Werbung

© Foto by OnlineReports.ch
"Höhere Eintrittsschwelle": Eingang zum Basler IV-Sitz

Basler IV-Stelle wird schärfer kontrolliert

Das Renten-Paradies Basel dürfte bald der Vergangenheit angehören


Von Peter Knechtli


Nach einer Überprüfung der Basler IV-Renten-Praxis durch das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) gehört das "Renten-Paradies Basel" bald der Vergangheit an: Die Basler IV-Stelle muss sich einer Reihe von Vollzugs- und Aufsichtsmassnahmen unterziehen. Insbesondere müssen vermeintlich "klare Fälle" vertieft untersucht werden.


Basel-Stadt, so kam vor einiger Zeit über die "NZZ am Sonntag" aus, war während Jahren ein bequemer Platz zur Ergatterung von Renten aus der Invaliden-Versicherung. Im Januar 2003 bezogen 8,8 Prozent der Personen im Alter zwischen 18 und 62/64 Jahren eine IV-Rente. Damit nimmt Basel-Stadt einen schweizerischen Spitzenplatz ein - noch weit beispielsweise vor der Stadt Zürich.

Keine Rente im Zweifelsfall

Um die "Vollzugsdynamik" (so die Amtsschimmel-Formulierung) der Basler IV-Stelle "besser zu verstehen", prüfte das Bundesamt für Sozialversicherung während drei Monaten jede Rentenzusprache der IV-Stelle Basel-Stadt vor ihrer formellen Verfügung. Jetzt sind die Ergebnisse der Praxis-Prüfung und die vereinbarten Massanhmen zur Senkung der Rentenquote durch die Basler Regierung bekannt gegeben worden. Wortlaut:

• Komplexe Fälle werden von der IV-Stelle im Allgemeinen fundiert abgeklärt. Fälle hingegen, die vermeintlich klar zu einer Rentenzusprache führen, müssen noch vertiefter geprüft werden.
• Die bereits ergriffenen Massnahmen zur Angleichung und qualitativen Sicherung der IV-Stellen-internen ärztlichen Beurteilungen sind weiter zu führen.
• Von den Versicherten ist eine weiter gehende Erfüllung ihrer bestehenden Schadenminderungspflicht zu verlangen.
• Die IV kennt den Grundsatz "Im Zweifelsfall eine Leistung ausrichten" nicht. Nicht nur Rentenablehnungen, sondern auch Rentenzusprachen sind deshalb hinreichend und eingehend zu begründen.

Die sibyllinische Formulierung von Fazit und Massnahmen lässt doch darauf schliessen, dass die Basler IV-Stelle bisher eher nach dem Grundsatz "Im Zweifelsfall eine Leistung ausrichten" entschied. Im Communiqué des Wirtschafts- und Sozialdepartements unter der Führung von Regierungsrat Ralph Lewin (SP) wird allerdings festgehalten, dass die hohe Rentenquote nicht nur durch die Entscheid-Politik der IV-Stelle, sondern "zu einem grossen Teil" auch auf von der IV nicht beeinflussbare Faktoren wie Altersaufbau der Bevölkerung, städtisches Umfeld, medizinische Versorgungsdichte zurückzuführen ist. Dies hat bereits IV-Leiter Paul Meier gegenüber OnlineReports festgehalten.

Bundesamt mit verstärkter Aufsicht

Verstärkt wird auch die bisher offenbar ungenügende zweigeteilte Aufsicht. Bisher entschied der Kanton über personelle Belange und die organisatorischen Abläufe. Das BSV übte die fachliche Aufsicht aus. Diese Aufgabenteilung habe es "erschwert, allfällige Schwächen wirksam anzugehen". Das Bundesamt, der Kanton Basel-Stadt und die IV-Stelle Basel-Stadt hätten deshalb eine "schweizweit neue Form der Zusammenarbeit vereinbart": Das BSV analysiert zusammen mit der IV-Stelle die internen Abklärungs- und Entscheidprozesse und unterbreitet der IV-Stelle und dem Kanton konkrete Empfehlungen zur Optimierung des Vollzugs. Das BSV wird die Umsetzung und den Erfolg der Massnahmen im Jahr 2005 überprüfen.

