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"Eine Art World Trade Center": Basler Permindex-Pläne
Thriller um die Affäre Permindex: Die Stunde der Dunkelmänner
Wo die "Bâloise" am Basler Aeschengraben baut, spielte sich vor über einem halben Jahrhundert eine dubiose Affäre ab
Von Christof Wamister
Der Ort beim Basler Bahnhof SBB, wo der "Baloise Park" gebaut wird, war Ende der fünfziger Jahre Plangelände für ein internationales Messezentrum namens Permindex. Die Basler Regierung und wirtschaftsnahe Kreise liessen sich vom Projekt blenden: Die hochfliegenden Pläne von Geschäftsleuten um Georges Mantello-Mandel entwickelten sich zu einem Thriller und endeten in Verschwörungstheorien und einem wirtschaftlichen Fiasko.
Die Abbrucharbeiten auf dem Areal Aeschengraben/Nauenstrasse nähern sich dem Ende. Die Radikalität, mit der hier eigentlich nicht marode Bausubstanz beseitigt wurde, löste bei Zuschauern eine gewisse Konsternation aus. Das älteste der abgebrochenen Gebäude, jenes der Basler Transportversicherung stammt von 1953, jenes des Hotels "Hilton" (Bild) von 1968, während die Ergänzungsbauten der "Basler Versicherung" noch deutlich jünger sind. Das Projekt für eine Neubebauung des Versicherungs-Konzerns "Bâloise" mit einem 87 Meter hohen Hochhaus war im Grossen Rat jedoch unbestritten.
Wenn die neuen Bauten stehen, wird das Alte schon vergessen sein. Und kaum einer weiss mehr, dass das Areal, zusammen mit der Parzelle Aeschengraben 21, wo heute der "Bâloise"-Hauptsitz steht, eine Vorgeschichte hat, an der sich die Veränderungen in der Stadtentwicklung ablesen lassen. In der Vorlage der Regierung an den Grossen Rat steht dazu nichts. Die Ausnützungsziffer, das Verhältnis zwischen Grundfläche und Bruttogeschossfläche, hat sich auf diesem Areal seit den früheren fünziger Jahren verdreifacht.
Die Polit-Affäre Permindex
Die Geschichte des Areals am Aeschengraben ist aber nicht nur für Bau- und Planungsfachleute von Belang. Mit ihr verbunden ist unter dem Firmennamen Permindex eine handfeste Polit-Affäre, deren Wirrungen sich bis in den frühen siebziger Jahre hinzogen.
Schon wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg war klar, dass für das Areal zwischen Parkweg und Nauenstrasse städtebauliche Veränderungen angesagt waren. 1949 erteilte die Regierung eine Ausnahmebewilligung für einen achtgeschossigen Bau am Parkweg. Realisiert wurde dann 1953 der bereits erwähnte Bau der Basler Transportversicherung (Architekt: Hermann Baur), der in der ganzen nachfolgenden Diskussion immer als vorbildlich dargestellt, 2014 aber aus dem Inventar der schützenswerten Bauten gestrichen wurde.
Villen-Verkauf an die Parkhof AG
Auf der andern Seite des Parkwegs, am Aeschengraben 21, dort wo jetzt der Hauptsitz der Basler Versicherung fast die ganze Parzelle füllt, stand seit 1860 eine klassizistische Villa, die der Architekt J.J. Stehlin der Jüngere (Casino, Kunsthalle, Theater) für einen Textilfabrikanten entworfen hatte. Später übernahm sie der Unternehmer Camille Bauer, der mit elektrischen Geräten zu Geld gekommen war. Von einer Erhaltung dieser Villa war in der ganzen Diskussion um den Aeschengraben nie die Rede.
Im April 1954 verkaufte die Familie Bauer die Villenparzelle in der Grösse von 6'503 Quadratmetern zu einem Preis von 3,9 Millionen Franken an eine eben gegründete Parkhof AG. Deren Promotoren waren Zürcher und holländische Geschäftsleute. Das Firmenvermögen bestand aus dieser Liegenschaft, der Unternehmenszweck war die Entwicklung der Parzelle. Im September 1954 reichte die neue Besitzerin ein Baugesuch für einen sechstöckigen Bau mit einer Grossgarage ein, was auf Kritik stiess.
