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Dem demokratischen Staat sind die Zähne gezogen wordenZwei erhellende Bücher, fast ein Krimi-Drehbuch: Wie die internationale Hochfinanz ihre Spielregeln durchsetzt Von Aurel Schmidt Vor zehn Jahren, ja sogar noch vor fünf Jahren, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich mich eines Tages mit Themen wie Finanzwirtschaft oder neoliberaler Wirtschaftsordnung befassen würde. Kulturelle Fragen interessierten mich vor allem: Literatur, Kunst, Philosophie. Dann kamen andere Probleme dazu wie der Kontroll- und Überwachungsstaat oder die Postbiologie (virtuelle Anthropologie). Die Zeiten ändern sich eben. Heute komme ich nicht mehr darum, mich solchen Themen zuzuwenden, die sich aus dem Lauf der Ereignisse ergeben – der Finanz-, Banken- und Schuldenkrise.
"Rationale Entscheide Wer keine Ahnung vom Fach hat, und das sind die meisten von uns ("muppets" in der Sprache von Goldman Sachs), versteht nicht, wie das Spiel gespielt wird. Aber auch die Herren der Finanz durchschauen es oft nicht. Sie gehen Risiken ein, oft ohne genau darüber Bescheid zu wissen, und je mehr sie riskieren, desto mehr gewinnen sie dabei – meistens. Sollten sie verlieren, halten sie sich mit Bail-outs schadlos. Seit Kurzem auch mit Bail-ins – das ist seit Mitte März dieses Jahres das Neue.
"Ohne strengere Kontrollen werden sich Zuviel Deregulierung und zu wenige Vorschriften und Kontrollen (zum Beispiel über Eigenkapitalreserven oder Kontrollen im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr) haben die Blase von 2008 verursacht. Sollte sich daran nichts ändern, werden immer und immer wieder neuen Blasen, Flash Crashs und Krisen entstehen – solange, bis das Ungeheuer erledigt ist und die Menschen, die ihr sauer auf die Seite Gelegtes sicher anlegen wollen, aufatmen können.
"Klar ist für Streeck: Der demokratische Staat Mit seltener Deutlichkeit (die aber in der allgemeinen Phraseologie der politischen Verlautbarungen kein Wunder ist; man denke an die "marktkonforme Demokratie" von Angela Merkel) beschreibt Streeck die Umwälzung, die er zeitlich mit Reagan und Thatcher als Wasserträgern der neoliberalen Ideologen ansetzt, während Lanchester sie auf den Fall der Berliner Mauer datiert, als der Westen verzichten konnte, sich gegenüber der Sowjetunion ein moralisches Mäntelchen umzuhängen und als Folge davon sich die Finanzindustrie hemmungslos durchsetzte.
"Dem Staat als seinem Schuldner Zur neoliberalen Umwälzung gehört auch, dass der Staat, um die öffentlichen Aufgaben zu erfüllen, seine Einnahmen immer weniger aus Steuern bezog, die er erhob, sondern sich zunehmend auf dem Geldmarkt eindecken musste. Die Folge war, dass er immer mehr in Schulden geriet und dadurch von den Geldgebern abhängig wurde, denen es gelang, ihm seine Forderungen zu diktieren. Gemeint sind damit jene sogenannten Reformen, von denen wir in den Medien lesen: weniger sozialer Ausgleich, weniger Ausgaben für Bildung, Gesundheit, Kultur. Jetzt reicht vielerorts nicht einmal mehr in der Schweiz das Geld für die Reparatur der Strassen nach einem kalten Winter.
"Nicht der Nationalismus ist die Gefahr, Allerdings kann auch ein wachsender Widerstand gegen diese Entwicklung festgestellt werden. Als Streeck das Buch schrieb, wurde noch kaum über ein mögliches Ende des Euro gesprochen. Heute sind Überlegungen darüber geläufig geworden. Soviel ist also in kurzer Zeit geschehen.
"Es gibt ein Leben Für Sachunkundige sind beide Bücher nicht unbedingt einfach zu lesen, was daran liegt, dass es auch die Materie selbst nicht ist. Aber wer sich hindurchgeackert hat, versteht am Ende des Tunnels die Welt etwas besser. Das ist eine gute Voraussetzung, um auf eine Änderung hinzuwirken, auch wenn die Marktschreier behaupten werden, dass die Standortvorteile dadurch gefährdet werden. Dann sollen sie es. Hauptsache ist, dass die Banken ihr eigentliches Geschäft wieder ernst nehmen und sich vom Investmentgeschäft trennen.
Als ergänzende Lektüre sei der Artikel „Die Linke hat auch keine Antwort“ des amerikanischen Ökonom und Wissenschaftshistorikers Philip Mirowski empfohlen, der am 16. Februar 2013 in der FAZ erschienen ist (er ist im Netz leicht zu finden). 26. April 2013
"Misere bei den Lösungsansätzen" Es ist tatsächlich gut dass diese Diagnose immer wieder in Erinnerung gerufen wird: Viel zu oft und immer mehr hat heute der Staat und die Demokratie nur den Interessen des Kapitals zu dienen! Allerdings ist das ja jedem, der es wissen will, schon lange bekannt. Viel grösser scheint mir aber die Misere bei den Lösungsansätzen: Das Repertoire geht nie über das hinaus was sich schon seit Jahrzehnten immer wieder als untauglich oder ungenügend erwiesen hat. Nicht dass ich glaube dass ich es so viel besser weiss: Ich vermisse nur die ernsthaften Bemühungen, die dummen, alten, verlotterten Links/Rechts-Scheuklappen einfach einmal wegzuwerfen und mit freiem Kopf über die Verhältnisse nachzudenken!