Vor allem der Bund und in zweiter Linie auch der Kanton wollen damit die Aufsicht "nachhaltig" verstärken. Das strategische Ziel bestehe darin, "dass die Neuberentungsquote gesenkt wird und der Kanton Basel-Stadt sich dem schweizerischen Mittelfeld annähert". Im Klartext: In Basel-Stadt wird es künftig schwieriger, eine IV-Rente zu erhalten. Bund und Kanton, so heisst es weiter, seien sich jedoch "auch einig, dass die von der IV nicht beeinflussbaren Faktoren eine Senkung der Rentenquote bis zum schweizerischen Durchschnittswert verunmöglichen".

BSV will langfristig 1 bis 1,5 Prozent reduzieren

Auf welches Niveau eine Senkung der heutigen Rekord-Rentenquote von 8,8 Prozent wünschbar wäre, wird in der Verlautbarung nicht angegeben. Die für die IV zuständige BSV-Vizedirektorin Beatrice Breitenmoser - im Jahre 1994 Basler SP-Regierungsratskandidatin - wollte sich gegenüber OnlineReports nicht auf eine konkrete Zielvorgabe festlegen, weil es "noch Jahrzehnte braucht, bis sich dieser Tanker dreht". Wichtig sei die konsequente Anwendung des Gesetzes, das im Zweifelsfall kein Renten-Recht vorsieht. "Auf die Jahre hinaus" könnte sie sich vorstellen, dass die Basler Bezugsquote langfristig um 1 bis 1,5 Prozent sinkt. Dass Basel-Stadt die hohe Anzahl an Bezügern kennt, habe auch mit der hohen Dichte an Aerzten und Psychiatern zu tun, die "ein Interesse daran haben, ihre Patienten zu behalten". Dazu komme eine in Basel ausgeprägt vorhandene soziale Anspruchshaltung gegenüber dem Staat.

Staatliche Aerzte statt Hausärzte

Einen weiteren Spareffekt erhoffen sich die Sozialpolitiker durch den regionalen ärztlichen Dienst beider Basel, der spätestens am 1. Januar 2005 unter der Leitung der Baselbieter IV-Stelle seinen Betrieb aufnehmen wird: Die in der ganzen Schweiz im Rahmen der 4. IV-Revision eingeführten neuen ärztlichen Dienste sollen "die medizinischen Kompetenzen der IV-Stellen stärken" und einen Beitrag zu einer einheitlicheren Beurteilung der gesundheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit leisten.

Eine weiter gehende "Dämpfung der Zunahme der Neurenten" wird von der 5. IV-Revision erwartet, die der Bundesrat im Herbst 2004 in die Vernehmlassung schicken will. Laut Beatrice Breitenmoser geht es dabei um "stärkere Integrationsmassnahmen statt Renten". Zudem sollen künftig die staatlichen Aerzte der regionalen IV-Zentren über die Arbeitsfähigkeit entscheiden und nicht mehr die privaten Hausärzte - Stoff für weitere IV-Debatten!

17. Mai 2004

Weiterführende Links:


 Ihre Meinung zu diesem Artikel
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/echo.gif

"Rentenparadies - ach was!"

