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"Die Bereitschaft ist da": Fassadenelement bei Montage im "Business Parc"
Die Energiespar-Fassade aus dem Holz-Labor – minutenschnell montiert
Beispiel Erne Holzbau AG: Wie sich ein KMU auf Klimawandel, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit einstellt
Von Peter Knechtli
Die Gefahren des Kimawandels und die schlechten Energiebilanzen von Liegenschaften bieten beträchtliche Wachstums-Chancen für kleine und mittlere Unternehmen: Die im Fricktal domizilierte "Erne Holzbau AG" ist derzeit daran, sich mit intelligenten Fassadensanierungen in einem Markt führend zu positionieren, der ein zweistelliges Millionen-Wachstum verspricht.
Gerda Massüger, die Geschäftsführerin des "Business Parc Reinach", strahlte heute Montagmorgen Begeisterung aus: Ein Kran fügte Stück um Stück der über zwei Tonnen schweren Fassadenteile (Bild oben) zwischen Baugerüst und tragende Teile. Es war ein kurzweiliger Fassadenaufbau zum Zuschauen.
Das Projekt: Bei laufendem Betrieb wurde der zu enge und etwas angejahrte "Business Parc" von einer Gebäude-Holzkonstruktion umhüllt, durch die sich das Volumen verdoppeln lässt. Dank des ausgeklügelten Fassaden-Systems lässt sich im Winter doppelter Raum mit unveränderter Heizleistung wärmen. Doch noch weitere Vorteile nannte die Geschäftsführerin. Am 1. April wurde die Baubewilligung erteilt, schon Anfang Dezember können die kleinen Dienstleistungsbetriebe die neuen Räume beziehen, die gegen 50 Firmen ein Domizil bieten sollen. Überzeugt, so Massüger weiter, hätten auch doie geringen Bauimmissionen und die soziale Behaglichkeit durch Holz als Baumaterial.
Gebaut wird der neue "Business Parc" von der in Laufenburg angesiedelten Firma "Erne Holzbau AG", die zur Hoch- und Tiefbaugruppe Erne gehört (Gruppenumsatz 2008: 262 Millionen Franken) in in Stein ein Fertigungszentrum unterhält. Chef des vor über vierzig Jahren gegründeten Unternehmens mit über 150 Mitarbeitenden und 77 Millionen Franken Jahresumsatz ist Daniel Moll (Bild), bis vor wenigen Monaten IWB-Manager und Geschäftsführer der "Geopower Basel AG".
Schweizer Gebäudepark überaltert
Molls strategisches Ziel ist es, vorbereitet zu sein, wenn in der Schweiz schon bald ein "Sanierungs-Boom" einsetzt, wie er es nennt. Der Gebäudepark sei landesweit überaltert, über 60 Prozent der Liegenschaften sind älter als 40-jährig, in den nächsten dreissig Jahren müssten über zwei Millionen Wohn- und Geschäftsliegenschaften saniert werden. Als Initialzündgung der Sanierungswelle könnten Beiträge des Bundes wirken, die ab nächstem Jahr im Rahmen des nationalen Gebäudesanierungs-Programms ausgeschüttet werden. Moll: "Unsere Energie- und Klimaprobleme werden wir nur mit einer Verbesserung der Energieeffizienz und einer dezentralen Energieproduktion lösen können."
Unter den Schweizer Firmen gehöre das Fricktaler Holzbauunternehmen zu jenen, die die Nase vor hätten, sagte Erich Erne, Verwaltungsratspräsident der Erne-Gruppe, heute Montagmorgen an einer Medienkonferenz in Stein. Dort gaben führende Mitarbeiter einen Einblick in die Technologien, mit denen Fassaden künftig nachhaltig erneuert werden können.
Software optimiert Qualität
Weitaus aufwändigster Teil bei der Entwicklung eines Fassaden-Elements ist die Konzeption und Planung. Hier kommen modernste Mittel zum Einsatz. Die Fassade samt Fensterausschnitten wird per Laser millimetergenau vermessen und anschliessend dreidimensional weiter bearbeitet. Eine spezielle, von der ETH entwickelte und mit "Erne" vorläufig exklusiv angewendete Software ("Design Performance Viewer") erlaubt den Planern in einem durchgängigen Prozess, Energieverbrauch und CO2-Emissionen, aber auch Schallschutz, Sonnenschutz oder Lüftung in Echtzeit zu analysieren und in mehreren Schritten zu optimieren, bis das erforderliche Resultat erzielt ist.
In der riesigen neuen Fertigungshalle folgt der praktische Teil: Innerhalb weniger Stunden werden die Fassadenelemente aus Pressholzplatten mit einer Dimension bis zu 4 auf 15 Metern mit einer neuen CNC-gesteuerten Robotern gesägt, gefräst, gebohrt, verleimt und vernagelt. Beim Augenschein heute Montag wurden gerade innert Minuten Tausende Nägel versenkt. Die Fassade kann innen mit Leitungsschächten ausgestattet und aussen mit Solarmodulen zur Stromproduktion (Bild, mit Erich Erne) ausgestattet werden. Im Visier hat "Erne" auch Contracting-Verträge mit Energieunternehmen, die an Fassadenwänden produzierten Strom abnehmen und vermarkten. Die Firma hat sich zum Ziel gesetzt, als Totalunternehmer ein "ganzes Sanierungspaktet" anbieten zu können.
Gebäudesanierung - ein Milliardenmarkt
CEO Moll glaubt fest daran, dass "in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Investition in Handfestes und nicht nur in Papiere vorhanden" sei: Gegenüber OnlineReports rechnet er für die "Erne Holzbau" schon innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einem Umsatzwachstum von mindestens 10 bis 20 Millionen Franken. Gegenwert der Investition seien tiefe Energiekosten und eine lange Lebensdauer. Bei der Gebäudesanierung, so Moll, handle es sich in der Schweiz um einen "Milliarden-Markt".
Die Kosten der Fassadenelemente betragen Engineering-Leiter Thomas Wehrle rund 110 Franken pro Quadratmeter im Rohbau, können aber je nach zusätzlicher Ausstattung auch deutlich höher liegen.
7. September 2009