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"Für uns entstand eine Bedrohung": Basler Zeitung im Baselbiet
So will die "Basler Zeitung" das Land erobern
Mit eigenem Land-Bund und wöchentlicher Grossauflage gegen die BZ-Konkurrenz aus Liestal und dem Aargau
Von Peter Knechtli
Mit einer massiv verbesserten Abdeckung des Agglomerationsgürtels will die "Basler Zeitung" (BaZ) der Konkurrenz begegnen, die ihr ab kommenden September mit der Kooperation der "Basellandschaftlichen Zeitung" (BZ) mit der "Mittelland-Zeitung" im Baselbiet erwächst. Zudem plant die BaZ eine wöchentliche Grossauflage, die interessante Anzeigentarife verspricht.
Die Nachricht schlug vergangenen April wie eine Bombe ein: Nicht mit der BaZ (Auflage 98'500) spannt die BZ (23'500 Auflage) ab 16. September zusammen, wie während Jahren mit abnehmender Ernsthaftigkeit geglaubt wurde, sondern mit der Mittelland-Zeitung des Badener Multimedia-Verlegers Peter Wanner. Diese Kooperation, antwortete BaZ-Verwaltungsratspräsident Matthias Hagemann postwendend, sei "der Auftakt eines Zeitungskriegs, den wir nicht wünschten, der uns aber aufgezwungen wird". Gleichzeitig kündigte Hagemann eine "recht deutliche Antwort" an.
Lokalteil in zwei Bünden
Diese Antwort ist seit heute Montag bekannt. Kernstück der Reaktionsstrategie ist der massive redaktionelle Ausbau im so genannten "Speckgürtel" der Agglomeration - Baselbiet, Schwarzbubenland und Fricktal -, in der die BaZ bereits über die stärkste Abonnenten-Durchdringung verfügt oder noch Ausbau-Potenzial sieht. Ab 18. August besteht der BaZ-Lokalteil aus zwei Bünden mit je fünf bis acht Text-Seiten Umfang. Der erste regionale Zeitungsbund (Titel: "region") widmet sich wie bisher auf den ersten ein bis zwei Seiten den wichtigsten Themen von gesamtregionalem Interesse. Darüber hinaus befasst er sich vor allem mit dem Geschehen in Basel-Stadt und wirft, so die offizielle Mitteilung, "einen Blick auf die relevanten Themen im Südbadischen und im Elsass".
Der zweite Lokal-Bund ("region.land") ist neu und das eigentliche Kampf-Vehikel: Er spiegelt die aktuellen Ereignisse und Themen im Baselbiet sowie in den angrenzenden Bezirken der Kantone Solothurn und Aargau. Für jede Gegend finden sich hier lokale Seiten: Für das untere Baselbiet, für das obere Baselbiet, für das Laufental und Schwarzbubenland sowie für das Fricktal. Mit dieser Neuerung erscheint die BaZ in ihrer Normalausgabe als Fünf-Bund-Zeitung mit täglichem Kulturmagazin.
Ausgebaut wird zudem die regionale Wirtschafts- und Sportberichterstattung. Die jeweiligen Seiten "wirtschaft.region" und "sport.region" erscheinen neu täglich.
Zehn zusätzliche Stellen für Regionalberichterstattung
Der Ausbau des redaktionellen Angebots ist verbunden mit einem massiven Ausbau der personellen Ressourcen, die freilich zuvor abgebaut worden waren. Nach Verlagsangaben wurden aus aktuellem Grund "rund zehn zusätzliche Stellen für fest angestellte und ständige freie redaktionelle Mitarbeiter" geschaffen.
Vor allem in der Baselbieter Metropole Liestal werde die Präsenz verstärkt. Von dort sowie aus Rheinfelden und Laufen werden künftig 14 Medienschaffende für die BaZ berichten – rund doppelt so viele wie bisher. Insgesamt umfasst die BaZ-Regionalredaktion 30 Journalisten, fast ein Drittel der 100-köpfigen Gesamtredaktion. Das Regional-Ressort ist in drei Teams gruppiert und arbeitet an zwei Redaktionsstandorten. Am Aeschenplatz in Basel befinden sich das Stadt- und das Agglo-Team, an der Kasernenstrasse in Liestal hat das Land-Team seinen Stützpunkt.
Grossauflage als neues Inserate-Gefäss
Wenig überraschend ist die Grossauflage, die die "Basler Zeitung" jeweils am Freitag über ihre knapp 100'000 Abonnenten hinaus auch an 90'000 zusätzliche Haushaltungen streut. Die Gratis-Auflage werde "im Gegensatz zur abonnierten Zeitung nicht alle Leistungen beinhalten". Insbesondere bleibe das tägliche "Kulturmagazin" dem bezahlten Abonnement vorbehalten. Am Verteilplan fällt auf, dass die Grossauflage im Kerngebiet der Sissacher "Volksstimme" nicht verteilt wird. Das Streugebiet der abgedeckten Gemeinden und Bezirke könne sich bei Bedarf verändern.
