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"Kirchenglocken oder der Muezzin - das ist doch dasselbe"Der Basler Regierungspräsident Guy Morin über die Ängste rund um die Minarettverbots-Initiative und das Zusammenwachsen der Kulturen Von Peter Knechtli Der Basler Regierungspräsident Guy Morin spricht sich dafür aus, dass Muezzine in der Schweiz vom Minarett aus zum Gebet rufen dürfen. Im Interview mit OnlineReports bekräftigt er überdies, dass er die bestehenden Ängste eines Teils der Bevölkerung vor einem wachsenden Einfluss des Islam ernst nimmt – aber für unbegründet hält. OnlineReports: Herr Morin, hat Elisa Streuli, die Leiterin Ihrer Abteilung Gleichstellung und Integration, ein Sprachverbot erhalten?
"Der Rücktrit von Frau Streuli ist kein Thema." OnlineReports: Uns kam das als klassisches Abwiegeln vor - Thema zu heiss.
"Im Moment haben wir in Basel OnlineReports: Welche Ängste in der Bevölkerung erkennen Sie als Basler Regierungspräsident bezüglich der Minarettverbots-Abstimmung?
"Muezzine sollen von Minaretten zum Gebet OnlineReports: Wären Sie bei einer Ablehnung der Minarettverbots-Initiative dafür, dass Muezzine von den Minaretten zum Gebet rufen dürften?
"Es wird nie so sein, dass unsere christliche OnlineReports: Eine andere Befürchtung ist die, dass der Islam eines Tages die mehrheitlich christliche Schweiz dominieren werde.
"Das Plakat-Verbot ist der Ausdruck OnlineReports: Hat das Verbot des Minarett-Plakats dem Standort Basel mehr genützt als geschadet? 15. Oktober 2009
"So entstehen islamische Gettos" Zuerst wird ein Minarett gebaut dann ruft der Muezzin fünf mal am Tag seine lauten Gebetsaufrufe. Die Anwohner können sich dagegen nicht wehren und ziehen weg . Bewohnt werden die leeren Häuser dann von Muslimen. Peter Wyss, Goldswil "Initiative will Angriff auf demokratischen Rechtsstaat" Danke sowohl dem Fragensteller wie auch unserem Basler Regierungspräsidenten Guy Morin für dieses Interview, das vertieft und angemessen auf die Thematik eingeht. Ob Kirchenglocken oder vielleicht irgendwann einmal Muezzin-Rufe den guten nachbarschaftlichen Frieden stören oder nicht, ist in der Tat eine Frage, die getrost den lokalen Lärm-, Denkmal- und den vielfältigen weiteren Schutzgesetzen überlassen werden darf.
Bei der so genannten Minarettverbots-Iniative geht es um etwas Anderes: Um einen Angriff auf den demokratischen Rechtsstaat (bekanntlich nicht identisch mit dem Rechts-Staat) durch eine mit Sicherheit nicht heilige Allianz zwischen rechtsnationalen und fundamentalistisch-evangelikal-christlichen Kreisen. Gerne möchten diese den gesellschaftlichen Frieden torpedieren und einen neuen Kulturkampf inszenieren. Alle VertreterInnen der politischen Vernunft jeder Couleur stehen in Veranwortung, dieses Ansinnen ruhig, aber bestimmt mit einer massiven Abstimmungsabfuhr zu bekämpfen.
Die BürgerInnen des Schweizer Bundesstaats dürfen sich dabei durchaus die Erfahrungen aus dem Kulturkampf im 19. Jahrhundert besinnen. Damals ging es darum, die junge Schweizer Demokratie gegen den Widerstand des politischen Katholizismus aufzubauen und zu verteidigen. In dieser eidgenössischen Tradition gilt es heute den Absolutheitsanspruch rechtsnationaler und fundamentalistisch-evangelikaler Kreise ebenso in die Schranken zu weisen, wie selbstverständlich auch den islamistischen Fundamentalismus der von einer muslimischen Minderheit propagiert wird. Peter Jossi, QV-Koordination SP BS, Präsident SP QV St. Johann, Basel "Eine Versiebenfachung ist mehr als 'wenig mehr'" Auf die Frage von OnlineReports nach dem Verhältnis der islamischen und christlichen Schweiz greift Herr Regierungspräsident Morin auf das Jahr 2000 zurück mit 0,7 Prozent muslimischer Bevölkerung und "heute wenig mehr". Gemäss FIDS ("Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz"), zitiert von "NZZ am Sonntag" vom 18. Oktober 2009, leben heute in der Schweiz 380'000 bis 400'000 Personen muslimischen Glaubens, also rund 5 Prozent.
