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"Beim Kunstkredit immer schon abgemeldet": Basler Künstler Heiri Strub

Heiri Strub, unbeugsamer Chronist und bissiger Kommentator

Kurz vor seinem 90. Geburtstag zeigt der Künstler alte und neue Werke in der Basler Galerie Hilt


Von Peter Knechtli


Die Aussage des Bildes ist sofort erkennbar: Aus Rinnen und Schächten fallen Menschen du und ich in den dunklen Schlund - als unnötig, verbraucht oder unerwünscht ausgespuckt durch eine end- und rücksichtslos sich drehende Wirtschaftsmaschinerie. Diese Aussage des Bildes "Massenentlassungen" passt zur Generallinie, die sich durch Heiri Strubs Werk zieht. Es ist eine beissende Kritik an einem rein an Zahlen und Profit orientierten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen System, das jeden menschlichen Bezug verloren hat.

So kennen wir den Basler Künstler Heiri Strub, in Riehen aufgewachsen, als unbeugsamen Chronisten und bissigen Kommentatoren der Gesellschaftsentwicklung. Dabei verschont der gelernte Schriftsetzer auch den modernen Kunstbetrieb nicht, der sich mehr und mehr an den Regeln der Warenverkaufs-Wissenschaft orientiert. Radikal-Kritik als politisches Kampfmittel kam bei Heiri Strub nicht von ungefähr: Er war Mitbegründer der kommunistischen "Partei der Arbeit" (PdA) und Redaktor des Parteiorgans "Vorwärts", als der er seine Auffassung ohne Wenn und Aber mit Leidenschaft verteidigte. Mit gegnerischen Polit-Inhalten konnte er nur insofern etwas anfangen, als dass er sie dazu benutzte, seine Sicht der Dinge als die richtige zu belegen. Seine kommunistische Überzeugung hat er beibehalten bis auf den heutigen Tag; sie hat ihn gesprägt, wie kaum einen Künstler in der Schweiz.

 

"Bundespolizei denunzierte Strub
bei seinen Auftraggebern."


In Begegnungen mit dem Grafiker und Illustrator vergehen in der Regel nur wenige Sätze, bis er das Thema selbst auf den Punkt bringt, der sein ziviles und letztlich auch sein künstlerisches Leben massgeblich beeinflusst hat: Im Kalten Krieg geriet er ins Visier der Bundespolizei, der er zu einem unvorstellbaren Mass an Schnüffel- und Denunzierarbeit verhalf. Zusammen mit seiner Frau Lotti wurde er von 1936 bis 1989, als der so genannte Fichen-Skandal aufflog, überwacht. Zehn Kilogramm schwer und 28 Zentimeter dick sind die rund 1'700 Seiten umfassenden Polizeinotizen über den vermuteten, überwachten, abgehörten, beschatteten und letztlich unschädlich gemachten Bürger. Sein lakonischer Kommentar über die Polizeiakten: "Die schlechteste und teuerste Literatur, die in der Schweiz je geschrieben worden ist."

Strub wusste erst aufgrund der Akten, dass die Bundespolizei den bis heute unbescholtenen Bürger, der längere Zeit in der DDR lebte, als hochgradig verdächtiges umstürzlerisches Zielobjekt identifiziert hatte und ihn bei seinen potenziellen Arbeitgebern systematisch als Kommunisten denunzierte. Da wurde ihm klar, weshalb Auftraggeber, die von seinen künstlerischen Qualitäten auch als Reklamegrafiker angetan waren, plötzlich kopfscheu wurden und Aufträge stornierten ("mit ganz faulen Ausreden haben sie mich abgschüüfelet"). Die damalige Chemiefirma Geigy, erinnert sich Heiri Strub, liess Werbekarten durch ihn illustrieren, doch die bereits gedruckte Auflage wurde eingestampft statt verschickt. Grund: Der damalige Geigy-Reklamechef liess ausrichten, er könne vor seinem Vorgesetzten eine Kooperation mit einem Mitglied der "Partei der Arbeit" nicht verantworten.

Solch einschneidende Erlebnisse, die faktisch einem Berufsverbot gleichkamen, prägten die Arbeit des Gestalters und bestärkten ihn gleichzeitig in seiner Überzeugung, dass wir es in der Schweiz mit einem unterdrückerischen System zu tun hatten. Ähnliche Einschätzungen dürften auch den Familientisch beherrscht haben: Sein Vater war Grossrat und Basler Gewerbeinspektor - der einzige kommunistische Chefbeamte der deutschsprachigen Schweiz.

Mitte der fünfziger Jahre beeinruckte er ganze Kindergenerationen mit der eindrücklichen Illustration von Grimm-Märchen "Das tapfere Schneiderlein" (Büchergilde Gutenberg), das als Metapher ganz auf Strubs politisches Programm zugeschnitten war: Mit diabolischer Freude zeichnete er, wie das kleine Schneiderlein die dumpfen Riesen überlistete und schliesslich zum König wurde. Erfolgreich war zuvor schon "Die Geschichte der Geschichte vom Walross und den Veilchen".

Sein intensives, breit gefächertes künstlerisches Schaffen als Grafiker, Illustrator und Kunstmaler behielt eine hohe Aussageintensität mit nie versiegendem Schalk, der ihm schon in früheren Jahren Larvenmacher und gar Guggenmusikant eigen war.

 

"Sich mit dem Kapital anbiedern,
das wollte Heiri Strub nie."


Strub blieb seiner meist stark zugespitzten Systemkritik bis auf den heutigen Tag treu, was mit dazu führte, dass ihm materieller Erfolg versagt blieb. "Heiri Strub ist nicht einer dieser modernen, zynischen  Macher aus dem Schickimicki-Kunstbetrieb. Mit dem Kapital anbiedern, das wollte Heiri Strub nie, deshalb hat man seine Werke kaum je besprochen in der bürgerlichen Presse", sagte SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner heute Samstagnachmittag in seiner Rede zu Ausstellungsbeginn. "Er hat sich auch künstlerisch nicht auf Heldenverehrung von Parteibonzen eingelassen, sondern seine Bilder suchen den Zugang zu den einfachen Menschen." Beim staatlichen Kunstkredit sei er "schon immer abgemeldet" gewesen.

Die Basler Galerie Hilt widmet Heiri Strub zu seinem bevorstehenden 90. Geburtstag (19. August) nun eine Ausstellung, die einen Ausschnitt aus seinem reichhaltigen Schaffen zeigt. Dabei zeigt der offiziell nie geehrte Künstler mit Wurzeln in der Oberbaselbieter Gemeinde Läufelfingen, dass auch Fasnachts-, Landschafts-, Umwelt- und Schmunzelbilder zu seinen Domänen gehören. Nicht ausgeschlossen und äusserst wünschenswert wäre, dass Heiri Strub die angemessene Anerkennung seines Lebenswerks erst noch erfahren wird. Ein Schritt in diese Richtung steht bevor: Seine 1'000 Illustrationen von 33 gedruckten Bücher finden Sicherheit in der Handschriftensammlung der Basler Universitätsbibliothek - auch ohne das wachsame Auge der Bundespolizei.

Heiri Strub zum Neunzigsten: Galerie Hilt, Freie Strasse 88, Basel. 20. Mai bis 1. Juli. Öffnungszeiten: Di-Fr 9-18.15 Uhr, Sa 9-17 Uhr.

20. Mai 2006



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