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Claude Bühler – Premiere am Theater Basel

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Theater Basel, Schauspielhaus
Premiere

"Pension Schöller"

Regie: Christiane Pohle
Bühne: Natascha von Steiger
Musik: Bendix Dethleffsen
Kostüme: Sarah Schittek

Mit Carina Braunschmidt, Raphael Clamer, Bendix Dethleffsen, Inga Eickemeier, Martin Hug, Dirk Glodde, Vincent Leittersdorf, Barbara Lotzmann, Lorenz Nufer, Carolin Schär, Jörg Schröder, Veruschka Streicher, Benno Schulz


Türenknallen und Schenkelklopfen

Wie unbeschwert unsere Vorväter gewesen sein müssen, zeigt das deutsche Lustspiel Pension Schöller von 1890. Zuerst ein Wunsch, der die steif bürgerliche Normalwelt sprengt: Der reiche Onkel Philippe Klapproth will eine Soiree in einer psychiatrischen Klinik erleben. Der junge Neffe soll ihm das mal beschaffen, und dafür kriegt er das Startkapital für eine Kleinfirma. (Man stelle sich mal so eine Idee heutzutage vor!)
 
Dann kommt wie immer eine Lüge: Der zunächst ratlos junge Neffe schickt den reichen Onkel kurzerhand in die Familienpension Schöller. (Wer wäre heute so naiv anzunehmen, dass das klappt?)
 
Zunächst geht alles gut. Die Spleens der Pensionäre überzeugen den Onkel auf Anhieb, dass der Neffe seinen Wunsch korrekt erfüllt hat. Der Grosswildjäger und Weltreisende Bernardy wirft ungefragt mit den irrsten Geschichten um sich. Der glücklose Hobbyschauspieler Rümpel wirft sich gleich in grosse Pose, den Hamlet zu deklamieren, er kann aber den Buchstaben L nicht sprechen. Die neugierige Schriftstellerin Krüger stürzt sich auf alle und jeden, um ihnen ihre Lebensgeschichten zu entlocken, und glaubt jeden Mist, den man ihr vorstellt. Der brummlige Major Gröber rüppelt mit bedrohlichem Unterton herum. (Wer hielte diese Leute heute für verrückt?)
 
Dann führt diese Lüge zu den üblichen Verstrickungen, spontankreativen Ausflüchten und den immer gerade unpassenden Begegnungen: Am Ende hat der Onkel nämlich diese ganze Gesellschaft bei sich zuhause. Der Bernardy will ihn auf die vereinbarte Weltreise mitnehmen, der Major will sich mit ihm duellieren, die Schriftstellerin will seine Schwester interviewen, wie sie dem Harem entkommen sei. Und der Onkel ruft den "Anstalts-Chef" der Pension Schöller herbei, um seine "Patienten" abzuholen.
 
Aufgemischt wird der Umtrieb mit der Frivolität heiratswilliger Damen. Und am Schluss kommt die grosse Auflösung mit mehreren Soforthochzeiten, serviert – mit viel Türenschlagen für viel Schenkelklopfen – in zwei Stunden. Ein naiver Spass, der auf klare gesellschaftliche Rollenfunktionen und bürgerliche Konventionen baut.
 
Die meisten Leute im Publikum des gut besuchten Schauspielhauses haben den erfolgreichen Volksschauspieler und Pointen-Totalverwerter Willy Millowitsch noch erlebt, der Pension Schöller 1968 für das damalige TV aufführte. Aber was macht das junge Regietheater 2012 mit einem Lustspiel, das man heute üblicherweise im Häbse-Theater sehen kann?
 
Grob gesagt: Regisseurin Christiane Pohle und Dramaturgin Julie Paucker verschärften die Schieflage, persiflierten das Genre und entblössen in der Übertreibung die Figurhintergründe und die Lustspielmechanik. Es wird gebrüllt, was die Stimmbänder hergeben. Mit dem Krach von Kanonenböllern werden die Pensionäre angekündigt, die im Hause des Onkels eindringen. Bei jedem Türenschlagen geraten Finger dazwischen. Daliegende Stühle sind da zum Drüberfliegen. Als Kontrapunkt intoniert der Pianist zwischendurch leise Beethoven – und führt das Sentiment der Leute als lebensüberschattende Sehnsucht vor.
 
