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"Paritätische Beschwerdeinstanz gibt es nicht": "Käppeli"-Sonnen-Logo

Regelrecht ausgenommen

Pflegekosten: Baselbieter Alters- und Pflegeheim unter Beschuss


Von Peter Knechtli


Das Alters- und Pflegeheim "Käppeli" in Muttenz BL steht unter Beschuss: Angehörige von Pensionärinnen kritisieren die Pflegeberechnung und fordern Geld zurück. Der Fall ist beispielhaft.


Hans und Regine Achermann* verstanden die Welt nicht mehr: Für ihre "Mamme", bald 91jährig und seit über zehn Jahren Pensionärin im Alters- und Pflegeheim "Käppeli" in der Baselbieter Agglomerationsgemeinde Muttenz, wurde der Preis wegen zusätzlichem Pflegeaufwand letzten August auf einen Schlag um 75 Franken pro Tag erhöht. Monatliche Mehrkosten: Happige 2'325 Franken.

 

Genau ein Jahr zuvor traf es auch Felix Wefel*, einen Arzt im Ruhestand, der die finanziellen Angelegenheiten seiner 74jährigen alleinstehenden Schwester und "Käppeli"-Pensionärin betreut: Zahlte er bis dahin einen Pensionspreis von 2'900 Franken pro Monat, wurde der Kundin plötzlich ein Teilpflegekostenzuschlag von täglich 75 Franken in Rechnung gestellt, "ohne dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert hätte".

Vorwurf der Abzocke

 

Diese beiden Fälle stehen nicht allein. Die 83jährige Schwiegermutter der Ostschweizerin Nicole Bürgi trat am 1. April letzten Jahres ins "Käppeli" ein. Die betagte Frau war anerkanntermassen verwirrt - konnte Tag und Nacht nicht unterscheiden, musste zum Essen gerufen werden -, aber in vielen persönlichen Bereichen noch selbständig.

 

"Wir gingen davon aus, dass meine Schwiergermutter ein Nichtpflegefall ist", schildert Nicole Bürgi ihren damaligen Informationsstand. Nicht so das Heim-Management, das die Frau als Pflegefall mit täglich 150 Franken Kostenzuschlag taxierte und Bürgis die Rechnung präsentierte: Fast 8'000 Franken pro Monat, woran die Krankenkasse stolze 1'200 Franken zahlte.

 

"Die haben uns abgezockt", sagt Nicole Bürgi noch heute, "da ging etwas nicht mit rechten Dingen zu und her". Am 8. August trat die Pensionärin aus dem "Käppeli" aus und fand im sanktgallischen Grabs Unterschlupf. Kosten seither: Mit 4'500 Franken nur wenig mehr als halb sie viel wie im "Käppeli".

 
Keine Kontrolle mehr möglich

Allen Fällen ist gemeinsam: Den Angehörigen war eine Kontrolle von Preis und wirklich erbrachter Leistung ist unmöglich. Grund: Das "Käppeli" arbeitete nach dem betriebswirtschaftlich überholten zweistufigen BAK-System ("Bewohner-Arbeits- und Kostensystem"), das nur gerade zwischen Teil- und Vollpflege unterscheidet.

 

Der Verdacht kam auf, unter dem Titel "Pflegekosten" seien Leistungen verrechnet worden, die gar nicht erbracht wurden. "Käppeli"-Leiterin Esther Stoll widerspricht: In einem Pflegeheim würden gegenteils immer wieder Leistungen erbracht, die nicht verrechnet werden.

 

Zu den drei Streitfällen erklärte Esther Stoll, Angehörige sollten durchaus mitdiskutieren können, doch müssten sie sich an die "Spielregeln des Hauses" halten. So werde den Angehörigen vor dem Eintritt der Pensionäre die Preisliste erklärt - freilich noch ohne verbindliche Angaben zur preiswirksamen Einstufung. Denn die Bewertung des Pflegeaufwands wird laut Esther Stoll erst im Verlauf der ersten zwei Wochen nach Eintritt vorgenommen, danach erneut alle Vierteljahre: "Wenn es eine Veränderung gibt, auch zu unseren finanziellen Ungunsten, teilen wir dies den Angehörigen sofort mit."