Eine Versiebenfachung innerhalb der letzten zehn Jahre ist mehr als "wenig mehr" und zeigt die eingetretene starke demografische Veränderung im Verhältnis der schweizerischen Religionsgemeinschaften. Hans Peter Straumann, Liestal "Lehrpersonal mit fundamentalistisch-christlichem Hintergrund" Ihre Fragen, Herr Schmidlin, sind wirklich herzergreifend! In der "christlich grundierten Kultur" laufen wir langsam aber sicher Gefahr, dass unsere Schulkinder von LehrerInnen mit einem fundamentalistisch-christlichen Hintergrund missbraucht werden. Es hat sich nämlich gezeigt, dass an den Lehrerseminaren bis 20 Prozent der zukünftigen PädagogInnen mit der modernen Evolutionstheorie grosse Mühe bekunden und es vorziehen würden (und werden?), den Kindern beizubringen, dass alleine Gott die Welt erschaffen hat. Schöne neue Welt?
Dass es in Basel auch integrationsunwillige Muslime und Muslima gibt, ist sternenklar, aber eine unglaublich spannende Frage, auf die anscheinend noch nie wer gekommen ist, bravo! Allerdings ist das Zählen eher schwierig, am besten stellen Sie sich mal auf den Claraplatz und befragen die Menschen frei heraus, da können Sie Zahlen stapeln :-)
Auch die leise Ahnung, welche Sie zu Schnittstellen zwischen Konservativen und Extremisten haben, ist genial. Ich selber kann dazu nur soviel sagen: Nach jahrzehntelanger Erfahrung mit mehreren christlichen Partnern respektive Patienten am Arbeitsplatz (Arztpraxis) würde ich punkto Schnittstelle "saubere Füsse" hier tatsächlich einen konservativen Moslem als Freund vorziehen, der wäscht diese nämlich fünfmal täglich. Davon können viele Frauen in anderen Religionszusammenhängen nur träumen. Ist doch auch was, ohne Frage! Brigitte Wenger Sahin, Basel "Ich habe Fragen" Besten Dank für dieses interessante Interview. Selbstverständlich sind Kirchenglocken oder der Muezzin nicht dasselbe. Es sind ganz unterschiedliche Geschichten in einer eher christlich grundierten Kultur.
Ich habe Fragen zu Ihrem Interview. Gibt es in Basel auch integrationsunwillige Muslimas und Muslime und wenn ja, wie viele sind es? Wie viele Muslime verlangen von ihren Frauen und Töchtern, dass Sie Kopftücher tragen? Nach Angaben von Kennern der Szene in Basel sollen es etwa ein Viertel sein? Wie viele Muslimas und Muslime in Basel sympathisieren mit dem Islamismus? Sind Sie auch der Meinung, dass es Schnittstellen gibt zwischen konservativen Muslimen und einer islamistischen Haltung? Urs Schmidlin, Riehen "Wie einige Rechtsaussen gegen Guy Morin schiessen" Eigentlich wollte ich zu der, seit langer Zeit unnötigsten und dümmsten Initiative, kein Wort verlieren. Wenn ich aber lesen muss, wie einige Rechtsaussen gegen Guy Morin schiessen und den Islam und alle Muslime in einen Topf werfen, werde ich mich ab jetzt aktiv gegen diese Initiative einsetzen. Nur, damit ich mich nach der Abstimmung nicht noch schämen muss.
Die Schweizer haben weniger Angst vor Andersgläubigen als vor Kriminellen und Hasspredigern, die ihre braune Gesinnung hinter der rückständigen Initiative verstecken und nichts anderes als die Abschaffung von Demokratie und Toleranz anstreben. Diese Initiative hat keine Chance durchzukommen, dafür sind die Schweizer viel zu tolerant und freiheitlich. Daniel Kobell, Delegierter SP-QV Horburg/Kleinhüningen, Basel "Anachronistische religiöse Machtdemonstrationen" Guy Morin hat zunächst einmal recht: Kirchengeläut und Muezzinrufe lassen in der Tat sich weitgehend gleichsetzen: Beides sind in erster Linie anachronistische religiöse Machtdemonstrationen.
