Ach wie schön, dass niemand weiss, …
Das Bild auf dem Handzettel ist zauberhaft: Abenddämmerung, links das Münster, rechts das Riesenrad. Doch bei der Lektüre stutzt die geneigte Leserin: "Liebe Fahrgäste", steht da schwarz auf weiss, "die BVB fährt während der Herbstmesse freitags, samstags und sonntags nach einem verstärkten Fahrplan, …".
Die BVB fährt? Also: Die Basler Verkehrs-Betriebe fährt? Das Drämmli fährt. Und ein Chauffeur fährt. Aber die BVB? Wer immer für die BVB-Werbung verantwortlich ist, weiss offenbar nicht, wofür die drei Buchstaben stehen.
Dass Medienagenturen, Journalisten, Leserbriefschreiber in der Eile oder aus Unkenntnis von der BVB oder der SBB schreiben oder sprechen, daran habe ich mich inzwischen gewöhnt, auch wenn ich immer noch jedes Mal zusammenzucke. Aber damit, dass die Verkehrsbetriebe höchst selbst nicht mehr zu wissen scheinen, wofür die Abkürzung steht, kann und will ich mich nicht abfinden.
Da geben sich ganze Hundertschaften von Lehrerinnen und Lehrern Tag für Tag redlich Mühe, unseren Kindern Deutsch beizubringen, auf dass diese beim nächsten Pisa-Test ja gut abschneiden. Doch all ihre Bemühungen werden zunichte gemacht, wenn Dorli und Fritzli im Tram diesen Handzettel liest, eh … lesen. Denn was offizielle Stellen schreiben, ist schliesslich richtig, sprachlich und inhaltlich, oder?
Und wenn wir schon beim Inhalt sind: Da steht doch auf dem gleichen Handzettel, dass der Petersgraben wegen des Hääfelimäärts an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten für die Buslinien der BVB gesperrt ist. Seit ich denken kann, ist der Hääfelimäärt an der Bernoullistrasse beheimatet, zwischen Bernoullianum und Petersplatz. Soviel ich gesehen habe, hat sich daran auch dieses Jahr nichts geändert, auch wenn er nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
Durch die Bernoullistrasse fährt auch zu allen übrigen Zeiten – vor und nach der Herbstmesse – nie ein Bus. Am Petersgraben hingegen, dort wo der Bus tatsächlich durchfährt, hat es andere Stände. Hääfelimäärt ist nicht gleich Petersplatz und Petersplatz ist nicht gleich Hääfelimäärt.
Unsere städtischen Verkehrsbetriebe reduzieren sich selbst von den Betrieben zum Betrieb, und den Petersplatz reduzieren sie auf den Hääfelimäärt. Steckt da am Ende eine Absicht, ein Programm oder eine Methode dahinter?
Oder lassen die BVB ihre Werbung von einem Zürcher Werbebüro machen? Oder von einer anderen sach- und ortsunkundigen Agentur? Oder wurde das -e der Betriebe ein Opfer der neuen giftgrünen Farbe? Haben sich unsere Verkehrsbetriebe nicht nur ein drümmliges neues Logo verpasst, sondern klammheimlich auch gleich noch einen neuen Namen? Oder kennen sie schlicht den Unterschied zwischen BVB und BVBär nicht mehr?
"Unser BVBär fährt …", wäre immerhin sprachlich korrekt, auch wenn mich beim Gedanken an einen Plüschbären, der den Bus durch den Petersgraben lenkt, ein Unbehagen ganz anderer Art erfasst.
Ass e Plural richtig wäär, findet unsere OnlineBär … Danke, liebe BVB, wenn Ihr in Zukunft auch bei der Werbung wieder mehr Sorgfalt walten lasst und die einfachsten Sprachregeln nicht mehr verletzt!
9. November 2009
"Feminin wirkt einfach sympathsicher"
Im Volksmund ist die BVB eine "sie", d.h. dritte Person Einzahl feminin. Das wirkt sympathischer als die grammatikalisch korrekte dritte Person Mehrzahl und rechtfertigt die von der BVB gehandhabte Sprach-Praxis. Die BVB steht dabei nicht nur in guter Gesellschaft mit der SBB, sondern auch mit einem ganz Grossen der Automobilindustrie, mit BMW, den Bayerischen Motorenwerken. Ich glaube kaum, dass Frau Burgermeister es als grammatikalisch korrekt empfinden würde, wenn es in der Zeitung hiesse: "Die BMW haben sich vom Motorrennsport zurückgezogen." Sprache ist halt nicht Mathematik!
Pius Marrer, Basel
"Das Eidgenössische Farbfernsehen macht es vor"
Wenn natürlich die "Tagesschau" des Eidgenössischen Farbfernsehens Beromünster höchstselbst und offiziell "die SBB" als Singular zulässt und anwendet, muss man sich nicht wundern, wenn es die kleinen ÖV-Schwestern überall im Land der öffentlich-rechtlichen Sprachautorität folgen ...
Roger Thiriet, Basel
"Das Richtige wird sofort als falsch erkannt"
Wenn man es so macht, heisst das noch lange nicht, dass es richtig ist. Die SBB haben/hat tatsächlich entschieden, dass sie SBB als Marke versteht und "begrüsst", orthografisch falsch ist es aber trotzdem. Die BVB sind meines Wissens (noch) nicht soweit. Aber heutzutage wird so vieles falsch geschrieben, dass das Richtige sofort als falsch erkannt wird. Man denke nur an die vielen plötzlich fehlenden Bindestriche in Kuppelwörtern! (Zwetschgen Kuchen statt Zwetschen-Kuchen oder, was noch besser wäre, Zwetschenkuchen. Und wenn es "öppis warm’s" gibt zum Z’nüni – die galoppierende Apostrophiti’s ist ansteckender als die Schweinegrippe!)
Toni Lerch, Arlesheim
"Es handelt sch um Marken"
Die Angaben "die BVB fährt" stimmt so. Es handelt sich um hier um die Marke BVB. So hat auch die SBB vor einigen Jahren die vielleicht orthografisch falsche Ausdrucksweise angepasst. Heute heisst es nämlich auch dort "die SBB begrüsst Sie im Intercity nach Zürich-Chur".
Stephan Gassmann, Aesch