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"Es ist die Stufe unten dran": Basler Sicherheitsdirektor Dürr
Teure Affäre Nägelin: Regierungsrat Baschi Dürr gerät unter Druck
Politiker fordern vom Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement die Wiedereinstellung des fristlos freigestellten Rettungssanitäters
Von Fabian Schwarzenbach
Der Basler Sicherheitsdirektor Baschi Dürr gerät in der Affäre um den fristlos freigestellten Lorenz Nägelin langsam aber sicher unter Druck: Jetzt fordern einzelne Politiker die Wiedereinstellung des Rettungssanitäters, nachdem die Personalrekurs-Kommission dem SVP-Grossrat recht gegeben hatte. Der Konflikt kostete den Staat bisher schon eine sechsstellige Summe.
Die Gefahr, dass Baschi Dürr die "Freistellung eines Teamleiters Sanität" (wie es offiziell heisst) entgleitet, wird immer grösser. Denn nun fordern prominente Mitglieder der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates, dass der Sicherheitsdirektor den letzten Sommer fristlos freigestellten Rettungssanitäter und SVP-Fraktionspräsident Lorenz Nägelin wieder bei der Sanität arbeiten lässt. "Es ist Sache des Departementes ihn wieder einzustellen", meint Urs Müller unmissverständlich.
Der "Basta"-Grossrat gehörte zur Subkommission Sanität, die im Sommer letzten Jahres die Wirren in der Blaulicht-Organisation untersuchte. Auch SVP-Grossrat Joël Thüring war Mitglied dieser Subkommission und wünscht sich für seinen Parteikollegen "den alten Arbeitsplatz ". Die gleiche Forderung deponierte die Personalkommission der Sanität bereits knapp zwei Monate nach der Freistellung in einem Schreiben an Baschi Dürr. Deren Präsident, Ralph Büchelin, würde eine Rückkehr Nägelins persönlich begrüssen.
Neuer Leiter als Chance
"Es gibt einen neuen Leiter, eine Wiedereinstellung Nägelins müsste somit eigentlich klappen", sieht Müller die Chance im neuen Sanitätschef Martin Gabi und ergänzt: "Der Knüppel ist bei Walliser drin." Der Leiter der Rettung, Dominik Walliser, wurde von der Geschäftsprüfungskommission Mitte letzten Jahres scharf kritisiert. Dürr stellte sich aber hinter seinen Chefbeamten. Thüring meint ebenfalls, dass zwar der Regierungsrat für Wirren in der Sanität politisch verantwortlich sei, aber "es ist die Stufe unten dran, die nicht funktioniert". Denn Dürr trage nur den Entscheid seiner Chefbeamten mit. Der Jungpolitiker nimmt nicht nur Walliser, sondern auch die Personalverantwortlichen im Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) ins Gebet.
Für Nägelin selber dürfte der für ihn positive Entscheid der Personalrekurs-Kommission zwar eine Genugtuung gewesen sein, allerdings wird der weitere Rechtsweg an seiner Geduld zerren. Bis zu sechs Monate muss er im längsten Fall auf die Entscheid-Begründung warten. Anschliessend hat die Gegenpartei noch dreissig Tage Zeit, den Rekurs beim Verwaltungsgericht auch wirklich einzureichen. Danach müsste er den ganzen Verhandlungsprozess vor dem höchsten Basler Gericht durchstehen: Das braucht Nerven.
Die Kosten steigen und steigen
Finanziell erweist sich der Personal-Konflikt für den Steuerzahler langsam im "messbaren Bereich": Nägelins Lohn für bisher knapp ein Jahr überschreitet bereits die tiefste sechsstellige Zahl – ohne dass er eine Gegenleistung hätte erbringen müssen. Darüber hinaus sind alle Personen zu rechnen, die für den Fall bisher gearbeitet haben, neben Gerichts- und weiteren Kosten. Wird der Fall bis zum Ende durchgezogen, dürfte die Viertelmillion problemlos geknackt werden.
Und das alles nur, weil der Freisinnige Dürr seinen Kontrahenten im Regierungswahlkampf loswerden möchte? Gerade das glaubt Thüring nicht: "Es ist eine personelle Geschichte." Die Auseinandersetzung habe mit der Politik nichts zu tun, auch nichts mit den beiden Parteien FDP und SVP. "Nägelin und Dürr können das trennen", ist Thüring überzeugt. Auch die Rettungssanitäter fragen sich längst nach dem Grund für Nägelins so heftigen Rausschmiss. Keiner der Retter, mit denen OnlineReports sprach, kann sich ausmalen, was der Grund für eine so krasse Massnahme wie eine fristlose Freistellung sein könnte. Auch die Öffentlichkeit hätte allmählich ein Recht auf schonungslose Aufklärung. Ralph Büchelin, Präsident des Personalausschusses der Sanität Basel, sieht den Konflikt zwischen dem ehemaligen Leiter, Hans Peter Altermatt, und Lorenz Nägelin als möglichen Grund.
Nägelin im Staatskalender gelöscht
Nägelin steht zwar nach wie vor auf der Lohnliste des Kantons Basel-Stadt, aber sein Name taucht im Staatskalender, dem Verzeichnis der baselstädtischen Angestellten, seit längerem nicht mehr auf. An seiner Stelle ist ein anderer Rettungssanitäter aufgeführt. Interessanterweise ist jener JSD-Kadermann, der im März wegen einer Strafanzeige der Kantonspolizei ebenfalls freigestellt wurde, nicht von der staatlichen Adressliste gelöscht worden. Dessen Bürostuhl ist anscheinend nach wie vor für ihn reserviert.
Zum aktuellen Stand wollten sich weder Nägelin noch seine Anwältin Doris Vollenweider äussern. Das JSD selber bemüht sich noch immer in denselben Floskeln, wie vor gut einem Monat: "Es gibt zum Teamleiter in der Sanität keine Neuigkeiten. Sobald die Begründung der Personalrekurs-Kommission vorliegt, entscheiden die Parteien über das weitere Vorgehen", lässt Mediensprecher Martin Schütz ausrichten.
Deutet das Schweigen auf eine andere Lösung?
Allerdings könnte das allseitige Schweigen der Protagonisten auch anders gedeutet werden: Hinter den Kulissen könnte ein aussergerichtlicher Vergleich vorbereitet werden. Dabei sässe Nägelin am etwas längeren Hebel. Sein Sieg vor der Personalrekurs-Kommission dürfte dem passionierten Rettungssanitäter Aufwind gegeben haben. Sofern Dürr ihm keinen adäquaten Job anbieten kann, dürfte eine alternative Abfindung in schwindelerregende Höhe schiessen. Auch bei dieser Variante wird die "Affäre Nägelin" den Staat mehr als eine Viertelmillion Franken kosten.
6. Juni 2014
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