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Aurel Schmidt: "Seitenwechsel"

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Es wird eng in der Schweiz

In Brasilien soll es Favelas geben, in die sich die Polizei nicht hineingetraut. Es sind Sperrzonen und "No Go"-Gebiete, bei denen man nicht weiss, der drinnen und wer draussen ist. Der Meeresgrund unter dem nördlichen Polarmeer wird von Russland, Dänemark und Kanada beansprucht. Möglicherweise kommen dort grosse Naturressourcen vor, um die der Kampf immer härter wird. Russland hat bereits die Flagge auf dem Meeresboden aufgezogen. Im Sternbild des Grossen Bären sind unlängst vier Galaxien ineinander gekracht.

Das sind Nachrichten, die auf unterschiedliche Art einen neuen Sachverhalt aufdecken: Es wird eng auf der Welt und sogar im Universum.

Diese Enge ist auch in der Schweiz spürbar. Jede Sekunde wird ein Quadratmeter Land verbaut. Das entspricht elf Fussballfeldern am Tag. Für den Verkehr an der Oberfläche steht immer weniger Raum zur Verfügung und er muss unter die Erde, zum Beispiel in Tunnels und Tiefgaragen, verlegt werden. Auch im Luftraum entsteht ein Gedränge.

Durch den kontinuierlichen Wandel auf der Erdoberfläche gerät die Landschaft mehr und mehr unter Druck. Pessimisten sagen voraus, dass zwischen Biel und Wädenswil sich bald einmal ein Stadt-Kontinuum erstrecken wird. Etwas Vergleichbares hat allerdings vor 250 Jahren schon Jean-Jacques Rousseau in den "Träumereien eines einsamen Spaziergänger" behauptet. Die Wahrnehmung ändert sich im Lauf der Zeit, aber das gilt auch für die realen Verhältnisse, an die sie sich anpasst.
 
Sicher ist nur, dass die Verbannung schnell voranschreitet. Landfrass ist der drastische Ausdruck dafür. Die aktuelle Landschafts-Initiative verlangt Massnahmen, die verhindern sollen, dass die Bauzonen immer weiter ausgedehnt werden, obwohl innerhalb der heute eingezonten Gebiete noch genügend Platz für zwei Millionen Menschen zum Wohnen bleibt.

Die Frage lautet, wie wir mit dem Land beziehungsweise den Landreserven umgehen? Bebautes Land ist nicht mehr zugänglich. Das ist der Grund für den Eindruck der Enge.

Wie in Andermatt der Ägypter Sawiri für Milliarden ein Ferienresort bauen will, plant der russische Baukonzern Mirax in der Gemeinde Mollens auf dem Hochplateau von Crans-Montana eine luxuriöse Ferienanlage. 250 Millionen sollen in Villen, Ferienwohnungen und Fünf-Sterne-Hotels investiert werden. Die Gemeinden reiben sich die Hände, aber die Entwicklung hat auch eine andere Seite. Es entstehen Luxus-Ghettos, und das Land wird für Reiche und Superreiche privatisiert beziehungsweise kolonialisiert und - wie im Fall von Golfplätzen - der Öffentlichkeit entzogen.
 
Die Umgestaltung der Erdoberfläche in grossem Stil begann um 1800 mit der Industrialisierung. Für das damals einsetzende Erdzeitalter wird heute der Ausdruck Anthropozän verwendet. Gemeint ist damit, dass die Auswirkungen des Menschen auf die Umwelt mit natürlichen Einflüssen vergleichbar sind. Die Folgen zeigen sich unter anderem beim gestiegenen Landbedarf. Immer höhere Herrschaftsansprüche und Luxuserwartungen schränken die Freiflächen und damit die freie Zirkulation jeden Tag weiter ein. "Privat", "Zugang verboten".

Dass jetzt die Einführung des Road Pricings diskutiert wird, ist nichts anderes als ein neuer Effekt der zunehmenden Raumknappheit.