Realisiert wurde der Bau schliesslich nicht, und die Familie Bauer blieb noch einige Jahre in der Villa wohnen. Erst im Herbst 1956 kam Bewegung in die Sache rund um die Areale vom Aeschengraben 21 bis zur Einmündung in die Nauenstrasse.
Die Permindex-Sensation
Ende Dezember jenes Jahres hatten die Lokalseiten der Basler Tageszeitungen Gelegenheit für Schlagzeilen: "Ein Ausstellungs-Hochhaus soll das neue Gesicht des Aeschengrabens prägen", titelte das "Basler Volksblatt". Auf einem Modellfoto (Aufmacher-Bild) wurde eine vollständige Überbauung des Areals präsentiert: an der Ecke zur Nauenstrasse ein 21-stöckiges Hotelhochhaus, zwei weitere quer gestellte Blöcke, die das Gebäude der Basler Versicherung einrahmten, sowie ein 13-stöckiges "Ausstellungs-Hochhaus", etwas zurückversetzt, aber parallel zur Strasse. Projektverfasser war der Architekt und FDP-Grossrat Fritz Rickenbacher vom Büro Rickenbacher und Baumann (Felix-Platter-Spital, Hotel Hilton).
Initianten waren die im Oktober 1956 in Basel gegründete Permindex AG, die bereits erwähnte Parkhof AG und eine Redingstrasse AG, der die Parzelle an der Nauenstrasse gehörte. Das Kürzel Permindex stand für Permanent Industrial Exhibition, eine Art World Trade Center. Wie das "Volksblatt" berichtete, handelt es sich um "Bauten für eine Dauerausstellung und Verkaufsgelegenheiten für Industrie aus der ganzen Welt (...), wobei vorgesehen ist, die Einteilung der Ausstellung nicht nach Ländern, sondern nach Warengattungen vorzunehmen, wenn auch jedem Land eine seiner Bedeutung als Industrie- und Exportland entsprechende Bodenfläche zugeteilt werden dürfte".
Regierung war begeistert
Mit der Mustermesse, die damals der schweizerischen Wirtschaft vorbehalten war, sollte freundschaftlich zusammengearbeitet werden. Es würden nur Daueraussteller als Mieter gesucht und die Verträge mit vielen wichtigen Firmen seien so weit vorbereitet, dass mit dem Bau des Ausstellungs-Hochhauses nach Abschluss des Baubewilligungs-Verfahrens sofort begonnen werden könnte. Im Spätsommer solle es bezugsbereit sein. Für den Bau des Hotel-Hochhauses müsse noch der Verkehrsplan Nauenstrasse abgewartet werden.
Die Regierung war von der Idee, mit einem internationalen Messegelände ein weiteres wirtschaftliches Standbein für Basel zu schaffen, so angetan, dass sie die dem Projekt mit Hochhaus nur gerade zehn Tage nach Einreichung des Baugesuchs am 12. Dezember 1956 zustimmte. Sie brachte einzig den "Vorbehalt" an, "dass über alle Einzelheiten des Begehrens mit dem Baudepartement eine Verständigung erzielt wird". An der Pressekonferenz der Promotoren waren die Regierungsräte Alfred Schaller (Finanzdepartement) und Max Wullschleger (Baudepartement) persönlich anwesend.
Kommunistischer "Vorwärts" witterte etwas
Angesichts dieser Dimensionen und des Rückhalts in der Regierung schlug das Projekt in der Basler Öffentlichkeit wie eine Bombe ein und es entspann sich in den kommenden Monaten eine lebhafte wirtschaftliche und städtebauliche Debatte. Nur der "Vorwärts", das Organ der kommunistischen Partei der Arbeit (PdA), traute der Sache nicht.
