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"Ihr habt richtig Schwung": Oberbaselbieter CVP-Aktivisten, Partei-Chef*
CVP will weissen Fleck Oberbaselbiet orange einfärben
Im Sissacher SVP-Stammlokal gründeten die Christdemokraten eine Sektion Oberbaselbiet
Von Peter Knechtli
Moralischen Support aus dem fernen Bern brachte CVP-Präsident Christophe Darbellay nach Sissach: Hier – genau in der Mitte zwischen Lausen und Gelterkinden – wurde heute Mittwochabend die CVP-Sektion Oberbaselbiet gegründet.
Es war eine Aufgabe, zu der sich jeder Parteipräsident immer wieder gern überreden lässt: Star-Gast an einer Gründung einer lokalen Sektion draussen an der Basis zu sein. Kommendes Wochenende wird er diese Pflicht im Lötschental absolvieren. Heute Mittwochabend war er ins Baselbiet gepilgert: "Christophe Darbellay kommt", kabelte es bedeutungsschwanger während der Akquisitionsphase im Vorfeld dieses geschichtsträchtigen Anlasses.
Ein proppevolles "Sonnen"-Säli
Der trickreiche Walliser Parteichrist war ganz glücklich, dass seine Kantonalsektion die Gründungsversammlung der "Sektion Oberbaselbiet" weder in einer Telefonkabine noch in einem zu üppigen Lokal abhielt - sondern in einem für Events dieser Art geradezu massgeschneiderten Säli, das einem vorkommt wie eine Kleidung aus den Jugendjahren: Etwas zu knapp für das alles, was da herein will.
Aber was für ein Säli – Lokalsuche ist Prgrogramm – hatten sich die pfiffigen CVP-Protagonisten ausgesucht: Ausgerechnet jenes im ersten Stock der Sissacher "Sonne", dem bisher von fremden Eindringlingen verschonten Stammlokal der SVP, dessen Kantonalpräsident die CVP in diesen Gemäuern schon als "Halbschuh-Partei" bezeichnet haben soll.
Und wer da alles herein wollte und nach einem Stuhl rangelte: Partei-Patron Christophe aus Bern, die Binninger Nationalrätin und Kantonalpräsidentin Kathrin Amacker, ja gar (direkt aus der Grossratssitzung) der Basler CVP-Präsident Markus Lehmann, dann CVP-Regierungsrat Peter Zwick mit seinem Strategie-Berater Klaus Kocher, Landratsfraktions-Präsidentin Elisabeth Schneider, der Basler Stadtgärtner und Prattler Einwohnerrat Emanuel Trueb, die abtretende und die nachfolgende CVP-Geschäftsführerin, Katrin Bartels und Christina Inglin-Hauser, der einst rühige und mittlerweile über achtzigjährige Gelterkinder CVP-Gemeinderat Gerold Heim, der damals ziemlich einsam, aber zäh das Fähnchen der Mitte-Partei am oberen Lauf der Ergolz schwang, die Basler CVP-Geschäftsführerin Rita Schill.
Eindringen in christdemokratisches Brachland
Zu konstatieren war jedenfalls eine rundum erfreuliche Säli-Präsenz, die möglichen SVP-Sympathisanten unten in der Gastwirtschaft durchaus den Eindruck von scharenhaftem Zulauf erwecken konnte. Die Männer waren klar, aber nicht übermächtig in der Mehrheit, das Alter der über 50 Anwesenden eher gesetzt, vereinzelt waren jugendliche Gesichter auszumachen wie jenes der Aescher Nationalratskandidatin Sabrina Mohn, der Präsidentin der Jungen CVP. Aber auch einige Oberbaselbieter Sympathisanten und verdiente Parteimitglieder wie Paul Thüring, der schon vor 25 Jahren in Waldenburg eine christemokratische "Oase" (so Amacker) im CVP-"Brachland" Oberbaselbiet schuf, standen der Sektions-Geburt Pate.
Echte Wohnsitz-Oberbaselbieter sind auch die beiden Gründungspräsidenten, der Anwalt Georg Gremmelspacher, in Muttenz aufgewachsen, und der Berufsmusiker Daniel Wermuth, der auf seinem Akkordeon gleich eine Parodie auf das Thema "Schweiz" bot. Eine gewisse Bekanntheit erlangte Gremmelspacher (39) schon letzten Herbst als Kandidat für die Nationalratswahlen. Die Parteispitze scheint ihn identifiziert zu haben als einer, der zu Engagement bereit ist, Köpfchen und Charme vereinigt und "das Zeug für mehr hat", wie es so schön heisst. Mindestens gemäss Kathrin Amackers Worten scheint sich in Gremmelspacher ein neuer Sympathieträger der Mitte-Partei herauszubilden, und die gibt es nicht gerade in Massen: "Ein Star ist geboten, aber einer ohne Allüren."
Viele Nötli zum "Kick-off"
Als ganz zum Schluss der erfrischend kurzen "Kick-off"-Versammlung Paul Thüring unter stürmischem Applaus einen Starthilfe-Obolus der Waldenburger Gesinnungsfreunde spendete und Elisabeth Schneider einen Teller als Not-Spendekörbchen mobilisierte, blieben am Schluss doch beträchtlich viele Nötli am Säli-Ausgang zurück, so dass um die Finanzierung erster Aktivitäten nicht gebangt werden muss.
Anderseits liessen die Leistungsträger der CVP in ihren freundlichen Sympathieadressen an die neue Oberbaselbieter Kampfkumpanen auch eine gewisse Leistungserwartung durchblicken. Da war auch schon mal die Rede von dem "einen oder andern Landratsmandat", das die Durchschlagskraft der Partei im Kantonsparlament stärken soll.
"Ein kollektiver Freudentag"
"Das ist jetzt ein richtiger Motivationsschuss. Heute setzen wir im Oberbaselbiet das Schwungrad in Bewegung", fasste sich Kantonal-Vizepräsident Remo Franz bildhaft. Volkswirtschaftsdirektor Peter Zwick sprach gar von einem "kollektiven Freudentag"; jetzt werde "der weisse CVP-Fleck Oberbaselbiet orange eingefärbt". Elisabeth Schneider war die Begeisterung über den geglückten strategischen Vorstoss in neue Gemarkungen anzuspüren: "Ihr habt richtig Schwung, das finde ich grossartig", machte sie den Neuen Mut.
Ganz in diesem Sinne hatte Gremmelspacher angekündigt, dass die CVP Oberbaselbiet "Diskussionen auslösen", "Vorstösse" unternehmen und "bei Wahlen kandidieren" wolle. In seinem mit einiger Spannung erwarteten Votum liess es Darbellay dann doch bei einigen allgemeinen Ausführungen zur "Stärkung des Mittelstandes" und der "Green Economy" bewenden, wobei er sich sowohl von der SVP ("keine andere Partei verdient die Bezeichnung Volkspartei mehr als wir") wie von der FDP ("die sogenannte Wirtschaftspartei") als auch von den Grünen ("wir sind keine Sandalen-Träumer") abgrenzte.
"Noch Fragen an Christophe Darbellay?" - "Keine Fragen." An die Arbeit.
* von links: Georg Gremmelspacher, Christophe Darbellay, Daniel Wermuth
11. Februar 2009
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