Die Grossauflage ist aber nicht nur ein Appetit-Anreger für bisherige Nichtabonnenten. Er soll auch die BZ als heisse Konkurrentin insbesondere im Anzeigengeschäft empfindlich treffen: Im Regionalbund der neuen, zusätzlich gratis verteilten BaZ-Freitagsausgabe bezahlen Inserenten "lediglich rund die Hälfte des in den vergleichbaren lokalen Printmedien üblichen Anzeigenpreises. Interessante Kombinationsmöglichkeiten und flexible, bedürfniskonforme Leistungen bieten ein attraktives Anzeigenumfeld für alle Marktsegmente."
Kein gemeinsamer "Stellefant" mehr
BaZ-CEO Beat Meyer machte gegenüber OnlineReports keinen Hehl daraus, seine Offensive eher auf einen Verdrängungskampf als eine wieder friedliche Koexistenz hin deuteten. Allerdings sei das neue Anzeigengefäss durch die Grossauflage nicht von Anfang an mit Gewinn verbunden, der die Investitionen in den Ausbau von rund 2,5 Millionen Franken (so die OnlineReports-Schätzung) gleich einspielen könne. Meyer: "In einer ersten Phase sind wir schon glücklich, wenn ein Nullsummenspiel herausschaut." Meyer erklärte ergänzend auch, dass nach dem Relaunch vor knapp zwei Jahren und einer schmerzenden Sparrunde "die Breite der Themenfelder vor allem im Laufental und im Dorneck etwas vernachlässigt" worden sei. Deshalb hätte sich eine "Korrektur" in Richtung eines vertieften redaktionellen Angebots auch ohne die "Bedrohung" durch die BZ-Kooperation aufgedrängt.
Eine gemeinsame Verbindung mit der BZ bleibt aber vorläufig bestehen: Die Frühzustellung durch die BaZ-Verteilorganisation Prevag. Ein Ende zeichnet sich aber mit dem gemeinsamen Stellenanzeiger "Stellefant" ab: Kommenden November läuft der Vertrag aus. Meyer zu OnlineReports: "Dann suchen wir eine neue Lösung - ohne BZ."
Agglo-Leser profitieren vom Wettbewerb
Mit der Doppelstrategie - deutlich mehr redaktionelle Leistungen und attraktive Anzeigenpreise in der Grossauflage - nimmt die Basler Zeitung die BZ in die Zange. Darüber freuen können sich, so viel lässt sich heute schon sagen, die Zeitungslesenden der Basler Agglomeration, um die ein Werben einsetzen wird, wie es sie in der Geschichte der beiden Halbkantone noch nie gegeben hat. Ob die BaZ auch redaktionell an Profil gewinnen wird, hängt davon ab, was das Regional-Ressort und insbesondere die neu engagierten Medienschaffenden an Themen zu präsentieren in der Lage sind. Ihre Aufgabe wird es sein, die Konkurrenz mit Primeurs und überraschenden Berichten zu übertrumpfen.
Der BZ in Liestal, bisher im Terrain-Kampf eher freundschaftlich geschont, dürfte damit ein schärferer Wind ins Gesicht blasen. Allerdings dürfte auch dieses Blatt und seine starke Partnerin Mittelland-Zeitung nicht untätig sein und vor allem auch ihren deutlich professionelleren Mantelteil als Kauf-Argument ins Feld führen.
BZ-Verleger spricht von "Etikettenschwindel"
BZ-Verleger Mathis Lüdin zeigte sich gegenüber OnlineReports "nicht überrascht" vom Massnahmenpaket der BaZ: "Es ist in etwa das, was man erwarten durfte." Die BZ reagiere aber nicht unmittelbar, sondern verfolge ihr "verbessertes Projekt" unbeirrt weiter. Ob die Berichterstattung aus Basel-Stadt ausgebaut werde, liess der BZ-Verleger noch offen. "Wir werden den Standard halten oder nach Möglichkeit ausbauen." Grosse Ausbaureserven bestünden jedoch nicht, weil die BZ im Gegensatz zur BaZ nie redaktionelles Personal abgebaut habe. Diesbezüglich betreibe die BaZ "fast ein bisschen Etikettenschwindel", da sie in früheren Zeiten mehr Lokalredaktoren beschäftigt habe als jetzt nach dem Ausbau.
7. August 2006