Von "Rentenparadies" zu reden ist völlig daneben! Auch im Kanton Basel-Stadt hat kein Gesunder eine Rente erhalten, nur weil er beschlossen hat, sich nun mit Hilfe der IV ein geruhsames Leben einzurichten. Wenn Renten zu Unrecht zugesprochen worden sind, dann an Kranke und Behinderte, die jedoch die - je nach Gesichtspunkt unterschiedlich definierte - Limite nicht ganz erreicht haben. Bei ihnen sind oft sogenannte "invalidiätsfremde" Faktoren wie bescheidene Intelligenz, fehlende Ausbildung, Sprachprobleme, Alter, manifest. Dazu kommt, dass für die Gewichtung der "Restarbeitsfähigkeit" von einem "ausgeglichenen Arbeitsmarkt" ausgegangen wird, wie wir ihn gerade im Bereich der Invalidenarbeitsplätze seit langem nicht mehr kennen. Dies führt dazu, dass dem Behinderten oft ein Rentenanspruch wegen eines gar nicht erreichbaren fiktiven Einkommens ein Rentenanspruch abgesprochen wird. Basel-Stadt war und ist kein "IV-Rentenparadies", aber es ist vielleicht ein Ort, wo randständige, benachteiligte und vielfältig behinderte Menschen in besonders gehäufter Form ansässig sind.


Urs Engler, Bettingen




"Autoritätsphobie soll kein Grund für IV-Rente mehr sein"

Das ist gut so. Insbesondere darf man doch wohl davon ausgehen, dass inskünftig zum Beispiel eine "Autoritäsphobie" nicht mehr als Grund für eine IV-Rente zugelassen wird. Authentisch-sozial heisst: Jenen in objektiver Not grösstmögliche Hilfe zukommen zu lassen. Die Gleichstellung von weit verbreiteten Antipathien mit solch objektiver Not nehme ich als Akt des Zynismus wahr. Also: Exzellent, dass den "hyperfinflationären" Psychiatrie- und Psychologiepraxen und deren nicht ethischen, sondern billig-kommerziellen Honorarwachstumbegierde die Stirn geboten wird!


Patric C. Friedlin, Basel



Was Sie auch noch interessieren könnte

Kitas in Baselland: Personal und Eltern wandern in die Stadt ab

26. März 2024

Eine Kita-Allianz will verhindern, dass die Situation noch prekärer wird.


Reaktionen

Permatrend muss nach
über 46 Jahren schliessen

22. März 2024

Mit dem Textildruck-Betrieb geht auch ein Stück Baselbieter Unternehmensgeschichte.
 


Regierung kontert den
Herr-im-Haus-Standpunkt

22. März 2024

Peter Knechtli zur Unterschutz-Stellung
der verwüsteten Sissacher Tschudy-Villa.


Tschudy-Villa steht jetzt
unter Denkmalschutz

12. März 2024

Der Eigentümer muss das teils abgerissene Gebäude in Sissach wieder aufbauen.


Roger Blum wirft bz
Besprechungs-Boykott vor

8. März 2024

Relevante Ereignisse bleiben in Basler
Leitmedien immer häufiger unbeachtet.


Reaktionen

Bruderholz-Quartier blockiert Neubau der Tramstrecke

6. März 2024

Trotz Plangenehmigung kann das Projekt
nicht realisiert werden.


Reaktionen

Gemeindewahlen Baselland:
Niederlagen für den Freisinn

3. März 2024

In Waldenburg verpasst Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann die Wiederwahl. 


Es zählt nicht nur
die Rhetorik

3. März 2024

Kommentar: Atici hat die Zweifel an seinen Sprachkenntnissen ausgeräumt.


Regierungs-Wahlkampf in Basel:
die spannendsten Momente

29. Februar 2024

So haben sich Atici, Urgese, Thiriet und Cramer geschlagen – die Übersicht.


Reaktionen

Heikle Wahl-Werbung
auf dem Handy

28. Februar 2024

Problematisch: SP und Bider & Tanner versenden SMS von derselben Nummer.


www.onlinereports.ch - Das unabhängige News-Portal der Nordwestschweiz

© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigene Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

Auf dieser Website gibt es Links zu Websites Dritter. Sobald Sie diese anklicken, verlassen Sie unseren Einflussbereich. Für fremde Websites, zu welchen von dieser Website aus ein Link besteht, übernimmt OnlineReports keine inhaltliche oder rechtliche Verantwortung. Dasselbe gilt für Websites Dritter, die auf OnlineReports verlinken.

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

Weitere RückSpiegel

Werbung






In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).