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© Foto by Fondation Beyeler
"Wie eine Flamme": Basquiat-Werk "Boy and Dog in a Johnnypump" (1982)

Jean-Michel Basquiat und die Kunst des metropolitanen Lebens

Neue Ausstellung in der Fondation Beyeler in Riehen: Das Naive und das Hintergründige


Von Aurel Schmidt


Der Übergang von der alten zur neuen Ausstellung in der Fondation Beyeler ist fast übergangslos erfolgt: aus den phantastischen Dschungel-Landschaften des Henri Rousseau direkt in das Dickicht der Grossstadt von Jean-Michel Basquiat. Das ästhetisch gebannte, aber wahrscheinlich auch naive Chaos ist geblieben und wie in einem Stafettenlauf weitergegeben worden.
 
Jean-Michel Basquiat wurde 1960 in New York geboren. Sein Vater war Haitianer, die Vorfahren seiner Mutter kamen aus Puerto Rico. Basquiat verkehrte in New York in den Kreisen um Andy Warhol, er war der erste afro-amerikanische Künstler, der es zu Berühmtheit gebracht hatte und "eine der schillerndsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts" (so der Basquiat-Kenner Dieter Buchhardt). Und von seinem Künstler-Kollegen sagte Fab 5 Freddy: "Er lebte wie eine Flamme." Mit nur knapp 28 Jahren starb Basquiat an der Überdosis einer Drogenmischung aus Heroin und Kokain.

Am besten wäre es, über Basquiat zu schreiben, ohne auf seine Person einzugehen, weil alles, was heute über ihn gesagt wird, sofort eine unangebrachte Tendenz zum Hagiografischen bekommt und eine falsche Publicity hervorruft. Aber New York und das hektische, nervöse metropolitane Leben haben Basquiats Biofragie beeinflusst und seinen künstlerischen Stil geprägt. New York war vor und während der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts ein Ort, wo alles möglich war, ein Laboratorium des Experimentierens mit Kunstformen und Stilen, ständig auf dem Sprung, enorm kreativ und innovativ. In diesem Sinn ist Basquiats Werk ein Abbild dieser Zeit.

Wenn man sich nur auf die Bildwelten verlässt, ohne Ablenkung, ist es mit einem Mal möglich, ein buntes Stilgemisch zu entdecken, das nichts Eklektisches aufweist, sondern einem Fundus entspringt, wo alles, was in die Hände fällt, gemischt und neu zusammengestellt wird. Und sehr schnell. Das ist das Beispielhafte bei Basquiat. Die Atome (die Zeichen, Bildbausteine, Assoziationen) rasen und gehen in einen neuen Zustand über, sie bringen eine neue visuelle Welt hervor, eine Kunstwelt, wie man sie nie gesehen hat.

"Ethno Art, Graffiti, Comics, Werbung –
alles ist hier versammelt und refiguriert."


E
thno Art, Wandmalerei, Graffiti, Keith Haring, Kritzeleien und Piktogramme, Werbung, Comics und Kinderzeichnungen, die Welt des Boxens, die für Basquiat ein Beispiel für die schwarze Befreiung war (Joe Louis in Siegerpose), ebenso der Jazz (Max Roach, Charlie Parker) und Hip Hop, Einflüsse von Cy Twombly und Jean Dubuffet sind zu erkennen, Monster kommen vor, die wie aus den Bildern von Henri Rousseau hervorzubrechen scheinen – alles ist versammelt und refiguriert. Neoexpressionismus ist Begriff für einen neuen pikturalen Stil, der alles aufnimmt und damit frei und einfallsreich damit umgeht. Sogar im Anatomie-Lehrbuch "Anatomy of the Human Body" (1858) von Henry Gray soll sich Basquiat bedient haben, von dort könnte die Anregung zu den vielen Schriftvorkommen in seinen Bildern herstammen ("Hands and Feet ©", einzelne Werke bestehen nur aus Schriften und Zahlenreihen). Die Zusammensetzung hat etwas Unbefangenes, Unbekümmertes, Spielerisches, Naives und schliesst unter anderem auch deshalb wie in einem geheimnisvollen Blutkreislauf an Henri Rousseau an.
 
Was bei Basquiat im Unterschied zum Zöllner Rousseau jedoch entstanden ist, verweist auf das moderne Grossstadtleben hin und zugleich im Widerspruch dazu auf einen enzyklopädischen Primitivismus. Das Unpassende wird zusammengefügt und passt auf einmal wunderbar zusammen. Manches zeugt von Humor, manches ist Ausdruck eines aggressiven Realismus. Wenn es sein musste, bemalte Basquiat auch (wie das in seiner frühen Schaffensphase der Fall war) einen Kühlschrank, der heute in der Ausstellung zu sehen ist. Die Mischung und das Sampling sind das signifikante Kriterium zum Verständnis unserer Zeit und der Nährboden der Postmoderne.

Die Formate sind zum Teil riesig, angeblich mussten einzelne Deponate aus den Häusern, wo sie aufbewahrt werden, herausgebrochen werden. 160 Werke sind in der von Dieter Buchhardt kuratierten Ausstellung zu sehen. Ernst Beyeler hatte den Künstler schon 1983 ins seiner Galerie gezeigt. Auf dem Markt kostet ein Basquiat heute um die 15 Millionen Dollar. Was nichts über den Künstler sagt. Der Kunstmarkt geht seine eigenen Wege. Aber der Künstler eben auch, und das ist hier deutlich zu verfolgen.

Fondation Beyeler, Riehen: Basquiat. Vom 9. Mai bis 5. September. Der gut dokumentierte Katalog kostet 68 Franken.

8. Mai 2010


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