Der "Hardliner" und der Eiertanz von FDP und CVP
Von PETER KNECHTLI
Heute Sonntag hat die Baselbieter SP-Basis noch einstimmig abgenickt, was die Parteikader längst für irreversibel erklärt hatten: Mit der Kraft-Maschine Eric Nussbaumer will die SP am 3. März Geschichte schreiben und im traditionell eher bürgerlichen Kanton eine rot-grüne Regierungsmehrheit installieren. Der 52-jährige Frenkendörfer Nationalrat soll den Sessel des zurücktretenden FDP-Finanzdirektors Adrian Ballmer angreifen.
Genau dies – den Verlust ihrer Dominanz in der fünfköpfigen Regierung – zu verhindern, ist das Hauptziel der bürgerlichen Konkurrenz-Parteien SVP, FDP und CVP. Sie hatten es bisher während Jahrzehnten in der Hand, durch gegenseitige Absprachen die Politik-Richtung des Baselbiets weitgehend zu bestimmen. Ein solches Privileg wird nicht kampflos preisgegeben: "Schulterschluss" ist angesagt, bürgerliche Einigkeit soll demonstriert werden.
Die Schalmeienklänge sind unüberhörbar. SVP-Präsident Oskar Kämpfer zeigt sich erfreut über den Beschluss des kürzlichen FDP-Sonderparteitags, wonach die FDP nun einen ihrer zwei Regierungssitze preisgibt und den SVP-Kandidaten unterstützt, während die SVP der FDP im Jahr 2015 zu einem Ständeratssitz verhelfen soll. Schon allein dieser Deal macht deutlich, dass es sich bei der beabsichtigten Allianz der drei bürgerlichen Parteien faktisch um eine Machtabsprache zwischen SVP und Freisinnigen handelt, weil die CVP damit automatisch von einer möglichen Ständeratskandidatur ausgeschlossen ist.
"Die CVP befindet sich in einem Zustand
der akuten Zerrissenheit."
Dass sich der bürgerliche Zusammenschluss schon von allem Anfang an als eine "wackelige Sache" erweist, wie ein Freisinniger am Parteitag richtig analysierte, zeigte sich auch in einem andern Punkt. Die FDP-Parteileitung wollte die Unterstützung der SVP an die Bedingung knüpfen, dass diese "keinen Hardliner" nominiere – gemeint sein konnte nur der eher Blocher-treue Nationalrat Thomas de Courten, der bekannteste aller fünf Bewerber. Die FDP-Basis wollte diesen Vorbehalt nicht schlucken und desavouierte die – einstimmige – Parteileitung, worauf sich Präsidentin Christine Pezzetta für "diesen weisen Entscheid", der in der Tat einen krassen Bruch zwischen Führung und Parteivolk offenbart, noch bedankte.
Weiter hiess es an der Versammlung, die FDP habe der SVP keine Personalempfehlung zu geben – nachdem FDP-Finanzdirektor Ballmer wenige Tage zuvor den früheren Oberwil Landratspräsidenten Hanspeter Ryser als Kandidaten empfohlen hatte.
Noch schwieriger, Solidarität zu beweisen, wird es für die CVP. Im Bewusstsein, schon bald auch von ihren bürgerlichen Partnern abhängig zu sein, zeigt sie sich im Moment handzahm und bereit, jeden SVP-Kandidaten zu unterstützen. Die CVP als Partei, die eine Wiedervereinigung des Baselbiets mit Basel-Stadt aktiv vorantreibt, befindet sich damit in einem Zustand der akuten Zerrissenheit: Wen auch immer die SVP am 17. Januar nominiert – es wird ein Fusionsgegner sein. Die CVP stärkt damit in einer grundlegenden Frage, die SVP-Chef Kämpfer nicht ohne Berechtigung schon zur "Richtungswahl" erklärt hat, ihren sachpolitischen Gegner.
In die ärgste Bedrängnis aber bringen die Grünliberalen ihre Verbündete CVP, indem sie zumindest im ersten Wahlgang eine eigene Kandidatur erwägen. Sie zwingen damit die CVP faktisch, sich aus machtpolitischen Gründen vom GLP-Kandidaten der Mitte-Allianz zu distanzieren und nach aussen den SVP-Mann zu unterstützen. Worin der taktische Sinn der (chancenlosen) GLP-Kandidatur läge, ist schwierig zu deuten. Sicherlich würde sie die Position des SVP-Kandidaten nicht aussichtsreicher machen.
Am Parteitag sprach ein Freisinniger im Zusammenhang mit der FDP/SVP-Absprache von einem "Pakt mit dem Teufel". Anzeichen einer wirklich geeinten bürgerlichen Front, die für den Sieg der SVP absolut unabdingbar wäre, sind somit derzeit kaum zu erkennen, eher schon erste Brüche. Es müsste sich in den kommenden zwei Monaten noch sehr viel ändern, damit die SVP-Kandidatur siegreich aus dem Kampf um die bürgerliche Majorität hervorgeht.
6. Januar 2013