Das hatte seine speziellen Gründe: Der Sprecher der Initiantengruppe hiess Ferenc Nagy, der von den Kommunisten 1947 gestützte Ministerpräsident von Ungarn – nicht zu verwechseln mit dem 1957 hingerichteten Imre Nagy. Seit der Niederschlagung des ungarischen Aufstandes durch die Sowjettruppen im November 1956 war die PdA arg in die Defensive geraten und sie benutzte hier die Gelegenheit, wieder Flagge zu zeigen. Nagy, der ehemalige Vertreter der Kleinlandwirte-Partei, sei offenbar zum Agenten des Kapitalismus geworden, hiess es damals im "Vorwärts" weiter. Und er fragte sich: "Muss man unter diesen Umständen nicht vermuten, dass die Permindex eine Welthandels-Institution mit politischen Absichten sein könnte?" Könnte Basel zu einem "Zentrum des kalten Krieges" werden?
Eine Tarnorganisation des CIA?
Der "Vorwärts" legte damit eine Spur, die bis in die Gegenwart führt. Wer den Namen "Permindex" bei Google und Wikpedia eingibt, stösst sofort auf eine der im Internet so beliebten Verschwörungstheorien. War die Permindex eine CIA-Tarnorganisation, welche die politischen Zustände in Italien oder Frankreich beeinflussen sollte? Diese Vermutung, die einer Desinformationskampagne des KGB enstammen könnte, wurde 1961 von einer den italienischen Kommunisten nahestehenden Tageszeitung ("Paese Sera") verbreitet, nachdem die Permindex ihren Sitz nach Rom verlegt hatte.
Kein Witz ist, dass ein Direktor der Permindex 1967 in New Orleans wegen möglicher Beteiligung an der Ermordung von US-Präsident John F. Kennedy verhaftet wurde. Verantwortlich für diesen Justiz-Eingriff war der Staatsanwalt von News Orleans, der aus Oliver Stones Film "JFK" bekannte Jim Garrison.
Der Mann im Hintergrund
Die PdA hatte zwar den richtigen Riecher, liess sich aber durch den Namen Nagy auch wieder irreführen. Denn Ferenc Nagy war nur eine Galionsfigur, die wahren Promotoren des Permindex-Projektes war eine Gruppe von Geschäftsleuten um Georges Mantello-Mandel (Bild), ein Mann mit verschiedenen Namen und umstrittener Reputation. Geboren wurde er 1901 als Gyorgy Mandl in einer Kleinstadt im damals noch k.u.k.-ungarischen Siebenbürgen. Der Geschäftsmann jüdischer Herkunft starb 1992 in Rom. Nach Tätigkeiten in Bukarest und Belgrad setzte sich Georges Mantello zu Beginn des Krieges über Bukarest und Jugoslawien nach Italien ab und reiste 1942 in Genf ein, wo er auf dem Konsultat von El Salvador tätig war.
Dank seiner Beziehungen trug er im Sommer 1944 zur Verbreitung von Dokumenten bei, in denen über den Transport der ungarischen Juden nach Auschwitz informiert wurde, was zu einem beträchtlichen Presseecho in den neutralen und westlichen Ländern führte.
In einer nach seinem Tod erschienenen amerikanischen Publikation wird er als der Mann gewürdigt, "der die Züge nach Auschwitz stoppte".
Als wirkunglos, ja kontraproduktiv wird dagegen eine weitere Aktion Mantellos beurteilt, bei der an Juden in Budapest salvadorianische Identitätspapiere verteilt wurden. Sie belastete offenbar die Schutzbrief-Aktionen des Schweizer Konsuls Carl Lutz. Im dreibändigen Lexikon des Holocaust wird Mantello nur am Rande erwähnt.
Die Regierung war im Bild
Die Basler Regierung war von Anfang an über die Person Mantello informiert, wie die Akten im Basler Staatsarchiv belegen. Denn dort finden sich umfangreiche Polizeirapporte, die sich zum Teil auf die Berichte der Polizeiabteilung des eidgenössischen Justizdepartementes beziehen. Der Vater von Mantello-Mandel war ein vermögender Ungar, heisst es darin, der seit 1896 auch das Bürgerrecht von San Salvador besass.
Der Sohn sei seit 1934 Bürger des mittelamerikanischen Staates, aber in Wirklichkeit sei seine Staatsangehörigkeit ungeklärt. "Es darf als sicher angenommen werden, dass er nicht Bürger von San Salvador ist." Die Schweizer Botschaft in Bukarest bezeichnete ihn als "jüdischen Schieber". Neben seiner Tätigkeit im Genfer Konsulat von El Salvador habe er international mit Gold, Textilien und Uhren gehandelt. Im Mai 1944 sass er in Genf in Untersuchungshaft, und nach dem Krieg sei er als unerwünschter Ausländer des Landes verwiesen worden, habe sich dem Vollzug aber immer wieder entziehen können.
