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Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

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Theater Basel, Schauspielhaus
Uraufführung

"Like a rolling stone"
 
Eine Produktion von und mit FADC (Far a day cage)
 
Regie: Tomas Schweigen
Bühne: Stephan Weber
Video: Ger Ger
 
Mit Silvester von Hösslin, Zoe Hutmacher, Jesse Inman, Philippe Graff, Vera von Gunten, Martin Hug, Joanna Kapsch, Stephan Weber, Demian Wohler, Tomas Schweigen
 
Studiomusiker: Heinz Bohrer, Martin Gantenbein, Boots


Wer war der rollende Stein?

"How does it feel? Wie fühlt es sich an? Wie ist es denn jetzt so ohne Heimat? So total bedeutungslos? Wie ein rollender Stein?" Erst 24-jährig schrieb Bob Dylan den eindringlichen Refrain. Aber wer oder was ist im Song "Like a rolling stone" (1965) gemeint? Dem Jahrhundert-Song widmete nun das Schauspiel des Theater Basel einen Hommage-Abend. Ironische Brechung gab es viel, Antworten keine.

Unsere Erde zittert auf der Grossleinwand im schwarzen All. Das zarte "Moonchild" der Band King Crimson flirrt. Und auf der Bühne spricht der buddhistische Rauschebart und Beatpoet Allen Ginsberg die Erde heilig, das Wasser, unsere Nase, unsere Geschlechtsteile, einfach alles. Bald tanzt ein Astronaut an Hebedrähten das Ballett der Schwerelosigkeit auf dem Bühnensand. High-Tech und Hippie-Esoterik: So zeigt Regisseur Tomas Schweigen das Jahr der Mondlandung 1969.
 
Davor Andy Warhols hippe Kunstfabrik: Eine TV-Kamera klebt permanent an den Stars; immer frontal ins Gesicht der coolen Männer mit Sonnenbrille, die im Kameralicht Faxen machen. Die Nervosität der Wackelbilder (auf Grossleinwand) simuliert Bedeutung. Selbst wenn Warhol eine Banane isst, lässt er es so aussehen, als wäre es Kunst. In die Mikrophone spricht er Instant-Stuss über Kunst und Geld. Anything goes auch schon 1967. Sein Modelstar Edie Sedgewick fragt ihn, wer beim nächsten Film dabei sein werde. Der Meister hat keinen Schimmer, sagt, alle werden dabei sein, es werden einfach nicht alle gefilmt ...
 
Und Bob Dylan ist eben auch da, John Lennon raucht mit ihm einen dicken Joint, Elvis erscheint immerhin in Lebensgrösse als Warhols Bildwerk "Triple Elvis", das einer in die Aufreihung der Stars stellt. Selbst Marilyn Monroe huscht im berühmten Kleid von "The Seven Year Itch" von 1955 vorbei. Alles ist aufgesogen in die Ikonen-Schablone 1968.
 
Etwa so wie bei diesen beiden Szenen – den stärksten des Abends - schickt uns Tomas Schweigen und sein Ensemble auf eine Zeitreise durch die amerikanischen sixties. Sie beginnt mit Woody Guthrie-Song "Hard Travelling". Das Bild ist eine stilisierte Bühnen-Wüste mit weitem Horizont, an der Seite ein Wohnwagen. Man ist "on the road". Da sitzt der junge Dylan von 1962, der seine Liedtexte in die Schreibmaschine auf seinen Knien tackert.

Später wird Dylan nur noch als die bekannte, unnahbare, städtische Rockstar-Ikone auftauchen, sogar multipel, dargestellt von mehreren Ensemble-Mitgliedern: Sonnenbrille, Struwelfrisur, Anzug. Wir hören Schreie von traditionellen Folk-Fans aus dem Off, "Judas", weil er ab Mitte Sechziger die Gitarre elektrisch verstärkte. Seine Freundin Suze Rotolo klärt uns im Interview auf, dass er – wie alle Männer damals – ein Macker war, der sich den Kaffee bringen liess.
 
