- und Umweltschutzdirektion offensichtlich Auf- und Nachholbedarf besteht, kann sich Schweizer in ein gemachtes Nest setzen, wie sie es auf ihre Weise erklärte: In ihren Jahren als Landrätin habe sie die Sicherheitsdirektion "immer als gut aufgestellt" wahrgenommen. Dieser Eindruck habe sich jetzt, seit sie dieser Direktion selbst vorsteht, bestätigt. Sie habe "eine gut geölte Maschinerie mit einem hohen Output übernommen". Es sei "nicht falsch, an dieser Stelle meinem Vorgänger Isaac Reber für die letzten acht Jahre zu danken".
Nicht falsch ist vermutlich auch die Annahme, dass Schweizer und Reber in der Regierung gut ticken. Und wenn man weiss, dass auch zwischen Reber und Finanzdirektor Anton Lauber (CVP) die Chemie stimmte und stimmt, dürfte die Annahme nicht falsch sein, dass sich Rot-Grün in der neuen Amtsperiode zumindest gelegentlich mit ihren Anliegen in der Regierung wird durchsetzen können.
Stephan Mathis, die Graue Eminenz
Anders als Reber, dessen Generalsekretärin Katja Jutzi am Medientisch sass, nahm sich Kathrin Schweizer ihren Generalsekretär Stephan Mathis zur Seite. Dieser Verwaltungsjurist und Hintergrundlenker war schon rechte Hand mehrerer Regierungsräte, und keiner kennt die Direktion und vielleicht sogar die gesamte Exekutive besser als er.
"Ich bin sehr froh, mit Stephan Mathis einen so kompetenten, engagierten und auch äusserst loyalen Mitarbeiter zu haben", äusserte sich Schweizer anerkennend über den mittlerweile 64-jährigen Kadermann, der ihr eine grosse Stütze sein wird. Wie lange er allerdings die Rolle als "graue Eminenz" noch spielen kann und will, ist offen. Wie er sich heute verlauten liess, mag er gern noch etwas über sein Pensionsalter hinaus arbeiten. Die Altersgrenze im Kanton liegt bei 70 Jahren.
Erste Rapporte und Frontbesuche
Mathis war auch der Regisseur von Schweizers Einführung in den Direktions-Alltag, wozu der Ferien-Sommer in Form von Rapporten und Frontbesuchen reichlich Gelegenheit bot. So war die neue Regierungsrätin schon Zeugin einer ungeplanten Verhaftung, einer "feinfühligen Intervention" bei einer suizidgefährdeten Person, bei einem sogenannten "Aussergewöhnlichen Todesfall", dessen Abkürzung AgT sich die Chefin schon einverleibt hat. "Sogar von einem Polizeieinsatz bei einem Hochrisiko-Spiel im 'Joggeli' konnte ich mir schon ein Bild machen."
Nur vage äusserte sich die neue Direktions-Chefin hingegen zu den Kosten von 1,5 Millionen Franken durch Polizeieinsätze an FCB-Spielen, die die Baselbieter Staatskasse jährlich belasten. Sie verwies auf die Bedeutung des FCB und das Territorial-Prinzip, wonach der FCB mit Basel-Stadt verhandelt. Das Hauptproblem seien "die Züge, die irgendwo angehalten werden und den Bahnverkehr unterbrechen". Die 1,5 Millionen Franken seien "ein hoher Betrag und ich wäre froh, er wäre tiefer", blieb sie im Unverbindlichen.
Enge Kooperation der Passbüros
Immerhin konnte die Spitzenpolitikerin mit einer kleinen Neuigkeit aufwarten: Die Passbüros in Liestal und Basel arbeiten so eng zusammen, dass Baselbieter spätestens ab 2021 ihre Ausweise in Basel (Spiegelhof) ausstellen lassen können – und umgekehrt Basler Bewohnende in Liestal. Somit kann die Forderung eines Postulats von CVP-Landrat Markus Dudler aus dem Jahr 2017 erfüllt werden. Die Umsetzung verzögert sich, weil der Bund seine Biometrisierungs-Stationen schweizweit ersetzen muss.
Der Ausbau digitaler Dienstleistung betrifft die gesamte Verwaltung. So ist Online-Betrieb schon mit der Motorfahrzeugkontrolle in Münchenstein möglich oder ab 2020 mit dem One Stop-Shop der Zivilrechts-Verwaltung in Arlesheim.
Zwei wichtige Personalentscheide
Es liegt in der Natur der Sache, dass die neue Sicherheitsdirektorin keine Geschäfte präsentieren konnte, die bereits ihre Handschrift tragen. Sie wolle sich deshalb auch nicht mit fremden Federn schmücken. Allerdings wird sie sich in absehbarer Zeit mit zwei wesentlichen Personalentscheiden befassen müssen, weil Arxhof-Direktor Peter Ulrich und Gerhard Mann, Leiter des Amtes für Justizvollzug, nächstes Jahr in Pension gehen.
Das mit dem offenen und geschlossenen Bereich neu aufgestellte Massnahmenzentrum Arxhof funktioniere heute "sehr gut", sagte Schweizer. Ein Problem sei noch die geringe Auslastung des offenen Teils und die grosse Nachfrage nach dem bloss acht Plätze starken geschlossenen Teil. Die derzeitige Belegung von gut dreissig Pensionären sei "nicht aussergewöhnlich und auch schon tiefer gelegen", ergänzte Mathis. Dies sei nicht negativ zu bewerten, weil die Kriminalität gesamtschweizerisch rückläufig sei. Auch die Belegung der Gefängnisse sei vergleichsweise tief.
Kampf gegen Cyber-Kriminalität
Weiter will Schweizer die schon unter Reber erfolgreich verstärkte Bekämpfung der Einbruchs-Kriminalität fortführen. Der grösste Effort steht im Bereich der Bekämpfung der Internet-Kriminalität bevor: In den kommenden vier Jahren sollen Polizei und Staatsanwaltschaft um 16 dafür spezialisierte Stellen verstärkt werden.
Mehr über den Autor erfahren
18. Oktober 2019
Weiterführende Links: