Gratulation zur Wiederwahl, Herr Frehner
Von PETER KNECHTLI
Herr Sebastian Frehner, Bundesparlamentarier der SVP und Basler SVP-Kantonalpräsident, wir gratulieren Ihnen zur Wiederwahl in den Nationalrat. Einverstanden, die Wahlen finden erst am 18. Otkober statt. Aber seit die "Basler Zeitung" Ihre nicht ganz sauberen Schachzüge um Adressen-Missbrauch und Spenden-Umleitung im Zusammenhang mit Ihrer Doppelkandidatur als National- und Ständerat vor vier Jahren ("Sturm aufs Stöckli") aufgedeckt hat, sind Sie in aller Munde. Gut, Regierungsrat und Nationalratskandidat Christoph Eymann von den Liberalen LDP, war noch etwas im Gespräch, bis er definitiv auf die Ständeratskandidatur verzichtete. Dies unter anderem, weil die SVP nicht mitmachte – aus Angst vor dem Verlust Ihres Nationalrats-Mandates. Jetzt müssen Sie sich nicht mehr fürchten.
Denn wer spricht heute über Daniel Stolz, der drei stille Jahre brauchte, um in Bern überhaupt anzukommen, und dessen Partei sich zwischen den Wahlen jeweils in die Hängematte legt? Wer spricht von Markus Lehmann, dem sportlichen christdemokratischen Sitz-Verteidiger?
Sebastian Frehner hat es mit der etwas alten, aber nicht uninteressanten Kamelle der BaZ im perfekten Zeitpunkt zum Medien-Star gebracht: Frehner, der Held im Wurstkessel. Dabei spielt es im Hinblick auf die Wahlen gar keine Rolle, wie stark der ehrgeizige Basler SVP-Manitu damals geschummelt hat. Wahlentscheidend ist vielmehr, dass er sich mit Wucht ins Spiel gebracht hat – oder dass er ins Spiel gebracht wurde. Denn schon heute ist in der öffentlichen Debatte nicht mehr die Frage, wie schwer Frehners Vergehen damals war, sondern die Frage ist, wer der BaZ mit welchem Interesse die Story gesteckt hat – und wem sie nützt. Der "Wumm" geht auf.
"Das Polit-Drama um Frehner hat nur den
Zweck, einen Multi-Win-Effekt zu erzielen."
Akurater geht nicht, was wie eine raffinierte Inszenierung erscheint: Frehner wird im Basler Leitmedium scheinbar in die Pfanne gehauen, was der BaZ die Legitimation verschafft, ihr Image als "SVP-Sprachrohr" zu widerlegen. Der scheinbar in die Pfanne Gehauene kann sich als Opfer einer "Hetzkampagne" (so das SVP-Communiqué) der "Basler Zeitung" darstellen, wodurch sich die Aufmersamkeit nicht nur auf Frehner fokussiert, sondern auch auf die BaZ: Jetzt sind beide im Tagesgespräch. Weil Frehner der BaZ dazu kein Statement gab, setzte nun ein Gerangel um ein "Exklusiv-Interview" in vielen andern Medien ein. Thema: Sebastian Frehner und der unbekannte "miese Fink" ("Regionaljournal"), der die alte Geschichte ausgeplappert hat.
Jetzt setzt wie ein Selbstläufer die Vermutungs-Mechanik ein, indem einzelne Exponenten dem BaZ-Informanten schon ein bisschen auf der Spur sind. Oder schon bald? Wann kommt der Knaller: Der oder die war's!
Parallel dazu hebt die BaZ nun ersatzweise den rührigen SVP-Vizepräsidenten Edi Rutschmann auf die Publizitäts-Plattform und lässt ihn – drohend verbale Gewitterwolken aufziehend – verkünden, an Frehner müsse jetzt "die Vertrauensfrage gestellt" werden. Gut für Rutschmann: Er ist auch Nationalrats-Kandidat und kann prächtig performen. Schlecht für Rutschmann: Würde Frehner das Vertrauen entzogen, wäre der Schaden für die Partei und ihr Kandidaten-Quintett nicht auszudenken.
Zur Causa Frehner würde sicher auch Nationalrats-Kandidat Heinrich Ueberwasser ein BaZ-Interview nicht verweigern: Ihm, der seine Gefolgschaft in der "Muttenzerkurve" identifiziert, dürfte es nicht genügen, lediglich morgen Mittwochabend mit Fans über "Fankultur und Stehplätze retten, keine privaten Sicherheitsfirmen zur Fan-Überwachung vor den Stadien" zu parlieren.