Der Basler Polizeidirektor Fritz Brechbühl (SP) vermerkte im Januar 1957 handschriftlich unter diese Akte: "Es ist immer dasselbe. Ein Ausländer, der rührig ist, erweckt Misstrauen. Darum nehme ich die unbewiesenen Behauptungen nicht ernst."
Die Basler Polizei ermittelte aber weiter, wie ein 13-seitiger Rapport vom Januar 1958 belegt, und die Bundespolizei liess Mantellos Telefon abhören – wegen Verdachts auf "politischen Nachrichtendienst". Es gehe ihm darum, so wird es im Polizeirapport zusammengefasst, "verantwortliche Nationalsozialisten unter Anklage zu stellen und Funktionäre schweizerischer jüdischer Vereinigungen und Kultusgemeinden der (moralischen) Pflichtvergessenheit zu überführen". Eine interessante Koinzidenz: Im Februar 1957 erschien der Bericht von Carl Ludwig, einem Basler alt Regierungsrat, zur Flüchtlingspolitik der Schweiz "seit 1938 bis zur Gegenwart."
Zunehmende Skepsis
Nach dem anfänglichen Sensationserfolg erwuchsen dem Projekt Permindex rasch Widerstände. Der private Heimatschutz und die staatliche Heimatschutzkommission (die heutige Stadtbildkommission), aber auch die Fachverbände der Architekten meldeten Opposition an. Kritisiert wurden das Hochhaus, das den Blick auf das Münster verstelle, die zu dichte Bebauung und die mangelnde Verkehrserschliessung.
Noch schwieriger wurde es für die von Alfred Schaller angeführte bürgerliche Regierungsmehrheit, als auch Amtstellen wie das Stadtplanbüro (Planungsamt) und die Verkehrsabteilung der Polizei Zweifel anmeldeten. Die Planer und Baujuristen im Baudepartemente wiesen nach, dass das Projekt in der vorliegenden Gestalt nicht bewilligungsfähig sei. Sie leisteten dabei Vorarbeiten zur Verbesserung des Planungs-Instrumentariums im Hinblick auf spätere Grossprojekte.
Baubegehren abgeändert
Die Promotoren reagierten auf die Verschlechterung der Situation mit einem abgeänderten Baubegehren im Januar 1958, die das Baugesuch vom Oktober 1957 korrigierte. Die Volumen waren reduziert, das Hochhaus war jetzt nur noch 53 statt 56 Meter hoch. Es half nichts. Am 15. Februar 1958 erschien in der "Basler Arbeiterzeitung AZ", dem Organ der Sozialdemokraten, ein Artikel von Chefredaktor Max Schärer, welcher der Sache eine neue, polemische Wendung gab: "Was geht unter dem Mantello des Bankgeheimnisses vor?"
Das war natürlich ein übles Wortspiel mit dem Namen des Hauptpromotors, und der Autor geizte auch sonst nicht mit Informationen, die er nur aus den erwähnten Polizeirapporten kennen konnte. "Hat man sich bei den Basler Behörden genügend über Mantello erkundigt?" "Herr Mantello stammt aus Siebenbürgen ... Den schweizerischen Behörden ist Herr Mantello während des zweiten Weltkrieges als kriegswirtschaftlicher Sünder bekanntgeworden. Nicht wegen ein paar Mahlzeiten-Coupons, wohl aber wegen Geschäften, die im Volksmund Schiebergeschäfte genannt werden."
Der AZ-Redaktor erwähnte die jüdische Herkunft Mantellos nicht, nutzte das Zwielicht zwischen antikapitalistischer und antijüdischer Polemik aber gekonnt aus. Das trug ihm dann eine Ehrverletzungsklage Mantellos ein.
