Knapp am Regierungs-Ende vorbei geschrammt
Von PETER KNECHTLI
Das "Wunder", an das die linke Basler "Basta"-Politikerin Heidi Mück vor dem zweiten Wahlgang zu den Regierungsrats-Wahlen noch geglaubt hatte, ist nicht eingetreten. Aber es stand vor der Tür: Nur knapp scheiterte sie an Sicherheitsdirektor Baschi Dürr, der nur dank seinem Ergebnis in der Landgemeinde Riehen die Wiederwahl schaffte. In der Stadt Basel sammelte die frühere "Basta"-Grossrätin mehr Wähler-Vertrauen als der amtierende Regierungsrat. Gegenüber dem ersten Wahlgang machte die anfänglich als chancenlose Herausforderin gehandelte Kandidatin nochmals Boden gut. Käme es – nur ein hypothetisches Gedankenspiel – zu einem dritten Wahlgang, könnte sie gewinnen.
Die Knappheit, mit der Baschi Dürr gegen eine im Vorfeld als Links-Extreme und Judenfeindin diskreditierte Politikerin die Wiederwahl schaffte, muss ihm zu denken geben. Es ist mitnichten die Dienstwagen-Geschichte seiner Polizei-Offiziere, die ihm politisch fast das Genick brach: Es war die Gesamtheit seiner Führungsleistung, die nach Ablauf seiner ersten Regierungs-Legislatur als enttäuschend bewertet werden muss.
So sehr ihm politische Gegner attestieren, dass es ihm an analytischer Fähigkeit keineswegs mangelt, so sehr liess seine Bereitschaft zu wünschen übrig, vom ersten Tag an das Heft in die Hand zu nehmen und mit Entschlossenheit allfällig vom Vorgänger übernommene Mängellisten zu bereinigen – auch gegen den Widerstand seiner Offiziere.
"Das Ergebnis aus diesen Wahlgängen
ist ein klarer Denkzettel."
Der Verdacht liegt nahe, dass Dürr diese Mängel möglicherweise erkannt, aber sie deshalb nicht mit der nötigen Führungskraft beseitigt hat, weil er seine Präsenz im "Spiegelhof" von allem Anfang an als kurzes Gastspiel und sich zu Höherem berufen sah – nämlich gleich als Regierungspräsident. In dieser Funktion, der er fraglos gewachsen wäre, hätte er seine diplomatischen und repräsentativen Ambitionen im In- und gern auch im Ausland wunschgemäss verwirklichen können. Es zirkulieren Briefe aus bürgerlicher Feder, die sich wenig schmeichelhaft über Dürrs Auftritt an einem diplomatischen Empfang in Übersee auslassen.
Baschi Dürr hat jetzt vom Volk eine Quittung erhalten, die noch vor vier Jahren undenkbar schien. Zu souverän war seine vor Selbstsicherheit nur so strotzende Performance als Grossrat. Doch das Exekutivamt ist eine Liga, in der ganz andere Anforderungen gefragt sind. Hier ist die Bereitschaft nötig, zuhören zu wollen, die Menschen gern zu haben und dies nach aussen auch glaubhaft zu vermitteln, die Fähigkeit, das Departement und vor allem seine Polizei-Basis zu motivieren, und der Wille – ich weiss, hier wiederhole ich mich –, durch offene Kommunikation und Selbstkritik das Vertrauen der Multiplikatoren zu gewinnen.
Es gibt Patzer – wie die vergessenen Lohnausweise für Milizfeuerwehrleute, die Steuerausfälle zulasten der Allgemeinheit zur Folge hatten –, die nicht passieren dürften. Und das Sicherheitsdepartement ist ein Haifischbecken, in dem sich Fehler zwangsläufig ereignen können, ja ereignen müssen. Baschi Dürr hat zwar Pendenzen verlauert, möglicherweise Kader-Privilegien ohne Rechtsgrundlage toleriert und relevante Vorfälle wie den Sex-Übergriff eines Korps-Angehörigen nach aussen verschwiegen. Insgesamt ist die Bilanz aber nicht derart im Minus, dass eine Fortsetzung seiner Regierungstätigkeit nicht mehr haltbar wäre.
Aber das Resultat aus diesen zwei Wahlgängen ist ein glühendes Zeichen an der Wand. Der ultraliberale Sicherheitsdirektor tut gut daran, schon bald in sich zu gehen und alles zu unterlassen, was nach innen und aussen den Eindruck des laisser faire vermitteln kann. Denn Dürr wird in den kommenden vier Jahren unter erhöhter Beobachtung stehen.
Zu denken geben muss das schwache Ergebnis Dürrs auch seiner Partei, der FDP, die früher oder später einen Nachfolger für ihren amtierenden Regierungsrat wird präsentieren müssen. Doch seit dem umtriebigen, früh verstorbenen Nationalrat Peter Malama haben sich innerhalb den Basler Freisinnigen keine vergleichbaren "Köpfe" herausgebildet. Dieser Partei fehlt es deshalb auch an Programm und Profil: Einfach über Bürokratie und Parkplätze zu jammern, reicht nicht aus. Die FDP braucht eine grundlegende Erneuerung, wenn sie nicht weiter als blosser Wahlverein gelten und an Wählergunst und auffälligen Protagonisten verlieren will.
Bericht zum zweiten Wahlgang vom 27. November 2016
27. November 2016