Für beide Kundgebungsformen soll es im Rahmen ausgewählter hoher kirchlicher Feiertage Platz haben. Die Restbevölkerung muss aber nicht Gebet um Gebet darüber informiert werden, dass die Frommen gerade ihrer Pflicht nachgehen.
In einem ist Guy Morin klar zu widersprechen: Die Ausübung von Religion ist kein Bedürfnis "des Menschen", sondern ausschliesslich eines von gläubigen Personen. Religionsfreiheit bedeutet auch, auf Religiosität verzichten zu können. Deshalb ist es angebracht, dass im öffentlichen Raum religiöse Bekundungen mit Zurückhaltung ausgeübt werden.
Der von Guy Morin erwähnten Aufklärung verdanken wir viele Errungenschaften, unter anderem auch das Primat der Politik. Weltliche Amtsträger sollen selbstredend gläubig sein dürfen und mitteilen können, wenn sie sich aus welchem Anlass auch immer in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen. Ihre Amtshandlungen haben sie aber am weltlichen Recht, nicht an den eigenen religiösen Gefühlen auszurichten. Andreas Kyriacou, Zürich "Naiv, blind und weltfremd" Erschreckend naiv, blind und weltfremd, die Aussagen des Herrn Morin. Da muss die Frage erlaubt sein: Wie lange können (wollen) wir uns einen derart realitätsresistenten Regierungspräsidenten noch leisten? Abdul R. Furrer, Basel "Nicht das ganze Interview gelesen" Der Kommentar von Herr Zumstein lässt vermuten, dass er nicht das ganze Interview gelesen hat, sondern lediglich die Titelzeile. Herr Morin behauptet nicht, "das frühmorgendliche, unverständliche 100 Dezibel-"Geplärre" aus Minarett-Lautsprechern oder Megafonen sei dasselbe wie Kirchenglockengeläut", sondern er sagte: "Kirchenglocken oder der Muezzin - das ist doch dasselbe, einfach in einer jeweils andern Kultur." Was Herr Morin mit "dasselbe" meint, sagt er im Interview ebenfalls. Eine etwas weniger emotionale, dafür differenziertere Betrachtungsweise hätte dieses interessante Interview auch von Herrn Zumstein verdient. Peter Berlepsch, Basel "Muezzin-Lautsprecher-Geplärre noch unangenehmer" Guy Morin wirkt schon etwas blauäugig. Viele Muslime, vor allem Türken, sind einfach nicht integrationswillig, siehe den aktuellen "Spiegel". Das führt zwangsläufig zu Problemen. Muezzin-Lautsprecher-Geplärre finde ich noch unangenehmer als Kirchengebimmel, dennoch müssen die Leute ihre Religion ausüben können, sonst verraten wir unsere freiheitlichen Ideale. Diese stehen allerdings auch in anderen Bereichen nur auf dem Papier, zum Beispiel bei der Unterdrückung der Cannabis-Konsumenten – auch da verlange ich die Freiheit des Individuums! PJ Wassermann, Hersberg "Muslimische Propaganda mehrmals täglich?" Dass es auch ohne Glockengeläute geht, beweisen die vielen Kirchgemeindehäuser, welche ohne Kirchturm auskommen. Anderseits werden nun immer mehr Minarette gebaut, mit dem Ziel, früher oder später von dort oben den sogenannten Gebetsruf lautstark zu verbreiten. Dieser Sprechgesang setzt sich aus folgenden Worten zusammen: "Allah ist der Allergrösste" (4-mal), "Ich bezeuge, dass es keinen Gott ausser Allah gibt" (2-mal), "Kommt her zum Gebet" (2-mal), "Kommt her zum Heil" (2-mal), "Allah ist der Allergrösste" (2-mal), "Es gibt keinen Gott ausser Allah".