"Angehörige haben andere Wahrnehmung"

Ohne die Fälle zu kennen, weiss Lore Valkanover, KVG-Spezialistin im Heimverband Schweiz, aus Erfahrung, dass Angehörige bezüglich Pflegeaufwand "oft eine andere Wahrnehmung haben als die Profis". Es sei deshalb "wichtig, dass sich die Angehörigen bei den Heimverantwortlichen die Pflegebedarfs-Einstufung im Detail erklären lassen".

 

Obschon das BAK-System auch nach Meinung des Baselbieter Kantonsarztes Dominik Schorr "nicht ideal" ist, wird es weitergeführt - seit Jahresbeginn allerdings differenzierter mit vier statt zwei Tarifstufen. "Dabei gab es Gewinner und Verlierer", schildert Esther Stoll die Folgen der Anpassung.

 

Zu den Gewinnern zählt Felix Wefel. Die Preissenkung ist enorm: Seit Anfang Jahr muss er für die Pflege seiner Schwester monatlich nur noch 899 statt 2'325 Franken zahlen. Dennoch ist er nicht zufrieden: Ihn umtreibt der Eindruck, gegen 25'000 Franken zuviel bezahlt zu haben. Für diesen Betrag will der Angehörige kämpfen, wenn die Krankenkasse schon nichts unternimmt.

Unbekannte Beschwerdeinstanz

"Wenn uns kein Angehöriger alarmiert, geht die Kasse nicht von sich aus auf die Piste", kontert Bernhard Sutter, Präsident des Verbandes Basellandschaftlicher Krankenversicherer. Wer mit der Pflegebedarfs-Einstufung nicht einverstanden sei, so Sutter, könne er sich an eine "frisch gebildete" paritätische Kommission wenden. Von dieser Kommission weiss "Käppeli"-Chefin Esther Stoll indes nichts: "Eine paritätische Beschwerdeinstanz gibt es nicht." Erste Instanz sei die Heimkommission. Darüber hinaus gebe es den kantonalen Ombudsman.

 

Diese Stelle war es auch, an die sich Wefel mangels neutraler Beschwerdeinstanz wandte. Doch im Büro von Ombudsman Louis Kuhn herrscht seit drei Monaten Funkstille. "Am besten wäre eine gesamtschweizerische Ombudsstelle", fordert die Berner SP-Grossrätin und Anwältin Barbara Egger-Jenzer, die selbst als kantonale Ombudsfrau für Altersfragen amtiert. Für Schlichtungsfragen hat ihr Kanton eine unabhängige Beschwerdeinstanz ins Leben gerufen, der vor allem Fachleute angehören.

Einheitliches System wäre wichtig

Merkwürdig mutet auch an, wie freimütig die Krankenversicherer ein Tarifsystem akzeptierten, das Intransparenz und Ermessenswillkür in sich birgt. "Für uns wäre ein möglichst einheitliches System schon wichtig", sagt Walter Frey, Sprecher des Konkordats Schweizerischer Krankenversicherer, doch aus föderalistischen Gründen sei die Einführung eines landesweit gültigen und zentral überwachten Tarifsystems undenkbar.

 

Immerhin sind bereits 14 Kantone (ZH, AG, TG, SH, GL, SO, LU, UR, OW, SG, ZG, VS, AR, AI) auf das zeitgerechtere, vierstufige System "Besa" ("Bewohnerinnen-Einstufungs und Abrechnungssystem") umgeschwenkt.  Grosse Hoffnungen über einen gesamtschweizerischen Standard allerdings macht sich die Berner Juristin Barbara Egger nicht: "Wir müssen uns im Schweizer Heimbereich mit 24 Modellen und 24 Gesetzgebungen abfinden."

 

Folge: Der Föderalismus in der Altersheimpolitik erstickt Forderungen nach gesamtschweizerischer Harmonisierung. Neben BAK und "Besa" werden in den Kantonen derzeit auch das amerikanische Modell RAI und die kanadische Lösung "Plaisir" diskutiert: Einstweilen können Angehörige freilich nur davon träumen, dass Einstufung und Transparenz in der Alterspflege zum Pläsierchen werden.


* Name geändert

29. März 1999


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