Unseriöse finanzielle Basis
Die wirtschaftlich-finanziellen Argumente Schärers hatten allerdings Substanz: "Stimmt es, dass der grösste Posten im angeblichen Eigenkapital der Permindex der Baugrund darstellt, bei dem aber ein Mehrfaches des Verkehrswertes eingesetzt ist, damit man viel mehr Eigenkapital vortäuschen kann als vorhanden ist?"
Der 2009 in Deutschland verstorbene Basler Anwalt Erich Diefenbacher, der später eine Gläubigerpartei vertrat, schilderte die Situation (in einem Gespräch 1996) folgendermassen: Die Permindex-Promotoren um Mantello erwarben die Parkhof AG vom ursprünglichen Eigentümerkonsortium. "Den Kaufpreis haben sie durch Errichtung von Hypotheken der Gesellschaft (AG) entnommen. Anstatt die Summe bar zu zahlen, haben sie Inhaberschuldbriefe auf der Liegenschaft errichtet. Solche Schuldbriefe sind Wertpapiere, die eine Schuld beinhalten, für die sowohl der Aussteller als auch die damit belastete Liegenschaft haftet."
Mit einem Wort: Die finanzielle Basis der Permindex war weder seriös noch stabil. Das Unternehmen hing von einem Baukredit in der Höhe von 12 Millionen ab, den man sich von der Basler Kantonalbank erhoffte. Ein Gutachten von zwei Basler Chefbeamten an das Finanzdepartment legte dieses wacklige Fundament deutlich offen. Ein Rechtsgutachten des Justizdepartementes, das erst einen Tag vor der entscheidenden Regierungs-Sitzung am 22. April 1958 vorlag, kam zum Schluss: "Das heute zur Bewilligung vorliegende Projekt kann nach den Bestimmungen der Hochhaus-Verordnung (Lage, Verhältnis zum Stadtbild) wie auch nach den vom Regierungsrat stets eingehaltenen Richtlinien nicht genehmigt werden."
Hektische Pro-Aktivitäten ...
In den drei Monaten vor dem Regierungs-Beschluss herrschte noch einmal hektische Aktivität. Die Handelskammer und Kreise aus der Liberalen Partei organisierten eine Pro-Permindex-Veranstaltung im Restaurant "Schlüssel", Studenten lancierten eine Pro-Petition. Die Permindex publizierte in den "Basler Nachrichten" ein zweiseitiges Forum, was die Fachverbände zu einer Gegendarstellung provozierte.
Es gab aber auch ein ominöses Nachtessen im Restaurant "Schützenhaus", bei dem AZ-Redaktor Schärer einen Teil seiner Informationen erhielt. Laut Polizeirapport habe der ebenfalls anwesende Architekt Rickenbacher dabei Namen (von Promotoren oder Hintermännern) gehört, "die er nicht hätte erfahren dürfen". Dies veranlasste ihn, sich bei Polizeidirektor Brechbühl über Mantello zu erkundigen.
... und dann die Absage
Der Präsident der Permindex, E.W. Imfeld, formulierte im April 1958 einen Vertrag über die Zusammenarbeit mit der Mustermesse. Aber da war es schon zu spät. Mustermesse-Direktor Hauswirth signalisierte der Regierung die ablehnende Haltung der schweizerischen Uhrenbranche.
Unter dem Druck der Fakten entschied die Regierung auf Antrag des sozialdemokratischen Bau- und des katholisch-konservativ geführten Finanzdepartementes mit vier zu drei Stimmen für Ablehnung des Permindex-Baugesuches. Der Beschluss wurde aber nicht veröffentlicht, nur der "Parkhof"-Präsident, Anwalt F. Emanuel Iselin, wurde orientiert. Am 3. Mai machte die AZ den Entscheid aber publik und die andern Medien mussten nachziehen. Zwei Tage später gab die Permindex den vorläufigen Verzicht auf das Projekt und die Verlegung der Geschäftaktivitäten nach Rom bekannt. Ein Wiedererwägungsgesuch lehnte die Regierung im Oktober ab.
