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"Man müsste von Obsession sprechen": Gemaltes Hofkunst-Atelier in Montet

Kunst- und Knochenarbeit

Museum Tinguely in Basel: Ausstellung des Werks von Alfred Hofkunst


Von Aurel Schmidt


Im November 1979 besuchten zwei Basler Journalisten den Künstler Alfred Hofkunst in Missy zwischen Neuenburger- und Murtensee. Der Künstler verriet den beiden, dass er ein Hausboot gemietet habe und im Begriff sei, das Erlebnis des Neuenburgersees und die fortschreitenden Lichtveränderungen innerhalb von 24 Stunden festzuhalten, am Morgen, am Mittag, am Nachmittag, in der Nacht und am nächsten Morgen.

32 Bilder mit dem Format 150x200 cm sind auf diese Weise im Verlauf mehrerer Monate in minutiöser malerischer Kleinarbeit entstanden. Sie sind jetzt in der Ausstellung über Alfred Hofkunst (1942-2004) im Museum Tinguely zu sehen.

Den beiden angereisten Journalisten vertraute der Künstler auch an: "Ich bin richtig süchtig nach meiner Büetz." Auf die Rückseite eines grossformatigen Werks notierte Hofkunst einmal: "Das ist nur mit Knochenarbeit zu erreichen."

Das sind zwei Sätze, die Aufschluss über Hofkunsts Arbeitsweise geben. Büetz? Knochenarbeit? Man müsste von Obsession sprechen - nur so lässt sich Hofkunsts Oeuvre in seiner alle Grenzen überschreitenden Dimension annähernd erklären. Alles andere greift ins Leere.

 

"Es gab für Hofkunst nur die Kunst
- oder gar nichts."

 

Hofkunst war ein Besessener. Das ist nicht abwertend gemeint. Es gab für Hofkunst nur die Kunst - oder gar nichts. Kunst in einem existenziellen und expansiven Sinn - nichts Halbes, Kleines, Geringes.

Man kann das an ein paar Beispielen erklären. Als er einmal eine "Badende" malen wollte, stellte er in seinem riesigen Atelier ein Bassin auf. Das Modell musste tagelang im Wasser liegen, bis Hofkunst Strich für Strich für Strich für Strich das Werk (300x200 cm) vollendet hatte. So arbeitete er: Mit unzählig vielen kleinen Strichen, häufig mit Farb- und Bleistift ausgeführt, oft verbunden mit anderen Techniken, bis er ans Ende gekommen war.

Natürlich war das Knochenarbeit, aber mehr noch war es ein Wille, eine Leidenschaft, ein Wahnsinn. Ein Suchen, das in Sucht umschlug.

Die Frage, was er erreichen wollte, erübrigt sich. Sie kann nicht beantwortet werden, weil es keine Antwort gibt. Was er vorhatte, führte er aus. Es gab nichts Anderes. Er musste bis ans Ende gehen, bis an die Grenze des Möglichen (und unter Umständen des Unmöglichen). Als er ein Lavendelfeld malte (ein Bild von 200x150 cm), hielt er jeden einzelnen Blütenzweig mit Acryl, Farbstift und Pastell fest. Diese Werke sind keine Kunstwerke, sondern genaue Protokolle eines kreativen Prozesses, wenn nicht eines Exzesses. Das Gleiche gilt für ein Bild von annähernd gleichen Massen, auf dem er im Verhältnis eins zu eins mit feinen Farbstiftstrichen eine Spanplatte wiedergab.

Sicher hat diese Kunstpraxis nichts mit Realismus, Scheinrealismus, Trompe-l'oeil, Verdoppelung oder Reproduktion der existierenden Raum- und Sachverhältnisse in einer Art Second World oder was weiss ich zu tun, aber womit es dann zu tun hat, ist auch unmöglich zu sagen. Manchmal versagt die Sprache, und worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen, wie der Philosoph sagt. Oder es nehmen, wie es ist.

 

"Vielleicht ist die Bezeichnung 'Bildproduktion'
am zutreffendsten."

 

Zum Drucken grafischer Blätter benützte Hofkunst mehr als einmal eine Dampfwalze. Die bearbeitete Platte legte er auf den Boden, darüber verteilte er Pflanzen, Essensreste, Abfälle aller Art und so weiter, dann fuhr er im Atelier mit der Walze darüber. Die hundert so entstandenen Blätter trugen den Titel "Cent pour Jean" und waren dem Copain Jean Tinguely gewidmet.

Warum dies alles aufzählen? Weil das zu Grund liegende kreative Geheimnis nicht anders zu fassen ist. Man muss unablässig darum herum kreisen, anders geht es nicht, weil nur so die Absichten des Künstlers vielleicht eine Spur verständlich werden.

Für eine Ausstellung in Holland zeichnete Hofkunst die Wände eines ersten Ateliers in Montet bei Cudrefin ab, mit Telefon, Heizkörper, Gartenstühlen und mit Bildern, die damals im Atelier aufbewahrt waren und jetzt in der Ausstellung zu sehen sind.

Dieses gezeichnete und massstabgetreue Original des Atelier-Abbilds, als eigenständiges Werk verstanden, war später noch einmal an der documenta 6 zu sehen und wird jetzt in der Ausstellung im Museum Tinguely ein drittes Mal gezeigt.

 

"Die Ausstellung ist der Arbeitsweise
des Künstlers angemessen."

 

Als Gastkurator und auf Grund einer langjährigen Bekanntschaft mit dem Künstler hat Urs Eberhardt die Ausstellung eingerichtet. Keine museale Ausstellung im klassischen Sinn, sondern eine, die mit irritierendem Erfolg die Grundzüge der Arbeitssituationen des Künstlers im Atelier in die Museumsräume überträgt und wiederholt, aber ohne Authentizität oder Dokumentarität anzustreben, sondern in einer Form, die der Arbeitsweise des Künstlers angemessen ist.

Noch ein Wort zum Katalog. Er besteht aus einer Buchbindermappe mit zehn Fächern, in denen auf zusammengefalteten Plakaten zehn thematische Kapitel aus Hofkunsts Leben und Werk abgehandelt werden. Wenn diese Plakate ausgebreitet werden, ist es am besten, dies auf dem Fussboden zu tun und sich darauf hinzulegen, um in der Mitte wenigstens einen Teil des Ganzen zu sehen - sehr Hofkunst-gemäss.

 

Der Katalog kostet 100 Franken. Das ist für einen Katalog mit Multiple-Charakter angemessen.

14. Mai 2007



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