Werbung

Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

<< [ 1 | (...) | 51 | 52 | 53 | 54 | 55 | 56 | 57 | 58 | 59 | 60 | (...) | 206 ] >>

Die alte Politik im neuen Daten-Weltraum

Immer seltener scheint die Politik in der Lage zu sein, die Probleme der Zeit zu lösen. Oder sagen wir so: Für eine Minderheit wird eine Lösung gefunden, das Nachsehen hat die Mehrheit. Ob der regelmässige Haushaltstreit zwischen Demokraten und Republikanern in den USA gemeint ist, das von Berlusconi infizierte Italien oder die Sozialpolitik der sozialistischen Regierung in Frankreich – das Versagen ist eklatant. Rechthabereien, überholte Ideen, Ideologien, Sturheit Vorteilsverschaffung regieren die Politik. Schlimme Zeiten. Schlechte Aussichten.

In Deutschland erhält die CDU am 9. Oktober von der Familie Quant, die die Mehrheit der BMW-Aktien besitzt, eine Spende von 690'000 Euro für die gute Politik von Angela Merkel. Am 14. Oktober setzt sich die Regierungschefin in der EU erfolgreich für eine Verzögerung strengerer Abgasvorschriften ein. Frau Merkel weiss: Sie muss Schaden vom deutschen Volk abwenden. Von der deutschen Automobilindustrie ebenfalls. Gewonnen hat das Ansehen der Politik kein bisschen.
 
In der Schweiz werden Volksentscheide durch die Ausführungsbestimmungen wieder rückgängig gemacht. Die Grossbanken erzielen Milliardengewinne und bezahlen wegen Verlustvorträgen keine Steuern.
 
Derweil bezeichnet der Präsident der Europäischen Kommission Barroso die von Frankreich geforderte "exception culturelle" in den Freihandelsverhandlungen mit den USA als "reaktionär", weil er alles, auch noch die Kultur, den globalen ökonomischen Imperativen unterwerfen will.

 

"Als Folge falscher politischer Prioritäten
wird der Mittelstand aufgerieben."


Zwischen Austerität und Prekarität als Folge falscher politischer Prioritäten besteht ein Zusammenhang und wird der Mittelstand aufgerieben, wie die Entwicklungsorganisation Oxfam und eine britische Regierungskommission festgestellt haben.

Die Folgen sind beängstigend. Im selben Mass wie die Unzufriedenheit nehmen Krawalle, Polizeieinsätze und Massenüberwachung zu und profitieren die extremen rechten Parteien vom Versagen der Politik, ob links über bürgerlich.

In Frankreich haben der Front National und der rechtskonservative Bloc identitaire Zulauf, in den USA bringt die Tea Party das Land an den Rand des Ruins, und aus Ungarn, wo die EU nicht viel ausrichten kann, treffen Nachrichten ein, die nichts Gutes verheissen. Natürlich haben auch die Rechtsradikalen keine Lösung. Sie hatten nur noch keine Gelegenheit, es zu beweisen.

B
eim Versuch, die Ursachen für die katastrophale Lage zu ergründen, zeigt sich, dass wir in einer globalisierten Welt leben, in der versucht wird, die Probleme mit den nationalstaatlichen Mitteln des 19. Jahrhunderts zu lösen. Das Kapital operiert global, das heisst grenzenlos, doch Rezepte sehen neue Grenzen vor. Das wird nicht gehen.
 
Eine zweite Ursache liegt möglicherweise darin, dass die technische Entwicklung ungleich weiter vorangeschritten ist als die gesetzgeberische. Das zeigt sich zum Beispiel an der Bevölkerungskontrolle durch die digitalen Überwachungsmaschinen der Staatsschützer. Die Verteidigung der Bürgerrechte wurde festgeschrieben, lange bevor diese Maschinen erfunden waren. Jetzt fangen die verfassungsmässig garantierten Rechte an zu erodieren, und die Politik steht hilflos da.

Das gilt ähnlich für die Kapitalströme. Während die EU mit Ach und Krach versucht, eine Bankenaufsicht durchzusetzen, sind die Algorithmen des High Frequenzy Tradings längst eine technische Runde weiter. Das Kapitel steht als wahre, aber negative Avantgarde da, hat der Politik das Heft aus der Hand genommen und gibt der Welt die Marschrichtung vor.

Schliesslich sind auch die Flüchtlingsströme ein Ereignis, das mit dem Wegfall der Grenzen zu erklären ist, beziehungsweise mit der sozialen Entwicklung, die als Folge der globalisierten Wirtschaft entstanden ist. Die letzte verbliebene Grenze ist diejenige zwischen den fortgeschrittenen G-20-Ländern und den übrig gebliebenen Billiglohnländern.

Während der Daten-Weltraum Realität geworden ist, befasst die Politik sich mit Problemen, die höchstens in das Format der "Tagesschau" passen. Die Enge der Grenzen ist auch eine Enge des Denkens. Am deutlichsten sieht man es an den überholten Ideen und an den Rechthabereien, Sturheiten und Zänkereien in der Politik.

H
eute sind wir mit einer neuen Situation und mit neuen Problemen konfrontiert. Wir müssen lernen, ohne Grenzen zu leben und zu denken und unter dieser Voraussetzung eine neue Ordnung herzustellen. Das ist leicht gesagt und schwer getan, denn Ordnung, selbst eine konviviale, ist zuletzt nichts anderes als eine Grenze. Es wird also Jahrzehnte dauern.

Nicht ausgeschlossen ist aber, dass im Wegfall der Grenzen auch eine Chance liegt. Denn implizit ist damit auch eine Horizonterweiterung gemeint.