Der Gipfelpunkt des Abends ist das Abendessen im Hause des Onkels, wo dieser sich – bevor die Pensionäre eintreffen – zum "Fidelio" aus der Hausanlage in eine schwerste Melancholie fallen lässt, Tränen schluchzt, Essreste rausprustet und sich mit Brotstücken die Augen abwischt. Jörg Schröder at it’s best. Dem Onkel mit Backenbart verpasst er eine Seite Moritz Suter: gutmütiger Patriarch, und eine Seite forscher Strauss-Kahn, der der Schriftstellerin schon mal in den Schritt fasst.
 
Überhaupt haben Pohle und Paucker die Ensemble-Leute das machen lassen, was sie am Besten können. Inga Eickemeier als schrullige Schriftstellerin – Typ: einsames, schamhaftes Herz – windet ihren Körper im grellen Katalogkleid in Geilheit, wenn sie in ihren Redeergüssen ohne Punkt und Komma die Lebensgeschichten der Pensionäre weiterfabuliert – und frivol banalisiert.
 
Vincent Leittersdorf mit auftoupierter Frisur zeigt einen schusseligen Pensions-Wirt, der jede Aggression mit leisester Ironie abfedert – und am Schluss seine Füsse vor Wut in Kartonkisten wuchtet. Lorenz Nufer gibt den naiven Schwiegersohn mit supernaivem Schweizerhochdeutsch: Seine physischen Kräfte in der engen Korsage des Zweireihers lassen ihn hilflos wie ein Baum auf Beinen herumtrampeln. Sein Freund, der Maler Kissling, zu dem ihn nahezu eine schwule Freundschaft verbindet, verspritzt mit vor Erregung geröteten Wangen seine Sätze in spitzem Wienerisch.
 
Raphael Clamer – mit Rosschwanz und in Cowboystiefeln – zieht vor jedem Satz die Nüstern hoch, wie das Wild, das er in Afrika schiesst. Mit dem Mikrophon in der Hand zelebriert er sich eitel wie ein Löwe in heroischer Übergrösse – um im Gespräch mit der Schriftstellerin auf den alles versteckenden Normalton zurückzufallen.
 
Weniger dankbar sind in dieser Überspitzung etwa die Rollen für Dirk Glodde als einsilbigen Major oder für Carina Braunschmidt als Amelie Pfeiffer, die ihre Tochter verheiraten will. Da konnte man einfach nichts mehr draufsetzen. Sie gehen ebenso unter wie die Handlung mit allerlei Einschüben von extra zerdehnten Einzelhandlungen versickert. Darunter leidet die Spannung. Das geht bis hart an die Grenze zur Frage: Was soll das alles überhaupt?
 
Immerhin, das "Pension Schöller"-Ziel 2012 ist trotz Durchhängern erreicht: Zwei teilweise vergnügliche Stunden Bühnen-Nonsens, der mit den Selbstbildern sein Spiel treibt.

12. Mai 2012
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Claude Bühler, ist Journalist und Schauspieler in Basel. Er arbeitete erst als Freier Journalist bei Printmedien sowie als Medienverantwortlicher von act entertainment. Lange Jahre war er Redaktor und Produzent bei Telebasel. Heute arbeitet er als Redaktor bei "Prime News". Als Schauspieler war er in verschiedenen Regie-Arbeiten der Basler Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Brun sehen, beispielsweise als Jean in "Fräulein Julie" (A. Strindberg), aber auch als Professor Siebegscheit im Märli "Froschkönig" des Theater Fauteuil oder als Lucky in "Warten auf Godot" (S. Beckett) des Theater Marat Sade. © Foto by OnlineReports.ch

Claude.Buehler@gmx.net

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"Der neue Eingang zum Birsigparkplatz wird der Ersatzneubau des Heuwaage-Hochhauses bilden."

bz
vom 26. März 2024
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Wer bildet was oder wen?

RückSpiegel


Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Interview zu den Gemeindefusionen auf OnlineReports.

persoenlich.com und Klein Report vermelden mit Verweis auf OnlineReports die Personalrochade bei Prime News.

Die Volksstimme schreibt über die Wahl von Claudio Miozzari zum Grossratspräsidenten von Basel-Stadt und zitiert dabei OnlineReports.

In einem Artikel über die Leerstandsquote bei Büroflächen in Basel nimmt die bz den Bericht von OnlineReports über einen möglichen Umzug der Basler Polizei ins ehemalige Roche-Gebäude an der Viaduktstrasse auf.

Das Regionaljournal Basel und die bz berichten über die Bohrpläne der Schweizer Salinen im Röserental und beziehen sich dabei auf OnlineReports.

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Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

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