11. Februar 2008
 Ihre Meinung zu dieser Kolumne
(Mails ohne kompletten Absender werden nicht bearbeitet)
Aurel Schmidt, Jahrgang 1935, war bis Mai 2002 Redaktor der "Basler Zeitung" (vorher "National-Zeitung"). Er war mitverantwortlich für das jeden Samstag erscheinende "Basler Magazin" und verfasste zahlreiche philosophische Essays, Reise-Reportagen, Kommentare und Kolumnen. Schmidt, der heute als Schriftsteller und freier Publizist in Basel lebt, machte sich auch als Autor mehrerer Bücher einen Namen: "Der Fremde bin ich selber" (1982), "Wildnis mit Notausgang. Eine Expedition" (1994), "Von Raum zu Raum. Versuch über das Reisen" (1998). Ausserdem liegen vor: "Lederstrumpf in der Schweiz. James Fenimore Cooper und die Idee der Demokratie in Europa und Amerika" (2002), "Gehen. Der glücklichste Mensch auf Erden" (2006), "Auch richtig ist falsch. Ein Wörterbuch des Zeitgeists" (2009). Zuletzt erschienen: "Die Alpen. Eine Schweizer Mentalitätsgeschichte" (2011). © Foto by OnlineReports.ch

aurel.schmidt@bluewin.ch

(Die Kolumnisten sind in ihrer Meinung frei;
sie braucht sich nicht mit jener der Redaktion zu decken.)
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"Weidezonen für rasant sich vermehrende Gartenzwerge"

Sehr geehrter Herr Schmidt, vielen Dank für Ihre Kolumne. Sie beleuchten in knapper und kosmopolitisch-geschichtlicher Form ein Thema, das noch viel zu wenig auf der Agenda steht. Man hat sich gegen die Raucher verschworen. Das ist eine praktikable Kompensationsstrategie. Die erschreckenden Zahlen des landfressenden Ungeheuers Mensch stehen auch für die Verhältnisse in der Schweiz schon lange klar vor Augen. Doch wen kümmerts - ausser Franz Weber und seine Getreuen?


Bei meinen Wanderungen in der Umgebung von Basel ist die Verwüstung durch Infrastruktur, Gewerbe, Einfamilienhäuser und Strassen auf Schritt und Tritt zu beobachten. Fast keine Baselbieter oder Solothurner Gemeinde steht ohne Baukran da. In schönen, saftigen Wiesen wühlen gelbe Baggerriesen. Wälder von Profilstangen künden Unheilvolles. Weitab von historischen Dorfzentren erschliessen neu angelegte Asphaltpisten projektierte Wohngebiete. In die lieblichsten Täler wird vorgerückt. Die alten Bauernhäuser werden verlassen oder zu "Galerien im Heuschober" kulturell aufgemotzt. Da darf auch die kecke Dreiecklukarne aus Aluminium nicht fehlen. Die tausendfache Front von Beton, Stahl und Glas verbindet disharmonisch die letzten zusammenhängenden Ensembles und lässt sie metastatisch nach allen Seiten auswuchern.


Wir sprechen von Agglomeriden, die mit Vierradantrieb ausgestatten Boliden vom "Dorf" in die städtischen Zentren kurven oder nebenbei ihre Allerjüngsten um die Ecke in den Kindergarten oder ins Tennis chauffieren. Die Qualität der Architekturen lässt zu wünschen übrig. Jeder tuts nach seiner eigenen Façon und Heerscharen von "kreativen" Bauherren, Architekten und Bauunternehmern toben sich an jedem Südhang aus. Die Durchschnittlichkeit, Dürftigkeit und Dummheit abertausender deproportionierter Mottenkisten in schreiendem Titanweiss oder zur Abwechslung mal in kanarienvogelhaftem Knallgelb sind Ausdruck des "Traums" der Familie Schweizer.


