Dugginger Entlassung: Eine abgekartete Sache
Von PETER KNECHTLI
Ursula Gygax ist die derzeit wohl bekannteste kommunale Finanzverwalterin im Baselbiet. Am 19. November hat sie vom Gemeinderat Duggingen den Blauen Brief erhalten.
Der Gemeinderat kann es drehen und wenden, wie er will: Die Kündigung war eine offensichtliche Retourkutsche, weil sich Ursula Gygax erlaubte, gegen den amtierenden Gemeindepräsidenten Reinhard Vögtlin Strafanzeige einzureichen. Die Buchführerin war der Meinung, mit Vögtlins Lohnausweis über die Bezüge als Gemeindeoberhaupt sei etwas nicht in Ordnung. Und sie wollte nicht als Mitwisserin und potenzielle Mittäterin schweigen und sich potenziell mitschuldig machen. Missbräuchlich war die Strafanzeige nicht, sonst hätte die Justiz nicht massenhaft Akten aus der Gemeindeverwaltung beschlagnahmt.
Da kann der amtierende Vizepräsident Richard Köhli noch so entschlossen bekunden, jetzt "reinen Tisch" machen zu wollen. Die Affäre stinkt zum Himmel. Wie eine missliebige Finanzverwalterin loswerden, wenn sie während 13 Jahren fachlich zu keinen Einwänden Anlass gibt? Durch die planmässige Aufstockung ihres Pensums, bis es für die Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern nicht mehr zumutbar ist. Die Visura-Studie, die den Dugginger Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Rechtfertigung vorgelegt wurde, war eine reine Alibi-Übung: Der Gemeinderat hatte die Stellenaufstockung schon vorher beschlossen - notabene erst nach Einreichung der Gygax-Anzeige und ohne mit ihr das Gespräch gesucht zu haben.
Dies deutet auf Behörden-Mobbing hin. Ein schlechtes Signal aus Duggingen, das doch angeblich den Neuanfang plant. Miserabel auch, dass die Dugginger Bevölkerung ihre Finanzverwalterin so billig abservieren lässt. Vielleicht war es bei vielen auch die Angst vor den Dorf-Gewaltigen, die zum Schweigen riet. Besonders bedenklich aber sind die Voten, die in jene Richtung gehen, Ursula Gygax habe ja mit einem Eklat rechnen müssen. Fast scheint es so, als wäre den Duggingern - und ihren Gemeinderat - eine Finanzverwalterin lieber, die schweigt, wenn ihr Gewissen Courage einfordert. So bleibt ein "Neubeginn" mit den alten Zweifeln behaftet: Jede Nachfolge weiss nun, welche Regeln in Duggingen gelten.
Ob Reinhard Vögtlin, als Gemeindepräsident und routinierter Politiker zu Vorbildfunktion verpflichtet, mit seinen Bezügen und deren steuerrelevante Bescheinigung korrekt umgegangen ist, muss die Justiz klären. Wenn aber nur schon zutrifft, dass ein Gemeinderatskollege Vögtlins Lohnausweis unterschrieb, der nicht Zugang zur Lohnbuchhaltung hatte, dann musste die Finanzverwalterin die Notbremse ziehen. Dazu indes hat sich der Gesamt-Gemeinderat bisher nicht geäussert. Auch ein Signal.
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21. November 2002