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"Auch Linke denken ähnlich": Kandidat Konrad Widmer
SVP will mit Konrad Widmer die Basler Regierung stürmen
Direktor des Kinderspitals will gegen die Phalanx der Bisherigen antreten
Von Peter Knechtli
Die Basler SVP steigt mit dem 43-jährigen Arzt Konrad Widmer, dem Direktor des Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB), in die Regierungsratswahlen vom kommenden Herbst. Widmer wurde heute Donnerstagmorgen an einer Medienkonferenz durch Parteipräsidentin Angelika Zanolari präsentiert.
Laut Zanolari ist Widmer von Geschäftsleitung und Gesamtvorstand einstimmig zum Kandidaten empfohlen worden. "Einen Sitz wollen wir", forderte die Parteichefin aufgrund des Stimmenanteils von 18 Prozent bei den letzten Nationalratswahlen und liess dabei offen, ob sie selbst unter Umständen auch bereit wäre, ins Rennen zusteigen. "Wenn es brennt", könne eine Mann/Frau-Doppelkandidatur der SVP denkbar werden. Ein "Brand" trete dann ein, wenn sich die bürgerlichen Parteien FDP, CVP und Liberale nicht auf ein gemeinsames Fünfer-Ticket einstimmen liessen. Bisher herrsche unter diesen Parteien "tiefes Schweigen" - sowohl über Fragen einer Zusammenarbeit wie auch über die erneuten Bewerbungen der bisherigen Regierungsräte.
Dies sei falsch, meinte Angelika Zanolari einmal mehr: Im Kampf gegen das "rote Basel" müssten die "Kräfte gebündelt" werden, nachdem Basel-Stadt den Kanton Genf bei der Abstimmung vom letzten Wochenende "punkto Linkslastigkeit überholt" habe. Die SVP-Nominationsversammlung findet am 23. März statt.
Der Kandidat scheint moderat und unverbindlich
Neuer Mann der SVP ist der Arzt und Psychotherapeut Konrad Widmer, seit September 2001 Direktor des Universitäts-Kinderspitals beider Basel. Widmer war während sieben Jahren Mitglied der Liberalen, der nach seiner Einschätzung "Gefahr läuft, eine Insiderpartei zu werden". Erst vor gut 13 Monaten, am 1. Januar 2003, trat er in die SVP ein. Gestört habe ihn, wie die Liberalen über das UKBB debattierten "ohne mit mir zu reden".
Der verheiratete Vater von drei Kindern im Alter zwischen drei und zehn Jahren gab sich bei seiner Präsentation moderat und inhaltlich noch sehr unverbindlich. Er störe sich an "vorgefassten Meinungen" und "am pauschalen Be- und Verurteilen".
Mit Blick auf den Charakter seiner eigenen Partei meinte Widmer, parlamentarische Tätigkeit dürfe "zuweilen auch polarisieren", die Regierungstätigkeit müsse aber darauf ausgerichtet sein, Probleme zu lösen. "Staatlichen Leistungsabbau" und "Effizienzsteigerung" sind Sammelbegriffe, um die die Interessen des Kandidaten kreisen, der während zwei Jahren ein betriebswirtschaftliches Studium an der Universität Basel absolvierte. Auf der politischen Bühne war Widmer bisher ein unbeschriebenes Blatt.
OnlineReports: Durch wen sind Sie für eine Kandidatur angefragt worden?
Konrad Widmer: Durch Frau Zanolari.
OnlineReports: Waren Sie erste Wahl oder haben vor Ihnen andere angefragte Kandidaten abgesagt?
Widmer: Das weiss ich nicht. Der erste Kontakt in diese Richtung fand im letzten Sommer statt - sicher noch vor den Nationalratswahlen.
OnlineReports: Was reizt Sie an einem Basler Regierungsamt - wo doch an allen Ecken und Ende nur gespart werden muss?
Widmer: Regierung und Sparen sind ebenso hochkomplexe und sinnvolle Managementaufgaben wie der ökonomische Einsatz der Mittel. Sparen ist aber nicht die einzige Möglichkeit, sondern man kann auch effizienter arbeiten.
"Herr Conti hat auf meine Ankündigung hin
äusserst gelassen reagiert."
OnlineReports: Falls Sie die Wahl schaffen, ist nicht ausgeschlossen, dass Ihr Chef, Sanitätsdirektor Carlo Conti (CVP), über die Klinge springen müsste.
Widmer: Das glaube ich nicht. Ich glaube, Herr Conti wird mit grösster Wahrscheinlichkeit wieder gewählt. Er ist ein guter Sanitätsdirektor. Hingegen könnte meine Wahl den Vertreter der DSP treffen. Stünde ich zusammen mit den andern bürgerlichen Kandidaten auf einem Fünfer-Ticket, wäre der Druck auf DSP-Justizdirektor Hans Martin Tschudi am grössten.