Wir haben es hier mit einer neuen Ausprägung von Polit-Schauspiel zu tun, dessen einziger Zweck es ist, einen Multi-Win-Effekt zu erzielen. Inszenierte Skandale, die in Wahrheit gar keine sind, gab es schon immer. Neu am "Fall Frehner" ist, dass der öffentliche Diskurs am Entscheidenden vorbei geht: Weshalb hat die SVP dieses Traktandum nicht schon vor vier Jahren endgültig bereinigt? Schliesslich wollte Frehners damaliger Gegenspieler, der kürzlich verstorbene Grossrat Karl Schweizer, seinen Präsidenten "wegen Betrugs vor Gericht zerren", wie Rutschmann in der heutigen BaZ ausbreitet. Er, Rutschmann, habe dies verhindert, weil "der Schaden für die Partei zu gross" gewesen wäre.
Der Schaden ist heute nicht kleiner in einer SVP-Führung, die sich allmählich als Intrigantenstadl entpuppt, in dem jeder sein eigenes Süppchen kocht. Die Vertrauensfrage müsste nämlich vielmehr an den damaligen Parteivorstand der Law and Order-Partei gestellt werden, weil er einen Betrugsverdacht aus reiner Parteiräson unter den Tisch wischte.
Frehner kann der Medien-Rummel nur recht sein. Keiner der fünf SVP-Nationalratsbewerber ausser ihm hat eine Wahlchance. Der Berufspolitiker ist der Cleverste, Einflussreichste und Schlitzohrigste unter ihnen. Und mit der von ihm angeregten erfolgreichen Parlamentarier-Gruppe Region Basel auf Bundesebene kann er sogar einen echten Leistungs-Pluspunkt aufweisen.
Von wegen Wackel-Stuhl: Mumpitz! An Frehner kommt die Basler SVP nicht vorbei.
11. August 2015
"Sicher keine Wahlpropaganda"
Also das Interview mit Hr. Frehner habe ich im Regionaljournal verfolgt. Wenn man das Gestotter um diese Probleme anhörte, die immer ausweichenden Aussagen des ach so armen Hr. Frehner der sich gegen den Schnee von Gesten wehrt, dann war das sicher keine Wahlpropaganda, eher das Gegenteil und ich hoffe dass die Zuhörer und Zuhörerinnen das auch so beurteilen.
Peter Isler, Basel
"Etwas vom Grottenschlechtesten"
Ich teile die Einschätzung von Klaus Stölker – der auch als Schweizer lieber bei seiner Muttersprache bleiben sollte, aber mit seiner Aussage im TV gestern den Nagel auf den Kopf traf. Das Interview mit Frehner vor dem Spalentor war etwas vom Grottenschlechtesten, was ich je gehört habe.
Judie Melzl, Münchenstein
"Ins eigene Messer gelaufen"
Jetzt ist OR-Knechtli ins eigene Messer gelaufen. Wenn denn die Publizitätserhöhung das wirkliche Ziel von Frehner war, dann hätte er in OR keine Zeile erhalten dürfen.
Rudolf Mohler, Oberwil
"Vertrauen verliert man so allemal"
Nicht jede Werbung ist gute Werbung. Es ist unwahrscheinlich, dass die SVP und damit Herr Frehner ihren Sitz im Nationalrat verliert. Aber er und seine Partei machen in diesen Tagen definitiv keine gute Figur. Die Vorwürfe sind schon "happig". Schliesslich sind offenbar Gelder, die Leute seiner Partei für den Wahlkampf spenden wollten, auf sein persönliches Konto geflossen. Im Telebasel-Interview hat Herr Frehner die Vorwürfe nicht in Abrede gestellt und gestammelt, er habe "Fehler gemacht". Strafrechtlich bleibt da nichts hängen, denn es gibt keinen Kläger. Aber Vertrauen verliert man so allemal - auch wenn nur wenige in Basel die SVP wegen ihres lokalen Personals wählen. Was die BaZ anbelangt: ich glaube schon, dass hier eine SVP-"interne" Abrechnung stattfindet. Ob es nur ein "Warnschuss" war oder mehr, das werden wir in den nächsten Wochen sehen.
Tim Cuénod, Basel