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"Fuder ist überladen": Baselbieter Fiskalstrategen Lauber, Nefzger
Unternehmenssteuern: "Wir operieren am offenen Herzen"
Baselbieter Regierung befürwortet die Lizenzbox und die Senkung der Gewinnsteuern, lehnt eine Kapitalgewinnsteuer aber ab
Von Peter Knechtli
Die Haltung der Baselbieter Regierung zur Unternehmenssteuer-Reform III ist bestimmt vom Bestreben, den Unternehmen am Juranordfuss attraktive steuerliche Bedingungen, Planungssicherheit und internationale Konkurrenzfähigkeit zu bieten: Ja zur Lizenzbox und zur Gewinnsteuer-Senkung – Nein zur Kapitalgewinnsteuer.
Was in der Bevölkerung noch als abstrakter Begriff "Unternehmenssteuer-Reform III" wahrgenommen wird, ist – angetrieben durch die führenden europäischen Gremien – ein landesweites Vorhaben, das Fiskalexperten als "Jahrhundert-Projekt" bezeichnen, und das alles hinter sich lässt, was an Steuerpaketen bisher anfiel. Bekannt sind die Grund-Absichten des Bundesrates, nicht aber die konkreten Auswirkungen des Mammut-Plans auf die Kantone, da er sich erst im Stadium der Vernehmlassung befindet.
Standort-Treue und Attraktivität als Hauptziele
Sicher ist nur eines: Die Reform wird nicht dazu führen, dass sich der finanzielle Spielraum des Baselbiets in den kommenden Jahren massiv verbessert. Das Gegenteil ist der Fall. Der Kanton rechnet ab 2018 im Bereich der Juristischen Personen mit Steuerausfällen von 20 Millionen Franken.
Wohin der Weg letztlich führt, steht noch in den Sternen. So beschrieben die höchsten Baselbieter Steuerverantwortlichen den aktuellen Status des Vorhabens mit Metaphern, die keiner weiteren Beschreibung bedürfen: "Wir operieren am offenen Herzen" (so CVP-Finanzdirektor Anton Lauber) – "Wir schiessen da auf bewegliche Ziele" (Peter Nefzger, Chef der kantonalen Steuerverwaltung).
Die Baselbieter Regierung hält die Reform für "unverzichtbar", um die "internationale Akzeptanz der schweizerischen Unternehmensbesteuerung zurück zu erlangen". Wie alle Kantonsregierungen verfolgt sie das übergeordnete Ziel, die Wirtschaftskraft zu erhalten und auszubauen und die Konzerne mit attraktiven Bedingungen davon abzuhalten, ihre Sitze in steuergünstigere Domizile zu verschieben – sei es beispielsweise Luxemburg, Grossbritannien oder Hongkong, die alle um potente Unternehmen buhlen.
Das gemeinsame Interessse der Kantone im Landesinteresse ist also die internationale Wettbewerbsfähigkeit, wobei der interkantonale Wettbewerb in den Kantonen logischerweise zu Positionen führt, die ihren ureigenen Interessen am ehesten dienen.
Baselbieter Ja zur Lizenzbox
Eines der neuen fiskalpolitischen Gefässe ist auf kantonaler Ebene die obligatorische Einführung einer sogenannten Lizenzbox, die die Möglichkeit schafft, bestimmte Erträge aus Immaterialgüterrechten wie Patenten, Rechten oder Lizenzen gesondert zu besteuern. Basel-Stadt hat als Standortkanton des alles dominierenden Wirtschaftsmotors der Life Science-Industrie (Novartis, Roche) nach dem Wegfall des steuerprivilegierten Holdings ein starkes Interesse an der Einführung der Lizenzbox als Ersatzmassnahme, wie sie verschiedene europäische Staaten schon kennen.