Chaletswüsten mit zugezogenen Rolläden sind Anlageobjekte ausländischer Investoren und Scheinbewohner. Die neurotische, ja irrenhausreife Perfektionitis der Anlagen, Gehwege, Strassen und Strässchen spricht Bände. Die Vorgärten mit auf Millimeterschnitt getrimmten Rasenflächen und ausgestelltem Plastikspielzeug neben der Grillmaschine sind Weidezonen für rasant sich vermehrende Gartenzwerge. Es packt mich jedesmal das blanke Entsetzen.


Mit allen vorangegangenen Zeitaltern der Menschheitsgeschichte Unvergleichbares spielt sich ab. Wenn das Rousseau und all die späteren Romantiker gesehen hätten? Haben sie nicht schon zu ihrer Zeit die keimende Verwüstung erahnt? Vollends packt mich die pure Hoffnungslosigkeit, wenn ich in meiner nächsten Umgebung zum Gespräch darüber einlade. Unverständnis und blanker Hohn sind mein Lohn. Ich sei eben ein Träumer, ein Nostalgiker etc. Es müsse vorwärtsgehen, wir lebten ja nicht in einem Museum und es dürfe jeder tun, was ihm beliebe. Schliesslich gehe es um die Schaffung von Arbeitsplätzen und um Entwicklung und Fortschritt.


Da möchte eben jeder bei zweiundzwanzig Grad aufs Klo und von Phil Collins beschallt werden, wenn er scheisst. Und das Klima? Das ist, denken sie insgeheim, ein Fall für die Anderen, nicht für sich selbst. Es wird immerzu gerne von der "schönen Schweiz" gefaselt. Ich würde solch aufgeweckten Psalmodierern raten wollen, ferienhalber einen Spaziergang von Zofingen nach Olten zu unternehmen. Aber höchstwahrscheinlich verstehen sie die simple Ironie sowieso nicht.


Wie wunderbar waren einst diese Landschaften. Die alten Maler drehen sich im Grab um. Ihre Seelenaugen werden leider nicht mit den Genen vererbt. Nur das Gieren nach Kapital und warmen Marmorböden scheint sich von selbst fortzupflanzen. Verlust des Lebens durch Gewinn von Wohlstand.


Stephan J. Tramèr, Basel


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"Bais steht vor Gewissens-Entscheid"

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Im Titel des Newsletter-Textes vom 18. April 2024 über die SVP-Basis.
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Auch Nomen sind Glückssache.

RückSpiegel

 

Das Regionaljournal Basel veweistin einem Beitrag über die Probleme der Kitas im Baselbiet auf OnlineReports.

Der Klein Report nimmt die Recherche von OnlineReports über Roger Blums Buch über die Basellandschaftliche Zeitung auf.

Die BaZ bezieht sich in einem Artikel über die Zerwürfnisse in der Baselbieter SVP auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Kita-Krise im Baselbiet auf OnlineReports.

BaZ, Baseljetzt und Happy Radio nehmen die OnlineReports-News über das geplante Ministertreffen in Basel auf.

Der Sonntagsblick zitiert OnlineReports in einer grossen Recherche über die Baselbieter SVP-Politikerin Sarah Regez.

Baseljetzt verweist im Bericht über Basler Schiffsunfälle auf ein OnlineReports-Video.

Die Volksstimme greift die OnlineReports-Recherche über das Aus des Textildruck-Unternehmens Permatrend auf.

Im Bericht über "Unruhe am Regioport" bezieht sich Bajour auf die OnlineReports-Ursprungsrecherche aus dem Jahr 2018.

Die Basler Zeitung bezieht sich in einem Artikel über die Kantonsfinanzen im Baselbiet auf OnlineReports.

Die bz verweist in einem Bericht über die Neuausrichtung der Vorfasnachts-Veranstaltung Drummeli auf einen Artikel aus dem OnlineReports-Archiv.

Die Basler Zeitung zitiert in einem Leitartikel über die SVP aus OnlineReports.

Baseljetzt bezieht sich in einer Meldung über den Rücktritt von Ralph Lewin als SGI-Präsident auf OnlineReports.

