Werbung

© Fotos by OnlineReports.ch
"Wir missbilligen das": Urinierender im Basler Münster-Kreuzgang

Basler Münster-Kreuzgang verkommt zum Piss-, Player- und Partyraum

Champagner, Strassenmusik und Sex: Der Ort kirchlicher Würde wird immer ungehemmter von privaten Interessen vereinnahmt


Von Peter Knechtli


Der Kreuzgang des Basler Münsters wird allmählich zum privaten Lust-Raum: Auf diesem geschichtsträchtigen Friedhof wird immer häufiger gefeiert, gesoffen, getingelt und gepisst. Die Kirchenleitung missbilligt den sinkenden Respekt vor dem Gotteshaus.


Durch die schwere Holzpforte der Niklauskapelle des Basler Münsters klingen helle Frauenstimmen und aus dem Münster Orgelklänge, aus der benachbarten Katharinenkapelle sind klare Töne aus Blechinstrumenten zu vernehmen. Und im Kreuzgang, von dem aus beide Kapellen zugänglich sind, knallen – merkwürdiges Kontrastprogramm – die Korken. Rasch werden die Champagnergläser ausgepackt und dann stossen die Hochzeitsgäste an. Und bald dröhnt auch unbeherrschtes Lachen durch den gotischen Doppelkreuzgang aus dem 15. Jahrhundert, dem "architekturhistorische Seltenheit" bescheinigt wird.

Respekt vor Gotteshaus verloren

Dieser öffentlich über die Rittergasse und die Pfalz zugängliche Teil des Münsters hat seine Unschuld als Ort der Ruhe und des Respekts längst verloren. Mit ihren verzierten Gewölben, ihren teils monumentalen Epitaphien und ihrem eindrücklichen Wechsellicht von hell und dunkel scheinen die von einem Rosengarten umgebenen Wandelhallen das bevorzugte Ambiente für Festivitäten zu sein.

Lukas Kundert, der Präsident des Kirchenrats der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt, der seinen Arbeitsplatz im gleich anschliessenden Bischofshof hat, erlebte schon, dass er beim Betreten des Hauses "über ein paar mit leeren Flaschen gefüllten Migros-Säcken" steigen musste, bevor er die Eingangstüre erreichte.

Gegenüber Hochzeitsgästen "relativ kulant"

Die reformierte Kirche als Eigentümerin des Gotteshauses steckt im Dilemma. Einerseits will sie gegenüber der Öffentlichkeit Offenheit zeigen, weshalb der Kreuzgang auch zwischen 7 und 18 Uhr zugänglich ist. "Wir gehen mit Hochzeiten relativ kulant um", sagt Kundert – beispielsweise, wenn ein Apéro bei schlechtem Wetter nicht auf der Pfalz durchgeführt werden kann und der Kreuzgang Schutz vor Regen bietet oder wenn es um reizvolle Fotomotive geht. Anderseits werde es "immer schwieriger, die Würde des Ortes sicherzustellen". Grund: Der Kanton, der den Wächter finanziert, habe das Pensum vor einigen Jahren "extrem reduziert".

Dies zeigt sich daran, dass der Reinigungsmann am Morgen haufenweise Zigarettenstummel und leere Getränkebüchsen zusammenwischt. Kaum noch eine Spur von Respekt vor der sakralen Umgebung. Hemmungslos nutzen Gäste den Bronze-Tisch (Bild links) der Basler Künstlerin Bettina Eichin als Auslage für Snacks und Schaumwein. Vor noch nicht allzu langer Zeit wurde die schwere Tisch-Skulptur, auf dem das "Vergänglichkeits"-Gedicht von Johann Peter Hebel eingelassen ist, mehrfach gewaltsam auf den Sandstein gekippt (Bild ganz unten), dass sich die Polizei gezwungen sah, mit einer Überwachungskamera nach dem Wiederholungs-Täter zu fahnden.

Pensum für Aufsichtspersonal gekürzt

Laut Kundert zirkuliert in den Kreuzgang-Flügeln eine Aufsichtsperson, die allerdings auch noch für das eigentliche Münster zuständig ist. Das Problem sei, dass das Budget um einen Drittel gekürzt worden sei, was sich auch in einer geringeren Präsenz im Kreuzgang äussert. Das führt dazu, dass sich auch zu Zeiten, in denen es das Gesetz verbietet, Strassenmusiker im Kreuzgang niederlassen und mit Cello oder Zitter Geld von Passanten erbetteln.

Neulich übermannte einen Fussgänger zwischen zwei amerikanischen Touristengruppen ein menschliches Bedürfnis: Vor den Augen vorüberziehender Besucher pinkelte er in die nördlichen Rabatten, wobei er auch den Sandsteinboden nicht verschonte, über den die ahnungslose nachfolgende Gästeschar munter flanierte. "Dass man auf einem Friedhof uriniert, befremdet schon sehr. Wir missbilligen das", sinniert der Kirchenratspräsident.

Gemäss einem durch den "Beobachter" veröffentlichten Dokument der Staatsanwaltschaft zu einem um Jahre zurückliegenden Rechtsfall kam es im Kreuzgang "zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten im Stehen zum vaginalen, ungeschützten Geschlechtsverkehr".

Unter Wandelhallen und Garten liegen Gebeine

Obschon auch Kundert beobachtet, dass sich "die Leuten nicht an Anordnungen halten" – sofern sie mangels Aufsichtspersonal überhaupt ausgesprochen werden –, stehen Massnahmen gegen die zunehmende private Vereinnahmung des Ortes kirchlicher Würde "noch nicht auf der Traktandenliste". Eine Einschränkung der Öffnungszeiten sei "im Moment kein Thema". Hingegen kann sich Kundert vorstellen, unbedarfte Besucher an den Eingängen darauf hinzuweisen, dass "sie sich hier auf einem Friedhof befinden". Tatsächlich liegen unter dem ganzen Kreuzgang die Gebeine Hunderter längst Verstorbener – darunter bedeutende Gottesdiener und Geschäftsleute.

3. Dezember 2013

Weiterführende Links:


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/echo.gif

"Ein Ohrengenuss"

Die Person, die auf dem einen Bild abgebildet ist, ist ein ausgebildeter Cellist mit Hochschulabschluss. Musik von so hoher Qualität, z. B. die wunderbar gespielten Solo-Suiten des mit der reformierten Kirche eng verbundenen J.S. Bach, ist ein Ohrengenuss. Erstaunlich, dass sich die Kirche an einer solchen musikalischen Würdigung des Kreuzgangs und seiner schönen Akustik stört.


Jan Schudel, Basel



Weitere aktuelle News

www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).