Die SP will noch röteres und grüneres Basel
Von PETER KNECHTLI
Es ist zum Aufatmen: Das teilweise ätzende Hickhack um die Geschlechter-Präferenz innerhalb der SP Basel-Stadt ("er hat nur einen Nachteil, er ist ein Mann") ist vom Tisch. Mit dem Umweltnaturwissenschafter Beat Jans, der Juristin Tanja Soland und dem HSG-Ökonomen Kaspar Sutter gehen die Genossinnen und Genossen kommenden Herbst in die Regierungswahlen. Eine Frau, zwei Männer – wie bisher. Ausgeweitet auf die grüne Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann ist innerhalb von Rot-Grün immerhin Parität gewährleistet.
Die frühere Arbeiterpartei nominierte drei Akademiker unter den fünf ernsthaften Bewerbenden: Die gelernte Tiefbauzeichnerin und heutige VPOD-Sekretärin Kerstin Wenk sowie die gelernte Krankenschwester und heutige Spitaldirektorin Beatriz Greuter blieben aussen vor. SP-Frauen, die in Sozialen Medien gleich eine feminine Dreier-Kandidatur begehrten, haben mit ihrer Forderung zu dick aufgetragen und damit auch Parteikreise vor den Kopf gestossen, die sich im SP-Trio durchaus zwei Frauen hätten vorstellen können.
Auch wenn die Nomination am Montagabend seuchenbedingt online und nicht ohne erhebliche Bild- und Tonausfälle ("Achtung Refresh – keine Panik") vonstatten ging: Das Ergebnis war wenigstens zweifelsfrei klar. Dabei zeigte sich, dass Resultat-Spitzenreiter Beat Jans in den letzten zwei Jahren taktisch äusserst geschickt vorgegangen war. Erst liess er mit seiner Ständerats-Ambition parlamentarische Kontinuität in Bern erkennen, gab dann durch Rückzug gentlemanlike Eva Herzog den Vorrang und fand im Verlauf des letzten Sommers zunehmend Gefallen an einem kantonalen Regierungsamt.
"Jans ist ein Kraftpaket aus Erfahrung,
Eloquenz und Durchsetzungswillen."
Die veränderte Rollen-Präferenz ist durchaus erklärbar, weil durch den Rücktritt seines Parteifreundes Christoph Brutschin genau jenes Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt frei wird, das Jans perfekt auf den Leib geschnitten ist. Als Mitglied der nationalrätlichen "Kommission für Wirtschaft und Abgaben" und der "Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie" profilierte sich Jans in Bern als Schwergewicht. Er hatte auch entscheidend zum Erfolg der Energiestrategie und zur Bekämpfung der Unternehmenssteuer-Reform III beigetragen.
Die Partei hat ihm nicht vergessen, dass er als damaliger Kantonalpräsident "Architekt der rot-grünen Mehrheit ab 2004" (so Anita Fetz in ihrem Unterstützungsvotum) war und die SP zur Blüte brachte. Das Spitzenergebnis bei der Nomination gilt einem Kraftpaket aus langjähriger Erfahrung, Eloquenz und Durchsetzungswillen.
Genauso wie Jans zählen auch Tanja Soland und der kreative Kaspar Sutter innerhalb des SP-Spektrums zu den "scharfen Linken". Sie gehören fraglos zur Elite der Partei und sind untereinander gut vernetzt. Tanja Soland schaffte schon die Ersatzwahl auf Eva Herzogs Sessel als Finanzdirektorin im ersten Wahlgang. Als Herzogs Generalsekretär lernte Kaspar Sutter während acht Jahren den Wurstkessel der Basler Politik aus nächster Nähe kennen. Auch auf der persönlich-atmosphärischen Ebene ist unter dem relativ jungen Dreier-Team keine trübende Altlast bekannt.
Die beiden Erstkandidaturen von Jans und Sutter, geschoben von den städtischen Trendthemen günstiger Wohnungsbau und Klimaschutz lassen einen intensiven Wahlkampf erwarten, dessen Ziel nicht nur die Wahl der drei SP-Bewerbenden und der grünen Regierungs-Präsidentin Elisabeth Ackermann ist, sondern auch die rot-grüne Mehrheit im politisch geteilten Grossen Rat, dessen Mehrheiten heute oft von der grünliberalen Gunst abhängen.
Wenn nicht alles täuscht, rückt – wie vor vier Jahren – ein Fünfer-Ticket unter Einschluss einer "Basta"-Kandidatur in den Vordergrund. Damit wären unter den drei rot-grünen Parteien bei allen immer wieder aufblitzenden Differenzen die Treiber für einen intensiven Wahlkampf gezündet.
Dass sich hier eine für die Gegner von Rot-Grün gefährliche Dynamik zusammenbrauen könnte, wird sicherlich auch der bürgerlichen Allianz nicht entgehen. Nur ist noch nicht erkennbar, mit welcher Taktik sie der drohenden Gefahr begegnen wollen. Die Trauben hängen hoch.
Bericht Nominationsversammlung
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28. April 2020