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Radio/TV-Gebühren-Inkasso: Billag will nicht nach Schwarzseher fahnden

Gebührokratie im Niemandsland

Schwarzsehen wird im behördlichen Zuständigkeits-Dschungel immer verlockender


Von Peter Knechtli


Wer in der Schweiz schwarz fern sieht und Radio hört, braucht sich nicht zu sorgen: Für die Ahndung des Volkssports ist niemand wirklich zuständig - weder die Inkasso-Stelle Billag noch das Bundesamt für Kommunikation.


Prokurist Herrmann Batzold (Name von der Redaktion geändert) hat eine stille Leidenschaft: Mit seinem betrieblichen Zahlenbewusstsein spart er auch private Kosten. Er zappt zwar im Feierabend durch sämtliche Fernsehkanäle und lässt sich auch mal per Radio hintergründig berieseln, doch Empfangsgebühren zahlt er nicht. Mit den 400 Franken pro Jahr, die er auf diese Weise einspart, amortisiert er sein Fernsehgerät in Windeseile.

Was Batzold als so etwas wie einen "prickelnden Volkssport" empfindet, ist klarer Paragrafenverstoss: Nach Gesetz und Verordnung über Radio und Fernsehen muss eine Empfangsgebühr zahlen, wer Radio- und Fernsehprogramme empfängt.

Schwarzsehen: Durch Duldung faktisch legalisiert

Doch seit die frühere Telecom PTT zur privatisierten Swisscom mutierte und die Radio- und Fernsehgebühren nicht mehr via Telefonrechnung, sondern durch die Swisscom-Tochter Billag erhoben werden, ist Schwarzsehen durch Duldung faktisch legalisiert: Wo früher Telecom-Aussendienstmitarbeiter offensiv nach Gratis-Publikum fahndeten und sich bei Bedarf auch per Ausweis Zutritt in die klandestinen Fernsehstuben verschafften, herrscht heute bürokratische Schonzone.

Offensichtlich haben weder die im Auftrag des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation einkassierende Billag noch das Bakom als Aufsichtsbehörde den schwarzen Medien-Konsum unter Kontrolle.

"Wenn die Billag Schwarzsehen feststellt, gibt sie den Fall an uns weiter. Wir vom Bakom leiten dann das ein Verfahren ein", umschreibt Bakom-Sprecher Roberto Rivola den theoretischen Ist-Zustand. Gesetzesverstösse würden durchaus im bisherigen Rahmen geahndet.

"Wir müssen Kunden akquirieren"

Ob dem Bieler Bundesamt jedoch munter Schwarzseher-Fälle zur Ahndung zusprudeln, scheint zumindest zweifelhaft. Denn die Aussagen von Toni Zbinden, Personalchef und Geschäftsleitungsmitglied der Billag, weisen in eine deutlich andere Richtung: "Es ist nicht mehr unser Auftrag, Schwarzhörer aufzuspüren, sondern wir müssen Kunden akquirieren."

Beteuert ein Schweizer Bewohner der Billag, dass er weder fern sieht noch Radio hört, "dann nehmen wir das als Tatbestand an, der stimmt; wir melden es dem Bakom nicht weiter" (so Zbinden). Kündigt ein Gebührenzahler den Empfang, "dann senden wir in der Regel einen Brief, worin wir auf den Gesetzesverstoss aufmerksam machen, falls der Verzicht auf den Empfang nicht den Tatsachen entspricht".

Ein früherer Telecom-Spezialist sieht in dieser Konstruktion indes die "Gefahr, dass die Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen zu einer Dummen-Steuer verkommen, die nur noch von den Dummen und Anständigen bezahlt wird". Billag-Kadermann Zbinden mag diese Einschätzung nicht einmal entschieden dementieren.

Billag wird restrukturiert - ex-Telecom-Kontrolleure bangen

Denn durch den Übergang des Inkassos von der Telecom an die Billag entstand ein Konstrukt, das noch nicht geschmiert läuft. Zwar übernahm die Billag die rund 25 professionellen Aussendienstmitarbeiter der Telecom. Aber schon vergangenes Jahr galt ein Übergangsregime, das ihre früheren hoheitlichen Befugnisse stark einschränkte: Ausweis, Zutrittsberechtigung und Büssen fielen weg.

In Zukunft könnte sich das Problem noch verschärfen. "Die Debitoren blieben auf derselben Höhe wie in früheren Jahren", zieht SRG-Sprecherin Josefa Haas zwar nicht unzufrieden Bilanz. Doch wie OnlineReports weiss, drängen SRG und Bakom die Billag, Kosten zu sparen. So sollen die vier Regionalzentren in Bern, Winterthur, Olten und Rennens per Jahresende aufgehoben und an einem Standort zentralisiert werden. Als Sitz ist Freiburg im Gespräch. Billag-Chef Zbinden bestätigte diese "Stossrichtung", der Verwaltungsrat habe aber noch keinen Entscheid getroffen.

Zudem sollen mehrere Verkaufs-Manager eingestellt und Teilzeitbeschäftigungen eingerichtet werden. Was mit den 25 ehemaligen Telecom-Kontrolleuren - alle Monopolberufsleute im Alter zwischen 40 und 55 Jahren - geschieht, ist noch unklar. Sie bangen um ihren Job oder rechnen bestenfalls damit, auf Freelancer-Basis teilzeitlich als Verkäufer eingesetzt zu werden. Schon bald, fürchten sie, könnte der Personalbestand von heute 150 Beschäftigten auf unter hundert gesenkt werden.

300'000 Haushalte ohne Fernsehgerät

Allerdings operiert die Billag in einem grauen Marktpotential: Wieviele Kunden akquiriert werden sollen, "wissen wir nicht, weil uns die Daten fehlen" (Zbinden). Auch ONLINE REPORTS biss bei ihrer Suche nach Schwarzseher- und Gebührenstatistiken der letzten Jahre auf Granit. Swisscom-Sprecher Sepp Huber fand selbst im Archiv keine vergleichen den Angaben. Für das Jahr 1996 bezifferte er die Radio-Dichte auf 2,8 Millionen oder 96 Prozent der Haushalte, die TV-Durchdringung auf 2,6 Millionen oder 90 Prozent der Haushalte.

Die Zahl ist dennoch aufschlussreich: Fast 300'000 Haushaltungen zahlen in der Schweiz keine Fernsehgebühren - ein respektables Tummelfeld für Verkäufer und Kontrolleure. Dennoch dürften auf Herrmann Batzold kaum schwere Zeiten warten.

24. Februar 1999


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