Für das Baselbiet ist deren Bedeutung allerdings nicht so bedeutend wie für den Pharma-Kanton Basel-Stadt. Dennoch sagt die Regierung "im gesamtwirtschaftlichen Interesse der Nordwestschweiz" (so Lauber, der sich mit seiner Basler Amtskollegin Eva Herzog abgesprochen hat) Ja zur Lizenzbox. Dies wegen der wachsenden Zahl an Forschungs-Firmen aus dem Life Science-Bereich und nicht zuletzt auch deshalb, weil davon auch KMU profitieren können, die Patente haben und und Lizenzerträge erzielen. Welche Ertragsformen in der Lizenbox akzeptiert werden, ist noch offen. Die Regierung befürwortet eine möglichst breite Palette, die beispielsweise auch Erträge aus dem Ausland umfasst.
Die von der Reform hauptsächlich betroffenen 420 Baselbieter Status-Gesellschaften wie Holdings oder Domizilgesellschaften, deren Besteuerung in der heutigen Form abgeschafft werden muss, lieferten 2011 knapp 15 Prozent oder 23 Millionen Franken an Gewinnsteuern ab.
Ja zu Gewinnsteuer-Senkung
Die Baselbieter Regierung befürwortet auch eine – noch nicht konkret bezifferte – Senkung der Gewinnsteuer "auf ein international attraktives Niveau". Bei einem von 20,7 Prozent (Stand heute) auf 16 Prozent gesenkten effektiven Steuersatz, so eine statistische Schätzung, ergäben sich für Kanton und Gemeinden zusammen Mindererträge von 84 bis 98 Millionen Franken. Von der Senkung der Gewinnsteuern profitieren vor allem die Handelsfirmen, die im Kanton die deutliche Mehrheit darstellen.
Auf Zustimmung fällt auch die für Handelsgesellschaften wichtige Einführung einer gesetzlichen Regelung zur Aufdeckung stiller Reserven und Anpassungen bei der Kapitalsteuer. Auf Zustimmung stossen auch die Ausgleichsmassnahmen des Bundes, die den finanziellen Handlungsspielraum der Kantone bei Gewinnsteuersenkungen erhöhen. Allerdings soll der Bund nicht nur 50, sondern mindestens 60 Prozent der Steuerausfälle übernehmen.
Keine Besteuerung der Kapitalgewinne
Auf Ablehnung hingegen stossen unter anderem die Wiedereinführung der Kapitalgewinnsteuer (die Basel-Stadt befürwortet) , die Einführung einer unberechenbaren zinsbereinigten Gewinnsteuer, die bei angepasster Konzernstruktur Steuereinsparungen bis 70 Prozent ermöglicht, oder die Abschaffung der Emissionsabgabe. Dies seien Massnahmen, die sich "ausserhalb der Zielsetzungen" der Unternehmenssteuer-Reform befänden. "Das Fuder ist überladen", zog Lauber heute das Fazit aus der Vernehmlassung, die die Regierung am Dienstag dieser Woche verabschiedete und nach Bern schickte.
Es waren wohl mehr als die üblichen Warn-Wörter eines Finanzdirektors, wenn Lauber zum Ausdruck brachte, dass durch über 130 Millionen Franken aus dem Entlastungspaket 2012/15, die Neuregelung des Finanzausgleichs, den Finanzplan 2015/18 mit Einsparungen von 60 Millionen Franken in Gesundheit, Alter und Bildung auf das Baselbiet finanzpolitische Umwälzungen zukommen.
Warnung vor überhitztem Steuerwettbewerb
Auf die OnlineReports-Frage, ein "mageres Jahrzehnt" das Baselbiet erwarte, mochte sich Lauber "frankenmässig nicht festlegen". Sicherlich habe die Reform "Auswirkungen im hohen zweistelligen Bereich". Für Lauber ist bedeutsam, dass die Reform "zu einem Miteinander der Kantone" führen soll und nicht "die Gefahr eines überhitzten Steuerwettbewerbs" heraufbeschwören dürfe. Fazit: Nicht nur die Unternehmen streben nach Planungssicherheit – auch die Steuer- und Finanzbehörden.
23. Januar 2015