OnlineReports: Wie hat Herr Conti vor einer Woche auf Ihre Ankündigung einer Kandidatur reagiert?
Widmer: Äusserst gelassen. Er sagte, er sei nicht überrascht und habe schon etwas läuten hören. Er war genug staatsmännisch, nicht verärgert zu reagieren.
"In der SVP stehe ich
eher auf der linken Seite."
OnlineReports: Wo positionieren Sie sich innerhalb des SVP-Spektrums?
Widmer: Innerhalb des SVP-Spektrums stehe ich eher auf der linken Seite, innerhalb des gesamten politischen Spektrums bürgerlich-rechts.
OnlineReports: In der Ausländerfrage führt die Basler SVP ein radikales Regime. Wo stehen Sie in dieser Frage?
Widmer: Ein Ausländeranteil von 30 Prozent im Kanton ist ein Fakt. Die schwierige Frage ist, wie wir damit umgehen. Ich weiss im Moment auch nicht, wie man Migranten besser integrieren könnte. Die Frage ist nicht das Quantum, sondern die Qualität der Integration. 85 Prozent der Gschpönli meiner beiden Buben, die im Kleinbasel die Orientierungsschule besuchen, sind Ausländer. Ein Zusammenleben ist nicht unmöglich. Aber die Schweizer dürfen nicht völlig untergehen.
OnlineReports: Woher erhoffen Sie sich Ihre Stimmen ausserhalb der SVP-Stammwählenden?
Widmer: Viele bürgerlich Stimmende ziehen in Betracht, mir die Stimme zu geben. Selbst in der Linken gibt es Exponenten, die in gewissen Bereichen wie Gesundheitswesen oder Pensionskassengesetz ähnlich denken wie ich.
"Es gibt noch andere Persönlichkeiten,
die zu einer Kandidatur bereit wären."
OnlineReports: Die SVP hat einmal angekündigt, Sie werde je nach Verhalten der andern bürgerlichen Parteien mit mehreren Kandidaturen antreten. Gibt es neben Ihnen weitere SVP-Bewerbungen?
Widmer: Sicher, es gibt andere Persönlichkeiten, die für eine Kandidatur noch bereit wären. Ob es Frau Zanolari wäre, möchte ich jetzt nicht sagen.
OnlineReports: Suchen Sie eine neue berufliche Herausforderung, weil das Universitäts-Kinderspital beider Basel in den letzten Jahren für reichlich Turbulenzen gesorgt hat?
Widmer: Sicher nicht. Mir gefällt mein jetziger Beruf. Ich könnte auch im UKBB pensioniert werden. Die Turbulenzen nehmen dauernd ab.
OnlineReports: Welches Departement sagt Ihnen am ehesten zu?
Widmer: Von der Sache her ist es natürlich das Sanitätsdepartement. Aber ich würde jenes Departement nehmen, das ich bekomme. In der Regierungsarbeit geht es um Effizienzsteigerung, Abbau von staatlichen Leistungen oder in Richtung Selbstverantwortung oder eine Kombination der drei Aspekte. In vielen Bereichen funktioniert der Staat sehr gut. Aber wir müssen versuchen, ein strukturelles Defizit von 100 Millionen jährlich abzubauen.
"Ich weiss seit zweieinhalb Jahren,
wie der parlamentarische Prozess läuft."
OnlineReports: Sie haben keine parlamentarische oder praktische politische Erfahrung. Ist das nicht ein Nachteil?
Widmer: Die Regierungstätigkeit ist primär eine Managementaufgabe und von der parlamentarischen Aufgabe grundversicheden. Wichtig ist, dass man als Regierungsmitglied weiss, wie der parlamentarische Prozess läuft. Und das habe ich in den letzten zweieinhalb Jahren erfahren.
12. Februar 2004
Weiterführende Links:
"Tschudi arbeitet seriös und kompetent"
Mich stört die Aussage von Herrn Widmer: "Er ist ein guter Sanitätsdirektor. Hingegen könnte meine Wahl den Justizdirektor treffen ...". Diese Aussage suggeriert eine schlechte Qualifikation des Justizdirektors Hans Martin Tschudi, wogegen ich mich zur Wehr setze. Es steht dem Neo-Kandidaten meines Erachtens nicht zu, Regierungsmitglieder, die seit vielen Jahren ihre Arbeit seriös und kompetent erledigen, nur deswegen anzugreifen, weil, damit es zur Wahl reicht, ja irgendwer angegriffen werden muss. Ich hoffe, dass sich die SVP im Wahlkampf an die Regeln der Sachlichkeit und der Fairness halten wird.
Daniel Thiriet, Riehen
"frau zanolari vor den karren"
frau angelika zanolari unterschätzt die basler wählerschaft. nach meyer und bucheli hätte sich die chefin selbst vor den "charren" spannen müssen um die SVP wahlkampfgelüste mit einem sieg zu krönen!
kurt c. thommen, tenniken bl