Ein Rattenschwanz an Prozessen
Die Permindex vermochte auch in Rom, auf Mussolinis Weltausstellungs-Gelände EUR nicht wirklich Fuss zu fassen. 1962 geriet sie in ernsthafte Schwierigkeiten und 1968 – sie hatte ihren Sitz immer noch in Basel – ging sie in Liquidation. Die Parkhof/Permindex-Affäre mündete zwischen 1959 und 1969 in einen Rattenschwanz von Prozessen bis hin zum Bundesgericht, in denen unter anderem die Parkhof AG in den Konkurs geschickt (1959), AZ-Redaktor Schärer wegen übler Nachrede (1963) und Mantello zusammen mit Bankier Hans Seligmann wegen Urkundenfälschung verurteilt wurden. Die heute nicht mehr bestehende Bank Seligmann und Schürch war die Hausbank der Permindex-Promotoren.
Kern der Prozessse war ein Machtkampf um die Parkhof AG, die zwar konkurs war, aber mit der Liegenschaft am Aeschengraben über ein kostbares Aktivum verfügte. Der Konkursverwalter war bemüht, das Grundstück der "Bâloise" für 12 Millionen zuzuhalten, was aber von den neuen Inhabern der Parkhof AG, der Banque de Crédit International (BCI) in Genf, durch das Deponieren von 14 Millionen beim Gericht verhindert wurde (1962).
Die BCI war eine Gründung des Israeli Tibor Rosenbaum, die nicht nur gute Verbindungen zum israelischen Staat hatte, sondern bei der möglicherweise auch Gelder der amerikanischen Mafia gewaschen wurden. Wie beim Namen Permindex gerät man hier schnell in den Umkreis von Verschwörungstheorien. Gesichert ist, dass die BCI 1974 in Konkurs ging.
Hubachers starke Vereinfachung
Laut Anwalt Diefenbacher wurde die Parkhof AG bis zu der Summe von 24 Millionen mit Hypotheken beladen. Zu diesem Preis ging die Parzelle am Aeschengraben 21 dann 1971 doch noch an die "Bâloise". Helmut Hubacher bezeichnete dies in der AZ als "klassischen Spekulationsfall", vereinfachte damit aber stark. Denn als Spekulation gilt üblicherweise, wenn eine Liegenschaft rasch mit Gewinn weiterverkauft wird.
Im vorliegenden Fall blieb die Parzelle dagegen 17 Jahre im Besitz der Parkhof AG.
Der Kaufpreis betrug 1954 umgerechnet 600 Franken pro Quadratmeter. Gemäss Angaben der kantonalen Bodenbewertungstelle betrugen die Richtwerte für den Raum Aeschengraben um 1970 zwischen 1'800 und 2'500 Franken pro Quadratmeter (heute bis zu 6'000 Franken). Allein durch das Halten des Grundstücks konnte somit ein beträchtlicher Gewinn erzielt werden. Wenn die Angaben der damaligen Kritiker stimmen, hat die "Bâloise" das Areal 1971 zu einem deutlich übersetzten Preis (gegen 3’700 Franken pro Quadratmeter) erworben.
Verlust des gesunden Urteilsvermögens
Schon 1957 wurde der Verdacht geäussert, dass das Projekt Permindex nur ein Instrument war, um an Hypothekarkredite der Kantonalbank zu gelangen, respektive den Wert der Liegenschaft in die Höhe zu treiben. Da die Basler Exekutive und die Wirtschaft keinen Zweifel daran liessen, dass es sich dabei um ein "Filetstück" handelte, mit dem man planerisch Grosses beabsichtigte, war dies auch nicht so schwierig.
Es bleibt dennoch erstaunlich, wie die Regierung – anfänglich inklusive Sozialdemokraten – und Teile der Basler Wirtschafts-Elite angesichts der vorgetäuschten Permindex-Aussichten das gesunde Urteilsvermögen verloren.
Quellen: Regierungsakten im Basler Staatsarchiv, Dossier Permindex im Schweizer Wirtschaftsarchiv; Gespräch mit Erich Diefenbacher Januar 1996; Berichte des Regierungsrates und des Grossen Rates zum Bebauungsplan Aeschengraben 2014; Theo Tschuy: Carl Lutz und die Juden von Budapest, Zürich 1995; Levai Jenö: Zsidosors Europaban, Budapest 1948 (für Foto Mantello).
Dieser Beitrag war dank des OnlineReports-Recherchierfonds möglich.
8. September 2016