Dazwischen fahren wir auf der Grossleinwand im Chevy auf einer Highway durch das Land. Joanna Kapsch gibt als Janis Joplin mit Inbrunst "Move over", verpasst die Einsätze, krächzt und kreischt immer heftiger, stirbt. John F. Kennedy mit sturmfestem Scheitel kündigt den Flug zum Mond an, wird im Wohnwagen erschossen. Martin Luther King hören wir nur. Sein berühmter Traum einer Gesellschaft ohne Rassenschranken läuft ab Band.
 
Spätestens wenn Sam Cookes "A change is gonna come" anstimmt – live sehr engagiert von Jesse Inman interpretiert – kommt einem dieses Sammelsurium an Memorabilien, Jahreszahlen und Zitaten wie einer der unzähligen Dokumentar-Filme über jene Zeit vor, die vor gesellschaftlichen Umbrüchen vibrierte. Die uns heute auch deshalb ergreift, weil in den erwähnten Doks und auch hier im Schauspielhaus jeder Schritt der neuen Epoche mit einem der damals scheinbar unendlich vielen grossartigen Rocksongs eingeläutet wird. In allem tönt Aufbruch: die strahlend klingenden Songs und die idealistischen Reden, die dramatischen Gitarren-Sounds und die erschütternden politischen Ereignisse. Können wir das eine noch vom anderen lösen? Und hören wir noch dem Song zu oder nur mehr unserer Nostalgie?
 
Aber die Theatermacher brechen den Dok-Effekt mit ironisierendem Nonsens. Den toten Kennedy zerrt Witwe Jackie rüpelhaft aus dem Wohnwagen, stellt ihn auf, lässt ihn wieder zusammensacken. Die als geradezu surreal chaotisch inszenierten Band-Aufnahmen zu "Like a rolling stone" im schalldichten Studio werden live von Schauspielern ausserhalb nachsynchronisiert. Der Abend will sagen: Seht her, so war es eben gerade sicher gar nicht. Man geht noch weiter: Der Bühnenbildner Stephan Weber platzt in eben diese Aufnahmen herein. Und er gibt mit Regisseur Tomas Schweigen ein Interview zu der Produktion. Wir hören aus dem Off, was sie über den historischen Kontext des Songs sagen, und was ihnen Dylan bedeutet. Weber in Mundart: "Mir isch gar nöd bewusst gsi, dass är no läbt".
 
Es ist lustig, aber nicht alles. Dass die Spielereien zuweilen durchhängen, verzeiht man, weil man auf den Song wartet. Auf den laut Kritikern besten Song der Geschichte. Auf Bob Dylans "Like a rolling stone". Die ersten zehn Sekunden dürfen wir ganz am Anfang hören. Dann stöpseln sich Vera von Gunten und Silvester von Hösslin Kopfhörer ins Ohr, sie tanzen vor uns am Bühnenrand, singen dann und wann eine Zeile. Aber über wen singt Dylan denn? Kurz vor Ende macht das Ensemble ein Palaver. Von Jackie Kennedy, meint einer, von Edie Sedgewick, ein anderer. Weitere Vorschläge fallen: Amerika, Brian Jones, Hippiebewegung, Marianne Faithfull, Dylan selbst. Und wen meinte er mit "Napoleon in Lumpen"? Alle lieben den Song, keiner weiss, um was es genau geht.
 
Endlich ganz am Schluss der Song. Die Bühne ist dunkel. Vorne sitzt einer am Lagerfeuer, raucht. Sechs Minuten, neun Sekunden. Es sind die eindringlichsten Minuten des zweistündigen Abends – ganz ohne Nostalgie. Dylan schleudert uns seine Silben entgegen. Die Gitarrensounds tanzen. Bono Vox schrieb: "Die Einspielung ... ist unmittelbar, so als ob man die Farbe noch auf die Leinwand spritzen sehen könnte. Wie so oft bei Bob im Studio kennen die Musiker den Song nicht ganz genau. Es ist ein erstes Mal. Sie lernen ihn kennen, und man fühlt ihre Freude bei der Entdeckung, während sie sie erleben."

9. Februar 2013
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Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

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Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

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