Ist es Andersgläubigen unserer Gesellschaft zuzumuten, sich diese muslimische Propaganda schon früh morgens und mehrmals täglich anhören zu müssen? Vermutlich würden diese verärgert wegziehen, womit die Gettoisierung und Islamisierung ganzer Stadtteile noch gefördert würde. Wer faselt denn da noch von Integration, Herr Morin? Würden von unseren Kirchtürmen vergleichbare Lobgesänge über Jesus Christus verbreitet, würde das bestimmt verboten, weil sich Muslime daran stossen würden. Wetten? Heinz Mattmüller, Pratteln "Vergleich war wohl nicht ernst gemeint" Der Vergleich "Minarette – Glockentürme" des Basler Regierungspräsidenten Guy Morin ist wohl kaum ernst gemeint; anders sind seine Äusserungen nicht zu verstehen, da man bei Politikern immerhin ein Minimum an Sachkenntnis voraussetzt. Beatrice Trachsel, Fraubrunnen "Wasser auf die Mühlen der Initiativbefürworter" Die Äusserungen des Regierungspräsidenten zum Rufen des Muezzins ist Wasser auf die Mühlen der Initiativbefürworter. Herr Morin spielt damit mit dem Feuer, wohl in der Annahme, die Ablehnung der Vorlage wäre bereits beschlossene Sache. Es gab schon überlegtere Aussagen eines Exekutivmitglieds. Karl Linder, Basel "Religionsfreiheit darf niemals Rechtfertigung für Unterdrückung sein" Über die Diskriminierung von Mädchen und Frauen muss kein "Dialog geführt" werden, sondern für alle gleich das Gesetz angewendet werden. Angebliche Religionsfreiheit darf niemals eine Rechtfertigung für die Unterdrückung minderjähriger Mädchen und Frauen sein. Dies gilt unverhandelbar für alle Menschen, egal welcher Herkunft und Religion und egal wo auf der Welt. Es gibt keine Mädchen und Frauen erster Klasse, die alle Rechte haben dürfen und solche zweiter Klasse, deren Einschränkung der Rechte wegen angeblicher Religion von Behörden toleriert wird. Leider kümmern sich die staatlichen Stellen nicht um die Unterdrückung minderjähriger Mädchen und ziehen statt dessen politisch unheiklere Themen vor. Siro Imber, FDP-Landrat, Allschwil "Bevölkerung will keinen Ruf des Muezzins" Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Basler Bevölkerung den Ruf des Muezzins (und das nota bene fünfmal am Tag) akzeptieren würde. Ausserdem sind die Probleme mit der Lärmschutzverordnung vorprogrammiert, da die Rufe via Lautsprecher ja auch eine bestimmte Stärke haben müssen. Es muss auch ohne gehen. Das Kirchengeläut um 7 Uhr morgens und abends ist auch mühsam, aber immerhin sind es nur zwei "Rufe" am Tag. Emmanuel Ullmann, Basel "100 Dezibel am frühen Morgen" Zitat Morin: "Kirchenglocken oder der Muezzin - das ist doch dasselbe." Ich zweifle sehr, dass Herr Morin je in einem vom Islam dominierten Land war! Ich empfehle ihm dringend einmal nach Sumatra oder nach Indonesien zu reisen. Wenn er dann immer noch behauptet, das frühmorgendliche, unverständliche 100 Dezibel-"Geplärre" aus Minarett-Lautsprechern oder Megafonen sei dasselbe wie Kirchenglockengeläut, dann muss ich daraus schliessen, dass Herr Morin entweder unter Gehörschäden leidet oder schlicht und ergreifend einfach wider besseres Wissen etwas behauptet. Hans Zumstein, Cham "Resultat von verfehlter Integrationspolitik" Ich meine, da wird etwas sehr viel um den heissen Brei geredet. Zum Beispiel ist "Ablehnung" nicht mit "Angst" gleichzusetzen; und unter "Integration" verstehen wohl die meisten, dass sich die Einwanderer bei uns integrieren sollen und nicht umgekehrt.
Die Ablehnung der Minarette ist doch letztlich das Resultat von verfehlter Integrationspolitik. Natürlich sind die meisten – ja sogar fast alle – Muslime, die bei uns leben, vollkommen ok; sie leiden mit Sicherheit weit mehr als wir "Ureinwohner" unter dem Versagen der Integrationspolitik, die zu tolerant mit religiösen Extremisten und Leuten, die unsere Kultur ablehnen, umgeht. Klar ist aber auch, dass ich mir weder die Religionsfreiheit, noch die Freiheit der (politischen) Meinungsäusserung – und sei es auf Plakaten – weder von den einen noch den anderen Extremisten vermiesen lassen möchte! Peter Waldner, Basel |
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