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"Probieren, experimentieren, provozieren": Musik-Botschafter Hausammann

"Wir machten politisch motivierte, ganzheitliche Kulturarbeit"

Nach 28 Jahren verabschiedet sich Georg Hausammann  vom "contrapunkt-Chor" mit einem programmatischen Konzert


Von Anna Wegelin


Er ist ein Phänomen: Georg Hausammann. Der 66-jährige Chorleiter, Musiker und Sänger aus Muttenz ist mindestens 100-prozentig präsent und versteht es wie kein anderer, Menschen zur Gemeinschaft zu verführen. Und der unverwüstliche Kulturtäter glaubt doch tatsächlich, dass Chormusik die Welt verändern kann.

Georg Hausammann kommt aus dem glarnerischen Schwanden und lebt mit seiner Familie seit über vierzig Jahren in der Nordwestschweiz. Ein Lehrer in seiner Kindheit entdeckte seine musikalische Ader. Als junger Mann spielte er in einer Jazz-Combo und reiste vom Glarnerland nach Zürich, um Miles Davis zu hören. Seit 1990 arbeitet er freiberuflich als Chorleiter, Gesanglehrer und Leiter von Singkursen und Offenen Singen.

 

"Wir machten politisch motivierte,
ganzheitliche Kulturarbeit."


1981 gründete er mit Mitgliedern des kirchlichen Jugendchors Muttenz den "contrapunkt-Chor". Mitte Juni verabschiedet er sich mit einem "Wunschkonzert" von 28 gemeinsamen Jahren mit der Sing-Gemeinschaft. Damit geht in der Nordwestschweiz eine Ära zu Ende: Georg Hausammann und seine rund achtzig Sängerinnen und Sänger stehen für linken, engagierten Chorgesang auf höchstem Niveau. "Wir machten politisch motivierte, ganzheitliche Kulturarbeit", erklärt der Chorleiter, der sein Wirken mit Beuys’ sozialer Plastik vergleicht. Der Name der Muttenzer Chorgemeinschaft – Kontrapunkt bedeutet Gegenmelodie – ist vom bewegten Anfang (der wilde Haufen und sein Chorleiter sangen in Kaiseraugst gegen den Bau des geplanten Atomkraftwerks an) bis heute Programm geblieben.

Das umfangreiche "contrapunkt"-Repertoire ist zwar äusserst vielfältig und reicht vom einfachen Volksliedgut aus aller Welt bis zur experimentellen Auftragskomposition, vom klassischen Oratorium bis zum zeitgenössischen Gesamtkunstwerk. Doch wer die Programmhefte aus fast drei Jahrzehnt studiert, findet einen gemeinsamen Nenner für die Konzerte: Sie sind gesellschaftspolitische Kommentare zum Zeitgeschehen.

Am Bezeichnendsten für die linke Tradition des Chors ist das Oratorium "Canto General" von Pablo Neruda (Text) und Mikis Theodorakis (Musik), den Hausammann und der "contrapunkt" 1981 in der geragelt vollen Basler Matthäuskirche als Schweizer Erstaufführung interpretierten. 18 Mal in 28 Jahren hat der Chor das monumentale Epos über den Befreiungskampf Lateinamerikas gegen den Imperialismus im In- und Ausland (1983 in Westberlin) aufgeführt. Bei der letzten Aufführung vergangenen November kam die versammelte regionale Linke ins Basler "Volkshaus", und einige Zuhörende sangen die Lieder sichtlich bewegt mit.

 

"Das missionarische Feuer
ist definitiv erloschen."


"Probieren, experimentieren, provozieren": Mit dem "contrapunkt" habe er seine Anliegen für mehr Gerechtigkeit und Menschlichkeit umsetzen und musikalisch zu ständig neuen Ufern aufbrechen können, sagt Georg Hausammann heute.

Doch diese Zeiten seien endgültig vorbei: Der Chor hat ein gestandenes Alter erreicht. Die Parteien und Feste, an denen der "contrapunkt" auftrat – unter anderem für die "Progressiven Organiationen Basel" und das "Nostra Festa" –, existieren nicht mehr. Die Welt sei unübersichtlicher geworden und lasse sich nicht mehr in die bipolaren Systeme Kapitalismus und Sozialismus trennen, so Hausammann: "Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Musik ist nicht mehr gefragt und das missionarische Feuer definitiv erloschen."

Bevor er sich mit Workshops vermehrt der Wellness-Seite des gemeinschaftlichen Singens widmet, will er die Contrapunktuellen nochmals richtig aus dem Busch klopfen. Das Abschiedskonzert "ausklang" vom 13. Juni beginnt mit Arvo Pärt, in dessen "Gebet nach dem Kanon" sich der religiöse Mensch manifestiere, der innehält und aus der Stille schöpft. Die "Toccata d-moll" von Johann Sebastian Bach ist eine Hommage an den grossen Kantor, "der als Komponist alles auf den Kopf stellte, was man auf den Kopf stellen konnte". Das improvisatorische "Chaos" im dritten Teil des Abends bestreiten Georg Hausammanns musikalische Weggefährte – Special Guest Christian Zehnder, ein Jazz-Ensemble mit Roland Köppel, Dani Blanc, Michael Pfeuti, Thomas Weiss und Urs Wiesner, der Tenor Hans-Jürg Rickenbacher und die Organistin Susanne Doll. Und zum Finale mit der "Missa In Tempore Incerto" von Christoph Schönherr (Uraufführung 2008) kann sich der "contrapunkt" nochmals in einer neuen Sparte bewähren.

So geht nicht nur ein Stück Basler Musikgeschichte zu Ende, es erlischt auch ein Stück linker Politik-Kultur. Klar ist, dass Hausammanns Nachfolge mit dem "contrapunkt" wohl andere Akzente wird.

 

"ausklang", Abschiedskonzert "contrapunkt-Chor" mit Georg Hausammann: Samstag, 13. Juni, 20 Uhr, Leonhardskirche, Basel. Infos: www.contrapunkt.ch

5. Juni 2009


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