GPK-Bericht offenbart ferngesteuerte Baudirektorin
Von PETER KNECHTLI
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Baselbieter Landrates hat, mit den Befugnissen einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) ausgestattet, das Debakel um die zweite Kostenüberschreitung beim Um- und Erweiterungsbau am Kantonsspital Liestal während 18 Monaten untersucht. Der Schlussbericht kommt zu teils umständlichen Feststellungen und Empfehlungen, die in harmoniebedürftigem Ton gehalten sind. In Inhalt und Kohärenz aber birgt der GPK-Report - dies ein seltsamer Kontrast - politischen Zündstoff. Denn die wirklich brisanten Feststellungen sind im Bericht verborgen.
Da mag die verantwortliche Regierungsrätin Elsbeth Schneider in ihrem Schlusswort zum Schlussbericht noch so entrüstet die Sündenbock-Theorie "in aller Form zurückweisen". Was die parlamentarischen Investigatoren mit historischer Systematik zusammengetragen haben, kommt implizit zu einem andern Fazit: Die Bau-und Umweltschutzdirektion versuchte auf Kosten eines Kleinunternehmens - und unter Inkaufnahme von dessen Zusammenbruch - ihre Haut ins Trockene zu retten. Vor dem ersten Zusatzkredit-Antrag musste der frühere Kantonsarchitekt Alfred Oppikofer gehen, vor dem zweiten musste die Arcoplan dran glauben.
Hätte der Landrat nicht seine GPK und einen fachlich der komplexen Materie gewachsenen Ausschuss auf die Piste geschickt - die Arcoplan wäre möglicherweise Opfer eines Politik-Irrtums geworden und heute eine Ex-Firma.
Das Basler Architekturbüro - wie sich jetzt objektiv sagen lassen darf: zu Unrecht als Hauptverantwortliche des Kostendebakels gebrandmarkt - darf mit den Ergebnissen der Untersuchung zufrieden sein: Sie rehabilitiert das Basler Kleinunternehmen wenn nicht wirtschaftlich, so doch politisch. Die Hauptverantwortung für das "Chaos" (so entwich es dem Ausschuss-Vorsitzenden Brassel an der Medienkonferenz) liegt dort, wo sie mit allen Mittel abgeschoben werden wollte: In der Chefetage Elsbeth Schneiders.
Der GPK-Report gibt zusätzlich einen Einblick hinter die Fassaden des Lächelns in den zermürbenden Kampf einer überforderten Regierungsrätin, die nicht eigenen strategischen und politischen Visionen folgt, sondern mehr oder weniger vollzieht, was ihr die Chefbeamten vorgeben. Natürlich ist ein Projekt wie jenes am Liestaler Kantonsspital extrem anspruchsvoll und Elsbeth Schneider nicht vom Bau. Aber die Regierungsrätin liess sich von ihrem Rechtsdienst-Chef Markus Stöcklin auf eine arrogante statt lösungsorientierte Linie einschwören, die sich mehr und mehr gegen sie selbst richtete.
Das macht der Schlussbericht deutlich: Unter keinem Titel erscheint die im Volk beliebte Elsbeth Schneider souverän und vom Willen getrieben, dem Kosten-Debakel mit der nötigen Portion Selbstkritik zu begegnen und hinzustehen: Ja, es tut uns leid, wir haben erneut geschnitzert und ich stehe dazu. Statt dessen agierte sie wie ferngesteuert mit einer versteinerten Haltung, die vielerorts nur noch Kopfschütteln auslöste. Ob ihr Rechtsdienst-Chef mit seiner gescheiterten Machtstrategie gegen ein Kleinunternehmen noch über das nötige interne und externe Vertrauen verfügt, muss offen bleiben. Die parlamentarischen Oberaufseher werden sich allein schon bei ihrem erbitterten Kampf um die Herausgabe der Akten entsprechende Gedanken gemacht haben.
Ruedi Brassel und sein Ermittlungsausschuss verdienen Lob für ihre seriöse Arbeit. So Bände sprechend der Bericht die Überforderung an der Spitze der Baudirektion dokumentiert, so mutlos zahm ist allerdings die zusammenfassende Bewertung, die sich vor allem mit Verfahrenstechnik und Projektmanagement beschäftigt - nicht aber mit dem, worum es bei diesem Konflikt im Kern geht: Mit der politischen Verantwortung und der Umgangskultur, die in einer modernen öffentlichen Administration vorausgesetzt werden darf. Dies ist ein grosser Makel einer grossen Arbeit - aber wohl der Preis der Konkordanz.
2. September 2003
"Wer Dokumente verheimlicht, soll in die Privatwirtschaft"
Der GPK-PUK-Bericht zeigt drei grosse Schwachpunkte auf, die thematisiert werden müssen:
1. Eine Regierungsrätin, die weder Verantwortung tragen noch Konsequenzen für die Arbeit unter Ihrer Führung übernehmen will oder kann.
2. Es kann und darf nie mehr Aufgabe des Kantons sein, komplexe Projekte in Eigenregie zu führen. Dazu ist der Kanton (soll er auch nicht sein!) weder fachlich noch von der Leistungsfähigkeit her in der Lage. Solche Projekte müssen unter voller Verantwortung und Kostenfolge an die Privatwirtschaft abgetreten werden.
3. Ein Verwaltungsbereich, der nicht mit einer GPK zusammenarbeiten will und bewusst Dokumente verheimlicht. Dieser Bereich hat interne Probleme, die nur eine PUK ausmisten kann. Wer eine Stelle bei einer Gemeinde, einem Kanton oder dem Staat antritt, muss sich bewusst sein, dass er in den Dienst der Bevölkerung tritt und damit eine erhöhte Verantwortung und Verpflichtung übernimmt. Wer dieser Verantwortung und Verpflichtung nicht gewachsen ist und einer GPK Auskünfte verheimlicht, soll eine andere Beschäftigung in der Privatwirtschaft suchen.
Ohne politische und sachliche Konsequenzen in diesem Falle ist zu befürchten, dass in Zukunft jeder Unternehmer gegenüber dem Staat einen höheren Risikozuschlag auf die Angebote schlägt, um Probleme, wie sie die GPK aufzeigt, abzudecken. Damit würden die Kosten der öffentlichen Bauten wegen unqualifizierten Beamten zu Lasten der Steuern steigen und das kann ja nicht sein. Als Stimmbürger erwarte ich ein qualifizierte und sachlich gerechtfertigte Reaktion des Landrates.
Oskar Kämpfer, Therwil