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© Foto by Engeler
"Masslose Selbstausbeutung": Nischenverleger Engeler

Die kompromisslose Leidenschaft für Lyrik

Trotz Rückzug des Mäzens lebt Urs Engelers Nischen-Verlag weiter.


Von Anna Wegelin


"Urs Engeler Editor", der vielfach ausgezeichnete Nischen-Verlag mit Schwerpunkt Poesie und Poetik, lotet seit den neunziger Jahren konsequent das Wie der Sprache aus. Nach dem Rückzug seines Mäzens drohte das Aus – dennoch geht es weiter.


Vor gut einem Monat verbreiteten Deutschschweizer Zeitungen die Meldung, der Verlag "Urs Engeler Editor" mit Sitz in Weil am Rhein, 1999 mit dem Kulturpreis der Stadt Basel ausgezeichnet, gehe ein. Die "Basler Zeitung" titelte "Urs Engeler Editor steht vor dem Aus" und schrieb, dem Verlag drohe das Ende. Zwei Tage später präzisierte der leidenschaftliche Verleger moderner Poesie und Poetik in einem Mail an die Redaktionen, sein Ein-Mann-Unternehmen stehe "vor einer ungewissen Zukunft". Grund: Der langjährige Mäzen des Verlags, ein Zahnarzt aus Stuttgart, beende seine Unterstützung aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Probleme liegen "in der Zeit"

"Das Ende des Lyrik-Verlags wäre schade, liegt aber in der Zeit", meinte der Basler Buchhändler, Verleger, Autor und Festival-Anstifter Matthyas Jenny gegenüber OnlineReports. Er muss es wissen: Ist er doch, wie Urs Engeler, ein kompromissloser Literatur-Liebhaber, der laut eigenen Aussagen in den vergangenen 35 Jahren hunderttausende Franken in seinen Verlag "Nachtmaschine" gesteckt hat – "ohne einen einzigen Spendenrappen zu kassieren".

Jenny, der Gründer und Leiter des Internationalen Lyrikfestivals und der Buchmesse in Basel, hat immer wieder mit Urs Engeler und AutorInnen seiner "Edition" zusammengearbeitet, von Elke Erb und Peter Waterhouse über Oskar Pastior und Bert Papenfuss bis zu den in Basel lebenden Birgit Kempker und Urs Allemann. Jenny bezeichnet Engelers Programm als ein "hoch spezielles mit nicht sehr bekannten AutorInnen, die es auf dem Markt sehr schwer haben". Urs Engelers Verlag habe in der Szene der Literaturwissenschaftler(innen), der schreibenden Zunft und der Universitäten einen hervorragenden Ruf. "Aber die Szene ist nicht das grosse Publikum." Engelers finanzielle Abhängigkeit von einer Privatperson sei ein Schicksal, das er selber gewählt habe, so Matthyas Jenny: "Wenn mir ein Mäzen jedes Jahr die Herstellungskosten decken würde, würde ich auch ein tolles Programm zusammenstellen."

50'000 Franken für 20 Titel

"Alle haben das Gefühl, der Engeler ist reich und kann mit dem Geld machen, was er will", kontert Urs Engeler, 1962 in Zürich geboren und seit seinem Wegzug aus Kleinhüningen, Basel, Ende 2008 im solothurnischen Holderbank wohnhaft. Das sei "absoluter Quatsch". Sein Verlag gründe auf drei Säulen: dem Bücherverkauf, den Produktionskosten mit Unterstützung des Mäzens, und seiner eigenen "masslosen Selbstausbeutung". In den letzten drei Jahren habe er jeweils etwa 30'000 Euro pro Jahr für den Buchdruck erhalten, rechnet er vor. Mit diesem gespendeten Geld veröffentliche er rund 20 Titel, darunter auch sogenannte Compact-Bücher mit Text und CD – ein "normaler" Verlag stelle mit diesem Betrag ganze zwei Bücher her.

"Urs Engeler Editor" sei kein Ausnahmefall, betont er. Viele Verlage würden nur dank privater Spenden überleben. "Nur spricht man nicht öffentlich darüber." Selbstverständlich bedaure er es, dass sich sein Mäzen zurückziehe, erklärt er. Der Stuttgarter Zahnarzt unterstützt den Verlag seit dessen Gründung 1995, ohne sich ins Programm einzumischen. Dennoch ist Engeler "nicht ganz unfroh" über diese Aufkündigung. Was er selber an unbezahlter Arbeit für den Verlag erbringe, sei nicht mehr steigerungsfähig, meint er nüchtern. Im Gegenteil, er müsse abbauen: "Ich gehe langsam kaputt an dieser Arbeit."

Herbstprogramm 2009 gesichert

Dennoch habe er keineswegs vor, seinen Verlag aufzugeben, dementiert er die Gerüchteküche. Das Herbstprogramm von "Urs Engeler Editor" steht längst und ist finanziert. Dazu gehören wiederum Autorinnen und Autoren aus dem In- und Ausland, ältere und jüngere – darunter Kurt Aebli, Ulf Stolterfoht, Michael Donhauser und seit 2008 auch Bruno Steiger. Von Andrea Zanzotto erscheint ein neuer Prosatext in einer Werkedition des 1921 geborenen italienischen Autors.

Besonders stolz ist Urs Engeler auf den Prosatext "Die Freuden der Jagd" des 1962 geborenen Deutschen Ulrich Schlotmann, mit 1'100 Seiten das dickste Buch in der Geschichte von "Urs Engeler Editor". Schlotmann sei "ein brillanter Stilist und ein grosser Bösewicht", schwärmt sein Verleger. Von Rassismus über Dummheit bis Gier – alle menschlichen Übel nehme er aufs Korn. Der Text, an dem der Autor zehn Jahre gearbeitet habe, sprühe vor Humor – für Engeler eine grosse Anziehungskraft auch der modernen Lyrik, die Vielen leider entgehe, weil sie meinten, Dichtung sei reine Vernunftssache.

Mehr Zeit für die junge Generation

Für 2010, nach Ende des Mäzenatentums, plant Urs Engeler vier bis fünf Veröffentlichungen im Jahr. Weiter geführt wird die Zeitschrift "Zwischen den Zeilen", die seit 1992 im Halbjahres-Rhythmus erscheint und deren Nummer 30 zu junger dänischer Lyrik demnächst erscheint. Beim Alten bleiben der Fokus zeitgenössische Poesie und Poetik sowie das schlichte, edle Buchdesign ohne Herausgeberkommentar.

Nur mit Übersetzungen von Gedichten wolle er pausieren, erzählt Engeler. So habe er einerseits Zeit, sich mit jüngeren Autorinnen und Autoren im deutschsprachigen Raum zu beschäftigen, von denen es zurzeit viele gute gebe. Andererseits könne er sich mehr auf seinen Hauptbroterwerb am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel kümmern. In diesen Tagen breitet er eine Dokumentation mit Auszügen aus den Abschlussarbeiten der ersten 14 Studienabsolvierenden der nationalen Kaderschmiede für Jung-Talente vor.

Wir atmen auf: Der kleine, feine Verlag "Urs Engeler Editor" lässt sich nicht von der globalen Krise diktieren. Möglich macht dies letztlich die unbändige Leidenschaft seines Verlegers. "Lyrik ist nach wie vor die einzige Gattung, die mich wirklich interessiert", erklärt Urs Engeler. Wer sich in Klagenfurt und den Konventionen deutscher Schmalkostliteratur langweile, finde in Weil und in Holderbank nach wie vor einen reich gedeckten Tisch.

10. Juli 2009


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