Interessant ist doch z.B. der Ansatz, dass Schulden "von Zeit zu Zeit erlassen" werden müssen. In anderen Worten: Kapital muss irgendwann irgendwie auch wieder verschwinden – wie ja eigentlich sonst alles in der Welt! Tatsächlich steht in heutigen Verfassungen kaum etwas unter einem höheren Schutz als das "Eigentum": Von allen Dingen in der Welt ist Kapital das einzige von dem man annimmt und fordert dass es sich durch reines Lagern sogar noch vermehrt; unser ganzes Pensionskassensystem beruht darauf.
Aber dann kommt als Idee wieder nur der alte Hut von der Möglichkeit des Abwertens wenn man diesen "bösen Euro" endlich wieder los wäre! Aber was soll das denn bringen? Jede Abwertung des einen ist implizit eine Aufwertung für den anderen – und schon heute haben wir ja einen globalen Abwertungs-Wettbewerb zwschen USA, China, Europa, Japan und anderen Ländern! Der Denkfehler ist dass man noch immer nur in Begriffen von "wir" und "die anderen" denkt – anstatt endlich einmal wirklich global. Man kann ja auch nicht den Spiegel des Atlantik senken indem man Wasser in den Pazifik pumpt: Das klappt nur mit "kleinen Becken" – wie z.B. Argentinien gegenüber dem Rest der Welt.
Kurz: Schön dass "es" wieder mal jemand sagt – aber sehr viel mehr schade dass auch da offenbar wieder nicht weiter gedacht wurde: Es wäre dringend nötig! Cornelis Bockemühl, Basel "Schliesslich sind WIR die 99%" Ich wünsche dem Autor viele Leser für seine – und seinen Stofflieferanten – eindrückliche und erhellende Analyse in klarer und deutlicher Sprache. Sie hebt sich wohltuend ab vom üblichen politischen Sprachstil und enthebt die Leserschaft der Mühe, umfangreichen und schwierigen Lesestoff aufzuarbeiten!
Besonders die Vertreter der Volkswahl des Bundesrates sollten sich angesprochen fühlen. Hier wird der bei jeder Gelegenheit hochgelobten Demokratie ein Bärendienst – im Sinne der von Aurel Schmid vorgelegten Schlussfolgerungen – untergejubelt. Nachdem der Wahlkampf Webers zum basellandschaftlichen Regierungsrat offenbar bereits eine Viertelmillion gekostet hat, lässt sich doch die Frage stellen, wie teuer wohl eine Bundesratswahl ausfallen könnte. Volkswahl des Bundesrates, eine glänzende Chance für die Hochfinanz, ihr Regiment auszubauen, natürlich mit der gleichzeitigen und sich immer wiederholenden Betonung, die Demokratie zu fördern. Wie häufiger dieses Argument zu hören ist, desto verdächtiger erscheint es, gegenteilige Wirkung – siehe Titel – zu entfalten. Denn das Ausgeschlossene wirkt. Wie umfassender das Geld bestimmt, desto weniger Einfluss bleibt der Stimme des Volkes, sie bleibt ausgeschlossen.
C.G.Jung hierzu: '…das, womit wir uns nicht auseinandersetzen, begegnet uns als Schicksal.' Wenn Geld die Welt regiert, so stellt sich einer Demokratie die Frage nach dessen Legitimation. Und wer ist die Demokratie? WIR! Also packen wir's an! Schliesslich sind WIR die 99%! Resignation darf keine Antwort bleiben! Bruno Rossi, Gelterkinden "Eine andere Entwicklung ist schon möglich, aber ..." Aurel Schmidt ist unbestritten ein grosser Denker und Analytiker. Seine Beiträge sind spannend und interessant! Am Anfang des Artikels steht folgende Bemerkung: "Die neoliberale Umwälzung der letzten dreissig Jahre hat die Welt grundlegend verändert, aber eine andere Entwicklung ist möglich". Dass eine andere Entwicklung möglich wäre, glaube ich schon, aber vermutlich keine bessere als heute. Heinz Jäggi, Allschwil |
vor Gewissens-Entscheid |
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Ein Schweizer Vorzeige-Projekt:
20 Jahre "Obstgarten Farnsberg"
Mit Birdlife-Projektleiter Jonas Schälle
unterwegs in einem Bijou der Biodiversität.
Reizfigur Sarah Regez:
Gefahr eines Absturzes
Peter Knechtli über die Kontakte
der SVP-Politikerin zu Rechtsextremen.
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Hirnschlag mit 47: Die Geschichte von Patrick Moser
Der Baselbieter Lehrer und Journalist hat ein Buch über diesen Einschnitt geschrieben.
Kitas in Baselland: Personal und Eltern wandern in die Stadt ab
Eine Kita-Allianz will verhindern, dass die Situation noch prekärer wird.
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Permatrend muss nach
über 46 Jahren schliessen
Mit dem Textildruck-Betrieb geht auch ein Stück Baselbieter Unternehmensgeschichte.
Regierung kontert den
Herr-im-Haus-Standpunkt
Peter Knechtli zur Unterschutz-Stellung
der verwüsteten Sissacher Tschudy-Villa.
Tschudy-Villa steht jetzt
unter Denkmalschutz
Der Eigentümer muss das teils abgerissene Gebäude in Sissach wieder aufbauen.
Roger Blum wirft bz
Besprechungs-Boykott vor
Relevante Ereignisse bleiben in Basler
Leitmedien immer häufiger unbeachtet.
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Bruderholz-Quartier blockiert Neubau der Tramstrecke
Trotz Plangenehmigung kann das Projekt
nicht realisiert werden.
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