21. Oktober 2013
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/echo.gif

"Politik ist auf Vollzugskurs"

Schmidt's Liste ist beeindruckend. Zugleich weist sie auf Lebens-Entwicklungen hin, denen man als Individuum längst nicht mehr ohne ein Gefühl von Ohnmacht begegnen kann – wenn man sich solchen Begegnungen überhaupt noch aussetzt. Politik ist – ziemlich systemunabhängig – auf Vollzugskurs. Vollzug dessen, was beispielsweise an irgendwelchen Kapital- oder Ressourcenbörsen weltweit als "Wachstum" oder als "Wachstumsbedingung" verstanden wird.


Ich kann keinen demokratisch verfassten Staat weltweit erkennen, in dem die Politik sich mit denBedürfnissen der meisten Menschen - von Schmidt als "Mehrheit" benannten - wirklich auseinandersetzen würde. Wäre dies der Fall, müssten die Jusos in der Schweiz keine "1:12 - Initiative" auf den Weg gebracht haben - oder beispielsweise die so genannt "linken" Parteien in Deutschland den "Mindestlohn von 8.50 €".


Einer meiner Freunde, ein Chinese, der in Berlin studiert, sein Studium abgeschlossen und dann wegen seines erfolgreich überwundenen Status namens Student ausreisen musste, hat sich in Peking eine Wohnung eingerichtet, welche in den Details exakt jener entspricht, welche er in Berlin eingerichtet hatte: IKEA sei dank.


Damit will ich sagen: Es existiert längst eine Lebensgestaltung ausserhalb der Politik. Ein Leben, das, wenn ich jeweils bei zahlreichen "politischen" Vorkommnissen genauer hinschaue, von "der Politik" - wiederum unabhängig von ihrem System, also ob nun demokratisch oder autokratisch geführt - immer wieder in Frage gestellt, bedroht, in seiner selbstbestimmten Entwicklung massiv gestört wird.


Der unglaublich das private Leben von Milliarden Menschen betreffende NSA-Skandal bedeutet für mich allerdings auch einen Wendepunkt. Nicht heute oder morgen, aber mittelfristig gesehen. Ich darf hoffen. Hoffen, dass diese Machtausübung sich selber ad absurdum führt. Dass ihr Wissen dieser US-Allmachtinstitution und der US-Machtäusserung irgendwann zu viel wird. Wenn dann ein paar Millionen Menschen weltweit als Terroristen verdächtigt sind, nützen die ferngesteuerten Mord-Drohnen allein deswegen, weil sie jeglichen anderen Luftverkehr verunmöglichen würden, nichts mehr.


Übertreibung? Ja, was die konkrete Drohnen-Lage betrifft. Nein, was das "Denken" dieser Macht-Apparatur betrifft. Oder, anders formuliert: Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht. Was Goethe in seinem "Zauberlehrling" vor bald 200 Jahren bereits vorgedichtet hat.


Schmidt's neueste Kolumne hilft, sich etwas Hoffnung zu bewahren.


Alois-Karl Hürlimann, Berlin



"Für ein Gremum mit längerfristigen Perspektiven"

Wie recht Sie haben mit Ihrer Situationsbeurteilung, Herr Schmidt. Nur: Bereits Alexis de Tocqueville hatte das Problem erkannt. Und es ist von Personen, die etwas weiter über den Tellerrand hinauszuschauen in der Lage sind, immer mal wieder aufgenommen worden. Erinnert sei nur an Max Imbodens "Helvetisches Malaise".


Was wir endlich dringend bräuchten, wäre ein über den zeitgeistigen Irrungen und Wirrungen der Parteipolitiker stehendes Gremium von ungebundenen Persönlichkeiten, das sich einzig und allein mit den längerfristigen Perspektiven und Auswirkungen zu beschäftigen hätte. Der Zufall will es, dass gerade heute, am 21.10.2013, 14.00 – 14.30 auf SRF1 zu ebendiesem Thema ein hochinteressantes Gespräch mit "Robert Unteregger: «Demokratie hat Probleme mit Langfristigkeit»" ausgestrahlt wurde. Wieder- und Wiederhören lohnt sich absolut, und zwar für Parteigänger aller Couleurs.


Pius Helfenberger, Münchenstein


www.onlinereports.ch
© Das Copyright sämtlicher auf dem Portal www.onlinereports.ch enthaltenen multimedialer Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) liegt bei der OnlineReports GmbH sowie bei den Autorinnen und Autoren. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Veröffentlichungen jeder Art nur gegen Honorar und mit schriftlichem Einverständnis der Redaktion von OnlineReports.ch.

Die Redaktion bedingt hiermit jegliche Verantwortung und Haftung für Werbe-Banner oder andere Beiträge von Dritten oder einzelnen Autoren ab, die eigenen Beiträge, wenn auch mit Zustimmung der Redaktion, auf der Plattform von OnlineReports publizieren. OnlineReports bemüht sich nach bestem Wissen und Gewissen darum, Urheber- und andere Rechte von Dritten durch ihre Publikationen nicht zu verletzen. Wer dennoch eine Verletzung derartiger Rechte auf OnlineReports feststellt, wird gebeten, die Redaktion umgehend zu informieren, damit die beanstandeten Inhalte unverzüglich entfernt werden können.

 

https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif
"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

OnlineReports.ch
Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
https://www.onlinereports.ch/fileadmin/templates/pics/gelesen.gif

Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Das Regionaljournal Basel veweist in einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

Weitere RückSpiegel

Werbung







In einem Satz


Die Baselbieter Regierung hat Kathrin Choffat und Roger Müller als neue Mitglieder des Bankrats der BLKB für die laufende Amtsperiode bis Mitte 2027 gewählt. 

Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).