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© Foto by Francesco Zizola, MSF
"Ich komme wegen dem Krieg": Bedrohte Kinder in Nord-Uganda

Erst in Gulu finden die "Kinder der Dämmerung" Schlaf

Uganda: Der Terror der "Lord Resistace Army" trifft vor allem die Wehrlosen


Jeden Abend flüchten in Nord-Uganda Tausende von Kinder nach Gulu, um irgendwo in der Stadt schlafen zu können. Die "Kinder der Dämmerung" suchen Schutz vor einem Krieg, der seit 18 Jahren tobt. Draussen auf dem Land und abseits der Weltöffentlichkeit. Ein Augenschein.


Von EVA VAN BEEK

Rasch senkt sich die Dämmerung auf Gulu. Und plötzlich verwandelt sich das Gesicht dieser tagsüber seltsam friedlichen und geschäftigen Stadt im Norden Ugandas grundlegend. In der anbrechenden Tropennacht wird erst klar, dass sich der Ort inmitten eines Krisengebietes befindet. In der Ferne sind Schüsse und das Rattern von Maschinengewehren zu hören, und dann geschieht das Seltsame: Tausende von Kindern fallen in die Stadt ein, um hier die Nacht zu verbringen. Etwa 22'000 dieser sogenannten "Nightcommuters" (Nachtpendler) strömen jeden Abend in den Ort und schlafen, wo sie gerade können: Auf Veranden, im Busbahnhof oder in irgendwelchen finsteren Ecken.

Tägliche Flucht vor Krieg und Sklaverei

Die Kinder fliehen vor der tödlichen Gefahr, die ihnen droht, wenn sie zu Hause bei ihren Eltern übernachten. Denn nachts kommen die Rebellen der "Lord Resistance Army" (LRA). Im Schutze der Dunkelheit überfallen sie Dörfer und Flüchtlingslager rund um Gulu, obwohl diese eigentlich von der Armee bewacht werden sollten. Die LRA töten Menschen und verschleppen vor allem Kinder, die sie als Sklaven oder Kinder-Soldaten missbrauchen.

In den relativ geschützten Städten zu übernachten, ist die einzige Möglichkeit, den Angriffen zu entgehen. Aber auch in Gulu sind die Kinder nicht ganz sicher: Oftmals werden sie Sie Opfer von Diebstählen und Belästigungen aller Art.

4'500 Kinder haben jetzt den Luxus einer Notunterkunft

Um ein wenig Schutz zu gewährleisten, hat die Hilfsorganisation "Médecins Sans Frontières/Ärzte Ohne Grenzen" (MSF) auf dem Gelände des Lacor Krankenhauses, das etwa sieben Kilometer ausserhalb des Zentrums von Gulu liegt, 15 Notunterkünfte aufgebaut.

Hier finden bis zu 4'500 Kinder und Jugendliche einen Schlafplatz. Jeden Abend treffen sie zwischen 18 und 21 Uhr in der Unterkunft ein, je nachdem, wie weit sie marschieren müssen. Sie gehen barfuss, sind oft in Lumpen gekleidet und schleppen Schlafmatten, Wolldecken oder Plastiktaschen mit ein paar Habseligkeiten mit sich.

Betreuer und Medizin erleichtern den Kleinen das Leben

Manche tragen auch ihre kleineren Geschwister auf dem Rücken. "Ich komme wegen dem Krieg hierher", sagt die 12 Jahre alte Eunice (Name geändert). Jede Nacht verbringt sie mit ihrer kleinen Schwester in der Unterkunft. Bevor MSF die Unterkünfte gebaut hatte, schliefen die beiden Mädchen irgendwo auf dem Gelände des Spitals, zumeist unter freiem Himmel. Während der Regenzeit finden sie kaum Schutz vor den herabstürzenden Wassermassen.

In der Notunterkunft ist alles organisiert. William Rachkara, der stellvertretende Manager erklärt: "Mädchen und Buben schlafen getrennt und in jeder Unterkunft bleibt ein Betreuer oder eine Betreuerin bei den Kindern". Die Kinder haben Zugang zu sauberem Trinkwasser und können sich waschen. Durch den Mangel an sauberem Wasser leiden etwa 60 Prozent der Kinder an der Krätze, einer von Milben hervorgerufenen Hautkrankheit. Da tut ein Stück Seife und Wasser Wunder. Kranke Kinder werden medizinisch versorgt: Die meisten weisen Verletzungen an den Füssen auf, weil sie immer barfuss gehen. Oder sie haben Schnittwunden an den Händen von der Feldarbeit.

Traumatischen Erlebnissen nicht mehr hilflos ausgeliefert

Manche leiden unter Atemwegserkrankungen, Fieber, Kopf- oder Bauchschmerzen. Kinder, die ernsthaft erkrankt sind, werden ans Krankenhaus Lacor überwiesen. Neben der medizinischen Betreuung spielt auch die soziale Beratung eine grosse Rolle. Viele der Kinder haben durch den Krieg traumatische Erlebnisse hinter sich. MSF hat zwei Sozialarbeiter eingestellt, die sich um die Nöte der Kinder kümmern. Sie versuchen aber auch, Probleme im familiären Umfeld zu lösen.

Die Kinder können bis zum Lichterlöschen spielen, singen oder auch ihre Hausaufgaben machen. Denn wenn sie am Morgen die Notunterkunft wieder verlassen und nach Hause gehen müssen, haben haben sie einen anstrengenden Tag mit Schule, Haus- und Feldarbeit vor sich. Bis sie dann in der Abenddämmerung erneut in die Stadt flüchten müssen. Jeden Tag. Jahrein, jahraus.

 

* Eva van Beek ist Kommunikationsbeauftragte von Médecins Sans Frontières /Ärzte Ohne Grenzen Schweiz.

24. September 2004


LORD RESISTANCE ARMY

Das Phänomen des "Nightcommuting" - Nachtpendelns - gibt es in Nord-Uganda seit fünf Jahren. Seit 2002, als die ugandische Regierung beschlossen hat, die Jagd auf die Rebellen der "Lord Restistance Army" (LRA) zu verstärken, ist es noch schlimmer geworden. Die LRA steht unter der Befehlsgewalt von Joseph Kony, einem spirituellen Führer, der in Uganda eine Regierung, die strikt den Zehn Geboten der Bibel folgt, an die Macht bringen will. Der Konflikt zwischen der ugandischen Regierung und der LRA dauert seit 18 Jahren an, und hat 1,6 Millionen Menschen dazu veranlasst, aus ihren Dörfern in Lager überzusiedeln. Allein im Bezirk Gulu leben 400'000 der 470'000 Einwohnern auf 33 Lager verteilt. Nicht alle sind freiwillig in diese Lager geflüchtet. Die Regierung hat Menschen auch zwangsumgesiedelt, um sie, wie sie sagen, "besser vor den Rebellen schützen zu können". Aber die LRA greift die Bevölkerung weiterhin regelmässig an. Seit zwei Jahren haben sich die bewaffneten Überfälle auf Lager und Dörfer verstärkt.


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