Die Basler Zeitung nimmt die OnlineReports-Recherche über den blockierten Neubau der BVB-Tramstrecke über das Bruderholz auf.

Die Basler Zeitung und Infosperber übernehmen die OnlineReports-Meldung über den Tod von Linda Stibler.

Die bz zitiert den OnlineReports-Artikel über die Wiedereröffnung des Gefängnisses in Sissach.

Baseljetzt erzählt den OnlineReports-Artikel über die Räppli-Krise nach.

Das Regionaljournal Basel, Baseljetzt, BaZ und 20 Minuten vermelden mit Verweis auf OnlineReports den Baufehler bei der Tramhaltestelle Feldbergstrasse.
 

Weitere RückSpiegel

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In einem Satz


Der Baselbieter Regierungsrat hat Raphael Giossi zum Nachfolger des langjährigen kantonalen Bieneninspektors Marcel Strub gewählt.

Cyril Bleisch übernimmt bei den Jungfreisinnigen Baselland das Präsidium von Lucio Sansano.

Die Basler Sozialdemokraten haben die SP queer Basel-Stadt gegründet und als neues Organ in den Statuten der Partei verankert.

Eiskunstläuferin Kimmy Repond und Wasserfahrer Adrian Rudin sind Basler Sportlerin beziehungsweise Basler Sportler des Jahres.

Jean-Luc Nordmann übergibt das Präsidium der Stiftung Tierpark Weihermätteli per 1. Januar 2024 an Martin Thommen.

Iris Graf steigt von der Projektleiterin und akademischen Mitarbeiterin der Baselbieter Fachstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern zur Leiterin auf.  

Sonja Kuhn,
ehemalige Co-Leiterin der Abteilung Kultur Basel-Stadt, ist neu Präsidentin der SRG Region Basel.

Florian Nagar-Hak und Saskia Bolz übernehmen die Leitung des Gesundheitszentrums Laufen, das zum Kantonsspital Baselland gehört.

Mohamed Almusibli übernimmt ab März 2024 die Direktion der Kunsthalle Basel von Elena Filipovic.

Marilena Baiatu ist neue Kommunikationsbeauftragte der Staatsanwaltschaft im Kanton Baselland und ersetzt Thomas Lyssy, der Ende November pensioniert wird.

 

Mitte-Landrat Simon Oberbeck folgt am 1. August 2024 als Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrtund Hafenwirtschaft auf André Auderset.

Die Junge SVP Basel-Stadt hat Demi Hablützel (25) einstimmig für zwei weitere Jahre als Präsidentin wiedergewählt.

Dominic Stöcklin wird neuer Leiter Marketing und Mitglied der Geschäftsleitung von Basel Tourismus.

 

Samir Stroh, aktuell Gemeindeverwalter in Brislach, übernimmt Anfang Mai 2024 die Leitung von Human Resources Basel-Stadt.

Das Sperber-Kollegium hat Sterneköchin Tanja Grandits zur "Ehrespalebärglemere 2023" ernannt.

Der mit 50'000 Franken dotierte Walder-Preis geht dieses Jahr an Konrad Knüsel, den Präsidenten des Vernetzungsprojekts Rodersdorf und des Naturschutzvereins Therwil.

Götz Arlt tritt am 1. Januar 2024 die Nachfolge von Christian Griss an und übernimmt die Stufenleitung der Sekundarschulen I im Bereich Volksschulen des Erziehungsdepartements Basel-Stadt.

Michael Gengenbacher tritt am 1. Februar 2024 seine neue Stelle als Chief Medical Officer (CMO) und Mitglied der Spitalleitung beim Bethesda Spital an.

Markus Zuber übernimmt am 1. Oktober die Leitung der St. Clara Forschung AG (St. Claraspital).

Das Präsidium der Juso Baselland besteht neu aus Clara Bonk, Angel Yakoub (Vize) und Toja Brenner (Vize).