Mike Bammatter vor einem schweren Gang
Von PETER KNECHTLI
Es war, als sei dieses Wochenende in Basel ein rot-grüner Bulldozer losgefahren. Ein Sieg auf allen Ebenen: Ob Regierung, Parlament oder Gericht - die Sozialdemokraten und das Grüne Bündnis sind ohne Wenn und Aber die Gewinner der Basler Kantonalwahlen 2004. Sie räumten ab.
Das Ergebnis in dieser Dimension überrascht: Wer hätte daran geglaubt, dass SP-Wirtschaftsminister Ralph Lewin - noch vor wenigen Tagen von der Geschäftsprüfungs-Kommission des Grossen Rates - wegen seiner umrühmlichen Hafenaffäre als führungsschwach gebrandmarkt - und seine Parteikollegin Barbara Schneider als prononcierte Gegnerin der Zollfreistrasse gleich im ersten Wahlgang derart ehrenvoll bestätigt würden!
Und wer hätte geahnt, dass die beiden weiteren Bewerbenden des links-grünen Vierer-Tickets - die Historikerin Eva Herzog (SP) und der Arzt Guy Morin (Grünes Bündnis) - auf den Plätzen sechs und sieben landeten, noch vor dem amtierenden Justizdirektor Hans Martin Tschudi und deutlich vor dem freisinnigen Neukandidierenden Michael "Mike" Bammatter!
Sicher ist die bürgerliche Strategie, Bammatter in ein wohlbestalltes Vierer-Ticket einzubinden, vorerst nicht aufgegangen. Gewiss haben Erziehungsdirektor Christoph Eymann (LDP), Polizeidirektor Jörg Schild (FDP) und Sanitätsdirektor Carlo Conti (CVP) auch im linken Lager von ihrem Bisherigen-Bonus profitieren können. Aber der Abstand von mehr als 8'000 Stimmen auf Bammatter ist ein Warnsignal dafür, wie begrenzt sein Wähler-Potenzial ist. So müssen "Mike", der in Basel-Stadt eben doch auch als "Baselbieter" wahrgenommen wird, und seine Strategen eine Antwort darauf finden, in welchem Lager er im zweiten Wahlgang noch zuzulegen gedenkt.
Nach jetzigem Stand dürfte das linksgrüne Lager erneut mit Herzog und Morin zur Richtungswahl antreten und versuchen mit dem kraftvollen Schwung des ersten Wahlgangs seiner Vision eines roten Basel ("Zeit für einen historischen Wechsel") zum Durchbruch zu verhelfen. Die DSP wird zusammen mit VEW mit Tschudi den zweiten Wahlgang-Turbo einschalten, die bürgerliche Allianz wird Bammatter portieren und die SVP - obwohl chancenlos - ihr Aushängeschild Zanolari. In dieser Konstellation liegt nahe, dass alle Parteien bestrebt sein werden, möglichst ihre eigenen Bewerbungen ins Trockene zu retten. Mit Geschenken darf nicht gerechnet werden.
Dies wird ein schwerer Gang - für Hans Martin Tschudi, aber insbesondere für Mike Bammatter. Denn die Freisinnigen, die Anfang Juni in einer denkwürdigen Strategie-Sitzung imperativ ihren Anspruch auf Beerbung des liberalen Sitzes von Finanzdirektor Ueli Vischer anmeldeten, können nicht selbstredend damit rechnen, dass CVP- und LDP-Wählende nun in Scharen für den FDP-Kandidaten an die Urne eilen. Denn die CVP musste wohl oder übel mit einer möglichen Kandidatin Beatrice Inglin-Buomberger zurück stehen, weil sie den Allianzpartnern zu links war. Ob dem FDP-Machtanspruch nun ausgerechnet die CVP zum Durchbruch verhelfen soll, dürfte zumindest mit Spannung zu beobachten sein. Auch bei einigen Liberalen hielt sich die Begeisterung für "Mike" unüberhörbar in Grenzen.
"Hey Mike, it's gonna be hard!" oder "Jetzt ran an den Speck, Michael!", wird dem FDP-Kandidaten, weder populär noch Populist, jetzt zuzurufen sein. Angelika Zanolari scheint ihr Potenzial ausgeschöpft zu haben. Hans-Martin Tschudi kann noch links und rechts abgrasen. Nun ist entscheidend, wie das Volk am 28. November die Gretchenfrage beantwortet: Wollt Ihr das Rote Basel? Wenn das Volk dies wirklich will, muss es Herzog und Morin wählen. Genügt ihm eine Mitte-Links-Regierung, muss Herzog oder Morin und Tschudi auf den Wahlzettel. Wer doch lieber eine Mitte-rechts-Regierung will, wählt Bammatter und Tschudi.
Mit der dieses Wochenende signalisierten politischen Erdkrustenverschiebung dürfte zumindest der Trend für den zweiten Wahlgang vorgegeben sein. Das Ergebnis ist eine Quittung einerseits an die heutige Regierung und ihre schmerzlichen Sparprogramme, anderseits aber auch an die SVP-Opposition, die in Basel zumindest im Rahmen von Persönlichkeitswahlen ihr Potenzial ausgeschöpft zu haben scheint: Das Volk will den Zanolari-Stil im Parlament, aber nicht in der Regierung.
Eva Herzog und Guy Morin dagegen wird Regierungspotenzial zugetraut. Glück wird dem linksgrünen Duo Ende November aber nur beschieden sein, wenn es noch mehr Lockerheit an den Tag legt und die stramme Mobilisierung noch zu verstärken vermag.
24. Oktober 2004